# taz.de -- Verkauf des queeren Projekts Tuntenhaus: Baufällig genug
       
       > Das Tuntenhaus in der Kastanienallee erfüllt die Voraussetzung für das
       > Vorkaufsrecht. Der Bezirk hätte das queere Wohnprojekt längst retten
       > können.
       
 (IMG) Bild: Das Haus in der Kastanienallee 86 ist schon lange umkämpft: Protest gegen die Räumung des Umsonstladens im Jahr 2010
       
       BERLIN taz | Das legendäre [1][Tuntenhaus in der Kastanienallee 86] in
       Prenzlauer Berg ist baufällig genug, um das Vorkaufsrecht anzuwenden. Bei
       der Begehung wurden „erhebliche bauliche Missstände und Mängel“
       festgestellt, die die Ausübung des Vorkaufsrechts erlauben würden, so der
       zuständige Pankower Bezirksstadtrat Cornelius Bechtler (Grüne) zur taz. Nun
       dürfte es darum gehen, einen möglichen Drittkäufer zu finden, der den
       Kaufpreis und die Sanierungskosten stemmen kann.
       
       Die Unterstützung für das queere Hausprojekt ist groß. Nachdem bekannt
       geworden ist, dass das Wohnprojekt, dessen Geschichte bis in die Wendezeit
       zurückreicht, [2][im Februar verkauft worden ist], fordern die
       Bewohner*innen, dass der Bezirk das Vorkaufsrecht ausübt. Auch Grüne und
       Linke hatten zuletzt den Senat in einer gemeinsamen Erklärung aufgefordert,
       die nötigen finanziellen Mittel für den Vorkauf des Hauses bereitzustellen.
       
       „Der Bezirk ist stark engagiert und tut bereits alles, was an
       Vorbereitungen notwendig ist, um das Vorkaufsrecht zu ziehen. Jetzt muss
       auch der Senat seine Hausaufgaben machen“, heißt es in dem Aufruf, der von
       sechs Oppositionspolitiker*innen gezeichnet wurde, darunter der
       linke Ex-Kultursenator Klaus Lederer und die grüne
       Stadtentwicklungsexpertin Katrin Schmidberger.
       
       Offenbar hätte es soweit gar nicht kommen müssen. Denn bereits Ende Mai
       vergangenen Jahres wandten sich die bisherigen Eigentümer des Hauses mit
       dem Wunsch an die Pankower Bezirksbürgermeisterin Cordelia Koch (Grüne),
       das Haus an eine gemeinnützige Wohnungsgesellschaft zu verkaufen. Die Mail
       liegt der taz vor.
       
       „Wir haben in den letzten Jahren etliche Angebote für den Ankauf bekommen,
       würden aber gerne eine Möglichkeit finden, das Projekt zu erhalten“, hatten
       die Hausbesitzer an Koch geschrieben. Beide wollen Ihren Namen nicht in der
       Zeitung lesen, weil sie in der Vergangenheit mit „Protestaktionen der
       Bewohner“ schon „schlechte Erfahrungen“ gemacht hätten.
       
       ## Senat wollte wohl keine Zuschüsse geben
       
       Gegenüber der taz bestätigt die Sprecherin von Bezirksstadtrat Bechtler,
       dass dieser seit Sommer 2023 über die Verkaufsabsichten informiert war. Der
       Bezirk könne allerdings selbst nicht als Makler tätig werden. Und für eine
       Prüfung des [3][Vorkaufsrechts] müsse das Haus erst einmal verkauft worden
       sein: „Vorher besteht keinerlei Handlungsoption des Bezirks.“
       
       Die bisherigen Eigentümer stellen das etwas anders dar. Demnach hätte sich
       ein Mitarbeiter des Bezirksamts Pankow durchaus bemüht, eine Genossenschaft
       zu finden. „So wie ich es verstanden habe, ist es daran gescheitert, dass
       es vom Senat keine Zuschüsse für die Instandsetzung gegeben hätte“, sagt
       einer der Ex-Eigentümer. Als sie dann nichts mehr vom Bezirk gehört hätten,
       hätten sie – wie angekündigt – im Juni einen Makler kontaktiert.
       
       Entgegen anders lautenden Aussagen hätte die Bewohner*innen auch die
       Chance gehabt, das Tuntenhaus selbst zu erwerben, so die Verkäufer der
       Immobilie. Bei einem Gespräch seien auch Nachbar*innen aus der
       Kastanienallee 85 anwesend gewesen, die als Gemeinschaft ihr Haus selbst
       gekauft hatten. In beiden Fällen, ob bei einem Verkauf an die
       Bewohner*innen oder einen gemeinwohlorientierten Käufer, hätte man über
       den Preis reden können, so die Ex-Eigentümer.
       
       Für welchen Betrag das Haus nun auf dem Markt verkauft worden ist und an
       wen, darüber machen sie keine Angaben. Einer der bisherigen Eigentümer sagt
       lediglich: „Über den Käufer kann ich nur sagen, dass er uns signalisiert
       hat, keine Luxussanierung vornehmen zu wollen.“
       
       18 Mar 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.kastanie86.net/
 (DIR) [2] /Queere-Institution-in-Prenzlauer-Berg/!5997177
 (DIR) [3] /Neukoelln-will-Haeuser-vor-Verkauf-retten/!5946358
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Yannic Walther
       
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