# taz.de -- Warnung der EU-Umweltagentur: Schlecht vorbereitet auf Klimakrise
       
       > Die EU muss dringend Maßnahmen ergreifen, um sich besser auf den
       > Klimawandel einzustellen. Fachleuten geht das Risikomanagement zu
       > langsam.
       
 (IMG) Bild: Flammen schlagen bei Nacht in einem Waldstück nahe Jüterbog in die Höhe
       
       KOPENHAGEN dpa/rtr/taz | Europa bereitet sich einer EU-Behörde zufolge
       unzureichend auf die Auswirkungen der zunehmenden [1][Klimaerwärmung] vor.
       Die europäischen Strategien und Anpassungsmaßnahmen hielten nicht mit den
       sich rasant verschärfenden Risiken Schritt, teilte die Europäische
       Umweltagentur (EEA) am Montag zu ihrem ersten Bericht zur Bewertung des
       Klimarisikos für Europa (EUCRA) mit. Viele Maßnahmen benötigten einen
       langen Zeitraum.
       
       „Um die Widerstandsfähigkeit unserer Gesellschaften sicherzustellen, müssen
       die europäischen und nationalen politischen Verantwortlichen jetzt handeln,
       damit die Klimarisiken sowohl durch rasche Emissionssenkungen als auch
       durch entschlossene Anpassungsstrategien und –maßnahmen verringert werden“,
       sagte EEA-Exekutivdirektorin Leena Ylä-Mononen laut Mitteilung. Europa ist
       laut EEA der sich am schnellsten erwärmende Kontinent. Seit den 1980er
       Jahren war die Erwärmung auf dem europäischen Festland demnach etwa doppelt
       so schnell wie der globale Durchschnitt.
       
       Forscherinnen und Forscher benennen in dem Bericht 36 große Klimarisiken –
       von Auswirkungen der Dürre und Hitze, Überschwemmungen über Brände bis hin
       zu finanziellen Folgen. Insgesamt nennen die Fachleute fünf große Bereiche,
       in denen die Klimaentwicklungen existenzielle Bedrohungen darstellen:
       Ökosysteme, Ernährung, Gesundheit, Infrastruktur sowie Wirtschaft und
       Finanzen.
       
       So beträfen die Risiken, die durch Hitze und Dürre für den
       Nutzpflanzenanbau entstehen, nicht nur den Süden, sondern auch die Länder
       Mitteleuropas. „Insbesondere anhaltende und weiträumige Dürren stellen eine
       erhebliche Bedrohung für die Erträge, die Ernährungssicherheit und die
       Trinkwasserversorgung dar“, teilte die EEA mit.
       
       Hitze sei das größte und dringendste Klimarisiko für die menschliche
       Gesundheit, schreiben die Forschenden. Besonders gefährdet sind demnach
       Menschen, die im Freien arbeiten, ältere Menschen und Personen, die in
       schlecht isolierten Wohnungen oder in städtischen Gebieten mit starkem
       Wärmeinseleffekt leben. In Südeuropa entstehe durch Hitze und Dürren zudem
       ein erhebliches Risiko für die Energieerzeugung und -übertragung.
       
       Auch das europäische Wirtschafts- und Finanzsystem sei betroffen, schreibt
       die EEA. Klimaextreme könnten beispielsweise zur Erhöhung von
       Versicherungsprämien führen, Vermögenswerte und Hypotheken gefährden und
       höhere Ausgaben und Kreditkosten für den Staat nach sich ziehen.
       
       ## Katastrophale Folgen befürchtet
       
       Viele der identifizierten Klimarisiken in Europa haben laut der Auswertung
       bereits ein „kritisches Niveau“ erreicht. Bei mehr als der Hälfte (21 von
       36) benötige es unverzüglich mehr Engagement und Handlungstempo – acht der
       Risiken seien sogar „besonders dringlich“. Ökosysteme, die Menschen vor
       Hitze schützen, müssten erhalten bleiben. Gleichzeitig müssten Menschen und
       Bauwerke vor Überschwemmungen und Waldbränden geschützt werden.
       
       „Wenn jetzt nicht entschieden gehandelt wird, könnten die meisten der
       festgestellten Klimarisiken bis zum Ende dieses Jahrhunderts ein kritisches
       oder katastrophales Ausmaß erreichen“, hieß es von den Experten im Bericht.
       Und weiter: „Hunderttausende von Menschen würden durch Hitzewellen sterben,
       und allein die wirtschaftlichen Verluste durch Überschwemmungen an den
       Küsten könnten mehr als eine Billion Euro pro Jahr betragen.“
       
       Je nach ihrer Art habe jede dieser Risiken für sich genommen das Potenzial,
       erhebliche Umweltschäden, wirtschaftliche Schäden, soziale Notlagen und
       politische Turbulenzen zu verursachen. In Kombination dürften die
       Auswirkungen demnach noch viel drastischer sein.
       
       ## Süden besonders gefährdet
       
       Zu den Hotspots der von Klimarisiken gefährdeten Regionen zählt laut dem
       Bericht Südeuropa. Länder im Süden sind besonders durch Waldbrände, Hitze
       und Wasserknappheit betroffen. Neben den Auswirkungen auf die
       Landwirtschaft und allgemein hoher Brandgefahr sei die Gesundheit der
       Menschen eminent gefährdet. „Im Sommer 2022 waren in Europa zwischen 60.000
       und 70.000 vorzeitige Todesfälle auf die Hitze zurückzuführen. Das
       Hitzerisiko für die Bevölkerung ist in Südeuropa, aber auch in vielen
       Städten, bereits kritisch“, sagte Ylä-Mononen.
       
       Doch auch tief liegende Küstenregionen einschließlich vieler dicht
       besiedelter Städte seien Brennpunkte für Klimarisiken. Der Meeresspiegel an
       Europas Küsten steigt jedes Jahr mit zunehmender Geschwindigkeit an. Das
       erhöhe die Gefahr von Überschwemmungen und Sturmfluten, so die EEA. „Der
       Meeresspiegel wird weiter ansteigen, noch Jahrhunderte oder sogar
       Jahrtausende weiter, nachdem sich die globalen Temperaturen stabilisieren“,
       schrieben die Experten in ihrem Bericht.
       
       ## „Die neue Normalität“
       
       Wirksame Anpassungsmaßnahmen sowie verstärkte gesellschaftliche
       Vorsorgemaßnahmen könnten dazu beitragen, diese negativen Auswirkungen in
       Zukunft zu begrenzen oder zu verringern. Um die Klimarisiken in Europa
       anzugehen, müssen die EU und ihre Mitgliedstaaten laut der EEA-Bewertung
       zusammenarbeiten und auch die regionale und lokale Ebene einbeziehen.
       „Unsere neue Analyse zeigt, dass Europa mit dringenden Klimarisiken
       konfrontiert ist, die sich schneller entwickeln als unsere
       gesellschaftliche Vorsorge“, sagte Expertin Ylä-Mononen. „Dies ist also die
       neue Normalität. Und es sollte ein Weckruf sein, der letzte Weckruf.“
       
       Die EU-Kommission wird ihre Antwort auf den Bericht am Dienstag
       veröffentlichen. Greenpeace kritisiert indessen bereits die Kommission:
       „Die EU-Umweltexpert:innen warnen vor Klimakatastrophen zwischen jetzt und
       2040, aber Präsidentin Ursula von der Leyen kann nicht einmal über die
       Wahlen im Juni hinausblicken“, sagt Jorgo Riss, Chef von Greenpeace-Europa.
       „Statt jetzt zu handeln, hat von der Leyen Pläne, die solche Katastrophen
       verhindern könnten, verzögert, verwässert oder fallen gelassen“, so Riss.
       
       11 Mar 2024
       
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