# taz.de -- Feministischer Kampftag in Argentinien: „Vor Milei haben wir keine Angst“
       
       > Die Frauenbewegung demonstriert in Buenos Aires gegen den libertären
       > Präsidenten – im Schulterschluss mit einem breiten
       > zivilgesellschaftlichen Bündnis.
       
 (IMG) Bild: Wollen sich von Präsident Milei nicht die Butter vom Brot nehmen lassen: Teilnehmerinnen der Frauentagsdemo in Buenos Aires am 8. März
       
       BUENOS AIRES taz | Am Frauentag demonstrierten Zehntausende Menschen in
       ganz Argentinien gegen die Regierung von Präsident Javier Milei. „Wir waren
       eine Flut und werden ein Tsunami sein“, verkündeten sie in Anspielung auf
       die ‚marea verde‘, die grüne Flut, wie die wachsende Frauenbewegung in den
       vergangenen Jahren genannt wurde.
       
       Richteten sich [1][die Kundgebungen] der Bewegung bisher vor allem gegen
       sexualisierte Gewalt und für das Recht auf Abtreibung, standen diesmal auch
       Mileils [2][rigorose Sparpolitik], [3][die soziale Krise] und die
       Entlassungen im öffentlichen Dienst ganz oben auf der Agenda.
       
       Die größte Kundgebung fand vor dem Kongressgebäude in der Hauptstadt Buenos
       Aires statt. Viele waren mit einem grünen Halstuch gekommen, dem Symbol der
       Kampagne für eine legale, sichere und kostenlose Abtreibung. Die
       Demonstrierenden kritisierten das massive Auftreten der Polizei, die nicht
       nur das Kongressgebäude absperrte, sondern auch in den Seitenstraßen rund
       um den Platz vor dem Kongress aufmarschiert war.
       
       „Wir haben es mit einer autoritären Regierung zu tun, einer
       patriarchalischen Reaktion, die von der Kettensäge spricht, um einen
       systematischen Plan der Ausplünderung und des Hungers zu feiern und die
       Rechte der Arbeiterklasse und des Volkes zu zerstören“, heißt es in der
       Erklärung eines breiten Bündnisses aus Frauengruppen, Gewerkschaften,
       Nachbarschaftsversammlungen, Studierendenverbänden, sozialen
       Basisorganisationen und politischen Parteien. Zum ersten Mal seit vielen
       Jahren hatten sie wieder vereint zum Protest auf den Platz vor dem Kongress
       aufgerufen.
       
       In den drei Monaten seiner bisherigen Amtszeit hat Präsident Milei das
       Ministerium für Frauen, Gleichstellung und Vielfalt zu einem
       Unterstaatssekretariat für den umfassenden Ansatz gegen
       geschlechtsspezifische Gewalt herabgestuft, das Nationale Institut gegen
       Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus (INADI) aufgelöst und
       die Verwendung einer integrativen Sprache in der öffentlichen Verwaltung
       verboten.
       
       Kongressabgeordnete seiner Partei La Libertad Avanza (Die Freiheit
       schreitet voran) hatten angekündigt, das seit 2021 geltende Gesetz, das
       eine freiwillige Abtreibung in den ersten 14 Schwangerschaftswochen
       erlaubt, aufheben zu wollen. [4][Eine breite Bewegung hatte über 15 Jahre
       für das Gesetz gekämpft]. Mileis Gegnerschaft zu dem Gesetz ist bekannt.
       Für ihn beginnt die Freiheit des Individuums mit der Empfängnis, und diese
       sollte geschützt werden, so seine libertäre Argumentation.
       
       Der Präsident hatte schon vor Wochen die Stimmung gegen die Frauenbewegung
       angeheizt. „Das Einzige, was die Agenda des radikalen Feminismus erreicht
       hat, ist mehr staatliche Intervention, um den Wirtschaftsprozess zu
       behindern, um Bürokraten zu beschäftigen, die nichts zur Gesellschaft
       beitragen, sei es in Form von Frauenministerien oder internationalen
       Organisationen“, hatte Milei bei seiner Rede auf dem Wirtschaftsforum in
       Davos im Januar verkündet.
       
       Und als wäre das alles noch nicht genug, verkündete Präsidentensprecher
       Manuel Adorni am Frauentag die Umbenennung des ‚Salón de las Mujeres‘ (Saal
       der Frauen) im Präsidentenpalast in ‚Salón de los Próceres‘ (Saal der
       Helden). „Die Tatsache, dass es einen Frauensaal gibt, kann sogar
       diskriminierend für Männer sein“, erklärte Adorni die Anweisung der
       Generalsekretärin und Schwester des Präsidenten, Karina Milei, die alle nur
       ‚el Jefe‘ – der Chef – nennen dürfen.
       
       Am Morgen nahmen rund 300 Frauen an einem Schweigemarsch durch das
       Stadtviertel Palermo teil. Dazu aufgerufen hatte das Foro Argentino contra
       el Antisemitismo. In Schwarz gekleidet und mit roten Schuhen gedachten sie
       der Opfer und Geiseln der Terrororganisation Hamas in Israel. „Die
       Vergewaltigung von Frauen ist ein Symbol dafür, dass man der Kontinuität
       eines Volkes ein Ende setzen will. Der Hass auf Israel ist eine Gewalt
       gegen Juden, die sich in vielerlei Hinsicht manifestiert“, erklärte eine
       der Teilnehmerinnen.
       
       9 Mar 2024
       
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