# taz.de -- Wahlkampf in Großbritannien: Rishi Sunaks Bauchlandung
       
       > Großbritanniens Premier reiste vom D-Day-Gedenken in der Normandie
       > vorzeitig ab. Das fällt im Wahlkampf auf seine ohnehin bedrängte Partei
       > zurück.
       
 (IMG) Bild: Gipfelfoto: von links nach rechts David Cameron, Emmanuel Macron, Olaf Scholz, Joe Biden. Ganz woanders: Rishi Sunak
       
       LONDON taz | Die höchsten westlichen Staatsführer waren da: Emmanuel Macron
       als Gastgeber, Joe Biden, Olaf Scholz, Wolodymyr Selenskyj. [1][Einer
       fehlte – Rishi Sunak]. Statt des Premierministers vertraten Großbritannien
       vor den Kameras ein ehemaliger und allen Prognosen nach ein zukünftiger
       Premier: Lord David Cameron, derzeit Außenminister, und Sir Keir Starmer,
       derzeit Labour-Oppositionschef.
       
       Dies war am vergangenen Donnerstag das Bild vom internationalen
       Gipfeltreffen auf Omaha Beach an der Küste der Normandie im Rahmen der
       [2][Gedenkfeiern zum 80. Jahrestag der D-Day-Landungen], der riesigen
       Offensive der Westalliierten zur Befreiung Westeuropas ab dem 6. Juni 1944.
       Rishi Sunak war zwar bei „britischen“ Zeremonien an der englischen Südküste
       und auch in Frankreich anwesend gewesen, reiste aber vor dem Treffen mit
       seinen Amtskollegen wieder ab. Ein TV-Interview zu Hause erschien ihm
       wichtiger vor den Parlamentswahlen am 4. Juli.
       
       Viele sahen das anders. „Er zog die Wahl Tausenden, die umkamen, vor“, so
       das Urteil des 102-Jahre alten Jack Hemming, D.-Day-Veteran der Royal Air
       Force, der trotz seines hohen Alters in die Normandie gekommen war. Was der
       Vater, Großvater, Onkel oder Großonkel und andere Familienmitglieder im
       Zweiten Weltkrieg taten, und wer von ihnen nicht überlebte, ist Teil der
       Erinnerungskultur, ja man kann sagen der Identität, der meisten britischen
       Familien. Wer hier Fehler macht, riskiert sein politisches Überleben.
       
       So kam am Freitagmorgen Sunaks Entschuldigung an das Volk: „Es war ein
       Fehler, nicht länger in Frankreich zu bleiben – und ich entschuldige mich
       dafür.“ Doch das unterstrich in den Augen der Öffentlichkeit bloß Sunaks
       fehlendes Einschätzungsvermögen. Für Labour und Reform UK – deren Chef
       Nigel Farage ebenfalls in die Normandie gereist war – bereitete dieser
       Fauxpas sozusagen freies Schussfeld gegen die Konservativen. Bei einer
       [3][TV-Fernsehdebatte am Freitag abend] nannte Farage Sunak
       „unpatriotisch“.
       
       Farage wetteifert inzwischen, am 4. Juli mit seiner [4][Reform UK] die
       Konservativen zumindest prozentual zu überholen und damit stärkste
       Oppositionskraft zu werden – dass Labour die Wahlen gewinnt, daran zweifelt
       momentan kaum jemand. In [5][einer Umfrage] liegt Reform UK mit 17 Prozent
       nur noch knapp hinter den Tories, die auf 19 Prozent kommen.
       
       Das britische Wahlrecht, da ausschließlich direkt gewählte
       Wahlkreisabgeordnete im Unterhaus vorsieht, dürfte zwar nach wie vor Reform
       UK daran hindern, mehr als eine Handvoll Sitze zu gewinnen – aber die von
       den Konservativen abwandernden Stimmen werden wahrscheinlich vor allem
       Labour belohnen. Ein vermeidbares Eigentor Sunaks, der im Wahlkampf
       gegenüber den Medien jetzt auf Tauchstation gegangen ist.
       
       9 Jun 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.bbc.com/news/articles/c4nnz0w41kvo
 (DIR) [2] https://en.normandie-tourisme.fr/highlight/80th-anniversary-of-d-day/
 (DIR) [3] https://www.bbc.co.uk/newsround/69102391
 (DIR) [4] https://www.reformparty.uk/
 (DIR) [5] https://x.com/YouGov/status/1798391774215352616
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Zylbersztajn-Lewandowski
       
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