# taz.de -- TV-Debatte in Großbritannien: Mehr Ähnlichkeiten als Unterschiede
       
       > Premier Sunak und Oppositionsführer Starmer giften sich eine Stunde lang
       > an. Aber beide sind gegen höhere Steuern und gegen Geflüchtete.
       
 (IMG) Bild: Labour-Vorsitzender Starmer (l.) und Premier Sunak bei der TV-Debatte am 4. Juni
       
       LONDON taz | Zum ersten Mal im laufenden britischen Wahlkampf sind am
       Dienstagabend der konservative Premierminister Rishi Sunak und
       Labour-Oppositionsführer Keir Starmer in einer Fernsehdebatte
       aufeinandergetroffen. Beide Politiker gaben sich selbstsicher und sparten
       nicht mit persönlichen Attacken. Starmer stellte Sunak als Spekulant dar,
       der in der Finanzkrise als Hedgefonds-Manager gegen den Staat gewettet
       habe. Sunak sprach von Starmer als jemandem, der als einstiger
       Menschenrechtsanwalt für Islamisten eingetreten sei.
       
       In ihrer Selbstdarstellung klangen die beiden aber ähnlich. Beide betonten,
       dass sie aus Familien stammten, die im Gesundheitssystem arbeiteten –
       Sunaks Eltern führten eine Apotheke, Stamers Mutter war Krankenpflegerin,
       seine Ehefrau ist es auch. Er wisse auch, wie es sei, mit zu wenig zu
       leben, sagte Starmer. Sunak hingegen würde Familien, für die es schwer sei,
       über die Runden zu kommen, nicht verstehen, und eine Regierung führen, die
       die Wirtschaft in die Krise geführt habe.
       
       Der Premier wiederum betonte, er sei erfolgreich dabei, die britische
       Wirtschaft zu sanieren, und eine Labour-Regierung würde massive
       Steuererhöhungen von 2.000 Pfund (2.350 Euro) pro Person bedeuten. Dies sei
       eine angeblich unabhängige Berechnung der Kosten des Labour-Wahlprogramms.
       Starmer bestritt dies als frei erfunden und verwies darauf, dass die
       britische Steuerlast unter den Konservativen eine Rekordhöhe seit
       Jahrzehnten erreicht habe. Dennoch war die 2.000-Pfund-Betrag am Mittwoch
       morgen Schlagzeile in den rechten Medien.
       
       Die Frage einer Frau, wie lange es dauern könnte, bis das britische
       Gesundheitssystem wieder funktioniere, ließen beide Politiker
       unbeantwortet. Sunak behauptete vor amüsiert lachenden Zuschauer:innen,
       dass eine Erhöhung der Zahl wartender Patient:innen von 7,2 Millionen
       auf 7,5 Millionen Menschen eine reale Senkung darstelle. Einen klaren
       Unterschied gab es wenigstens auf die Frage, ob die Politiker je private
       medizinische Versorgung für Familienmitglieder auf Wartelisten in Anspruch
       nehmen würden. Es kam ein sofortiges Ja vom gegenwärtigen Premier und ein
       ideologisches Nein vom Labourführer. Den geltenden britischen Klimazielen
       sehen sich beide verpflichtet.
       
       ## Beide erhoben scharfe Warnungen
       
       Beim Dauerbrenner Einwanderung äußerten sich beide hart. Sunak verwies auf
       sein Ruanda-Abschiebungsprogramm als klare Abschreckung. Starmer benutzte
       die Worte des rechtspopulistischen Reform-UK-Führers Nigel Farage, dass die
       Tories seit 2019 die liberalste Einwanderungspolitik der britischen
       Geschichte führten, während er als Labour-Premier Schleuser als Terroristen
       verfolgen werde. Worauf Sunak sagte, seine Regierung habe dies bereits
       getan.
       
       Am Ende erhoben beide scharfe Warnungen. Sunak versuchte, mögliche
       Reform-Wähler zurückzugewinnen: Jede Stimme für andere Parteien am 4. Juli
       sei eine Belohnung für Labour. Starmer sagte, jede Stimme für die Tories
       gebe den Brandstiftern die Streichhölzer zurück. Er selber verfüge über
       keine Zaubertricks, aber einen praktischen Commonsense-Plan, das Land zu
       verändern. Sunak wiederum betonte, er habe einen Plan und der funktioniere,
       Starmer aber nicht.
       
       Bei einem Meinungstest nach der Debatte glaubten 51 Prozent der Befragten,
       dass Sunak besser abgeschnitten habe, 49 Prozent hielten Starmer für
       besser. Zeitungskommentatoren äußerten sich überwiegend enttäuscht und
       nannten die Debatte uninspiriert. Der rechte Daily Mail suggerierte, der
       wahre Gewinner am Dienstag sei Nigel Farage.
       
       5 Jun 2024
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Zylbersztajn-Lewandowski
       
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