# taz.de -- Wahlen in Kroatien: Milanović darf nicht kandidieren
       
       > Der amtierende Präsident Kroatiens müsste laut einem Urteil für die
       > Kandidatur als Premier erst sein Amt aufgeben. Darauf will er nicht
       > hören.
       
 (IMG) Bild: Regierungskritiker*innen in Zagreb
       
       SARAJEVO taz | Das kroatische Verfassungsgericht hat am Montagabend dem
       amtierenden Präsidenten des Landes, Zoran Milanović, eine Kandidatur für
       den Posten des Premierministers bei den Wahlen im April verboten. Der
       Präsident dürfe sich während der Ausübung seines Amtes nicht
       parteipolitisch betätigen, so das Verfassungsgericht am Montagabend.
       
       Um kandidieren zu können, müsse Milanović umgehend von seinem Amt
       zurücktreten. Dessen Amtszeit läuft eigentlich bis Februar 2025. Milanović
       hatte aber jüngst die Parlamentswahlen für den 17. April 2024 angesetzt,
       das Parlament aufgelöst und seine Kandidatur für das Amt des
       Premierministers bekanntgegeben.
       
       Der 57-Jährige – der bereits von 2011 bis 2016 Premierminister war – will
       als Spitzenkandidat für die SDP antreten. Das Präsidentenamt will er
       während des Wahlkampfs weiter ausüben – und erst im Falle seines Wahlsieges
       davon zurücktreten. Dem hat das Verfassungsgericht jetzt einen Riegel
       vorgeschoben. Milanović will die Flinte aber noch nicht ins Korn werfen.
       Wie er gegen den Entscheid vorgehen will, ließ er offen: „Die Flüsse der
       Gerechtigkeit kommen“, schrieb er kryptisch auf Facebook.
       
       Dass Milanović wieder Premier werden will, überrascht viele. Doch er hat
       große Pläne: Kroatien nach rechts zu rücken. In den letzten Jahren hat er
       sich von einem Sozialdemokraten zu einem nationalistischen Scharfmacher
       entwickelt. Die sozialdemokratische Traditionspartei SDP will er wohl
       rechts außen ansiedeln. Das stößt auch ehemaligen Sympathisanten aus der
       europäischen Linken übel auf.
       
       ## Die Linke schwankt zwischen Scham und Sarkasmus
       
       Als Präsident Kroatiens positionierte er sich zum Entsetzen Brüssels
       mehrmals auf der Seite Putins, stellte sich gegen die [1][Integration
       Finnlands und Schwedens in die] Nato und gegen eine weitere Unterstützung
       für die von Russland angegriffene Ukraine. Ob die Mitglieder und Wähler der
       SDP dem Manöver Milanović’ folgen und so weit wie dieser selbst nach rechts
       rücken werden, ist fraglich.
       
       Nach Umfragen liegt die Alternative zur SDP – die links-grüne
       Oppositionspartei Možemo – allerdings landesweit bisher bei nur etwa 8
       Prozent. Unter Linken schwankt man angesichts von Milanović’ Kursänderung
       zwischen Scham und Sarkasmus. Immerhin protestierten im vergangenen Monat
       Tausende Menschen in der Hauptstadt Zagreb gegen die rechtskonservativen
       kroatische Regierung unter Premierminister Andrej Plenković und forderten
       Neuwahlen sowie ein Ende der Korruption. Das fordert auch Možemo, die den
       Bürgermeister von Zagreb stellt und eine breite Anhängerschaft unter der
       Bevölkerung der Hauptstadt hat.
       
       Milanović dagegen setzt auf seine Antikorruptionskampagne und ist davon
       überzeugt, so insgesamt um die 30 Prozent der Stimmen zu erreichen und
       neuer Premierminister werden zu können. Amtsinhaber Plenković von der
       rechten Regierungspartei HDZ schlägt deshalb nun schrille Töne an.
       Milanović’ Kandidatur könnte Kroatien „in die Arme Russlands“ treiben, er
       habe „prorussische“ Ansichten.
       
       Dass Milanović zudem enge Kontakte zum [2][ungarischen Ministerpräsidenten
       Victor Orbán] pflegt, muss Plenković Missbehagen bereiten, hat er doch
       alles versucht, um Kroatiens Ansehen in der EU zu verbessern. Zur CSU hat
       er enge Kontakte aufgebaut und über den Vorsitzenden der Fraktion der
       Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, im EU-Parlament an Einfluss
       gewonnen. Es gelang ihm sogar, Sympathien für die Forderungen der
       [3][kroatischen Ethnonationalisten in Bosnien und Herzegowina] nach einer
       territorialen Aufteilung des Nachbarlandes zu wecken.
       
       19 Mar 2024
       
       ## LINKS
       
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