# taz.de -- +++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Blinken warnt vor Hunger in Gaza
       
       > Die USA erhöhen den Druck auf Israel. Die Hamas verschanzt sich im
       > Schifa-Krankenhaus. Israel hat nach US-Angaben Hamas-Führer Marwan Issa
       > getötet.
       
 (IMG) Bild: Essensverteilung am Montag in Dschabalia, Gazastreifen
       
       US-Präsident erhöht Druck auf Israel 
       
       Joe Biden hat den Druck auf Israel angesichts einer geplanten
       großangelegten Bodenoffensive der israelischen Armee in der Stadt Rafah im
       Gazastreifen erhöht. Er habe den israelischen Regierungschef Benjamin
       Netanjahu am Montag gebeten, eine Delegation nach Washington zu schicken,
       um Möglichkeiten zu besprechen, wie die islamistische Hamas ohne eine
       größere Bodenoffensive in Rafah ins Visier genommen werden kann. In einem
       Telefonat mit Netanjahu – dem ersten seit mehr als einem Monat –
       bezeichnete Biden eine Offensive in Rafah als einen „Fehler“, hieß es vom
       Weißen Haus.
       
       Der US-Präsident wiederholte im Onlinedienst X zudem die „Notwendigkeit
       einer sofortigen Feuerpause“ als Teil einer mehrwöchigen Vereinbarung zur
       Freilassung von Geiseln, „damit wir Geiseln nach Hause bringen und die
       Hilfe für Zivilisten in Gaza verstärken können“.
       
       Das Weiße Haus teilte mit, Biden habe Netanjahu in dem ersten Telefonat der
       beiden Politiker seit dem 15. Februar gewarnt, dass eine Offensive in Rafah
       ein „Fehler“ wäre. Eine größere Bodenoffensive „würde zu mehr unschuldigen
       zivilen Toten führen, die bereits schreckliche humanitäre Krise
       verschlimmern, die Anarchie in Gaza vertiefen und Israel international
       weiter isolieren“, sagte der Nationale Sicherheitsberater im Weißen Haus,
       Jake Sullivan.
       
       Demnach stimmte Netanjahu einer Bitte Bidens zu, eine Delegation
       hochrangiger Vertreter Israels nach Washington zu schicken, um die Pläne
       für die Offensive und eine mögliche „alternative Herangehensweise“ zu
       besprechen. (afp)
       
       Blinken: Gesamte Gaza-Bevölkerung von „akuter Ernährungsunsicherheit“
       betroffen 
       
       Die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens leidet nach den Worten von
       US-Außenminister Antony Blinken unter „akuter Ernährungsunsicherheit“.
       „Nach dem gängigsten Maßstab sind 100 Prozent der Bevölkerung im
       Gazastreifen von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen“, sagte Blinken
       bei einem Staatsbesuch auf den Philippinen am Dienstag vor Journalisten.
       Zum ersten Mal werde „eine gesamte Bevölkerungsgruppe so eingestuft“,
       ergänzte Blinken.
       
       Am Montag hatte bereits die UNO eine Einschätzung veröffentlicht,
       derzufolge die Hälfte der Bevölkerung des Palästinensergebiets in einer
       „katastrophalen“ Ernährungssituation sei. In den nördlichen Bezirken drohe
       zwischen Mitte März und Mai eine Hungersnot, wenn nicht dringend Maßnahmen
       ergriffen würden.
       
       Laut der IPC-Skala zum Hungermonitoring der UNO sind derzeit etwa 1,1
       Millionen Menschen im Gazastreifen betroffen – die höchste Zahl, die je
       registriert worden sei. Alles deute darauf hin, dass die Unterernährung und
       die Zahl der Todesfälle „stark zunehmen werden“, hieß es in dem Bericht.
       Der UN-Koordinator für humanitäre Angelegenheiten, Martin Griffiths, hatte
       Israel aufgefordert, uneingeschränkte Hilfslieferungen in das Gebiet zu
       ermöglichen, und betont, es gebe „keine Zeit zu verlieren“. (afp)
       
       Blinken reist nach Saudi-Arabien und Ägypten 
       
       In den Bemühungen um eine Feuerpause im Krieg zwischen Israel und der
       islamistischen Hamas im Gazastreifen und mehr humanitärer Hilfe reist
       US-Außenminister Antony Blinken in dieser Woche nach Saudi-Arabien und
       Ägypten. Blinken werde am Mittwoch Gespräche in Dschiddah mit Vertretern
       Saudi-Arabiens führen, ehe er am Donnerstag nach Kairo reisen werde, sagte
       US-Außenamtssprecher Matthew Miller am Dienstag. In Kairo sind Miller
       zufolge Gespräche mit Vertretern der ägyptischen Regierung geplant.
       
       Außenminister Blinken werde über ein „Abkommen über eine sofortige
       Feuerpause“ verhandeln, die „die Freilassung aller verbleibenden Geiseln
       sicherstellt“ – und über „verstärkte internationale Bemühungen“ für mehr
       humanitäre Hilfe für die Menschen im Gazastreifen.
       
       Es soll seinem Sprecher Miller zufolge aber auch um die „Planung der Zeit
       nach dem Konflikt“ gehen, „einschließlich der Sicherstellung, dass die
       Hamas nicht mehr regieren oder die Angriffe vom 7. Oktober wiederholen
       kann“. Zudem solle es unter anderem um einen „einen politischen Weg für das
       palästinensische Volk mit Sicherheitsgarantien für Israel und eine
       Architektur für dauerhaften Frieden und Sicherheit in der Region“ gehen.
       
       Die USA und Ägypten sind neben Katar wichtige Vermittlerländer im Krieg
       zwischen Israel und der Hamas. Die Verhandlungen über eine Feuerpause und
       Geiselfreilassungen laufen seit Wochen. Auf dem Tisch liegt derzeit
       offenbar ein Vorschlag für eine sechswöchige Feuerpause und zu einem
       Austausch israelischer Geiseln gegen palästinensische Häftlinge. (afp)
       
       Weißes Haus: Nummer 3 der Hamas in Gaza getötet 
       
       Die Nummer 3 in der Führung der militanten Palästinenserorganisation Hamas,
       Marwan Issa, ist nach Angaben der US-Regierung bei einem israelischen
       Militäreinsatz getötet worden. Issa sei bereits in der vergangenen Woche
       getötet worden, sagte am Montag in Washington der Nationale
       Sicherheitsberater im Weißen Haus, Jake Sullivan. Zuvor hatten US-Präsident
       Joe Biden und der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erstmals
       seit rund einem Monat wieder miteinander telefoniert.
       
       Israel habe „eine bedeutende Anzahl von Hamas-Bataillonen zerschlagen“ und
       tausende Kämpfer der islamistischen Organisation getötet, darunter auch
       hochrangige Kommandeure, sagte Sullivan weiter. Die restliche
       Hamas-Führungsspitze „versteckt sich, wahrscheinlich tief im
       Hamas-Tunnelnetzwerk, und die Gerechtigkeit wird auch für sie kommen“.
       
       Das israelische Militär hatte vor einer Woche angegeben, dass ein
       Luftangriff auf eine unterirdische Einrichtung im zentralen Gazastreifen am
       9. und 10. März Issa zum Ziel hatte. Er wurde als einer der Planer des
       Angriffs auf Israel am 7. Oktober beschrieben.
       
       Issa sei ein Vertreter von Mohammed Deif, der den bewaffneten Flügel der
       Hamas, die Essedin-al-Kassam-Brigaden, leite, sagte der israelische
       Militärsprecher Daniel Hagari zu diesem Zeitpunkt. Damals gab Hagari jedoch
       an, dass es noch unklar sei, ob Issa bei dem Einsatz getötet worden sei.
       (afp)
       
       EU-Sanktionen zunächst nur gegen einstellige Zahl von Siedlern 
       
       Die EU will erstmals Sanktionen gegen radikale israelische Siedler im
       Westjordanland verhängen. Die Außenminister der Mitgliedstaaten
       verständigten sich am Montag bei einem Treffen in Brüssel auf entsprechende
       Pläne, wie der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell mitteilte. Sie sollen nun
       in den kommenden Tagen formalisiert werden. Ungarn kündigte an, das
       Vorgehen nicht weiter blockieren zu wollen.
       
       Mit den Sanktionen folgt die EU dem Beispiel der USA. Diese haben bereits
       Strafmaßnahmen verhängt, die sich gegen extremistische israelische Siedler
       richten. Die USA werfen den Betroffenen unter anderem vor, sich im
       Westjordanland an Gewalt gegen palästinensische Zivilisten beteiligt zu
       haben.
       
       Die EU-Strafmaßnahmen sollen mithilfe des EU-Sanktionsinstruments zur
       Ahndung von schweren Menschenrechtsverstößen verhängt werden. Von Personen,
       die betroffen sind, müssen dann in der EU vorhandene Konten und andere
       Vermögenswerte eingefroren werden. Zudem dürfen die Personen nicht mehr in
       die EU einreisen und keine Geschäfte mehr mit EU-Bürgern machen.
       
       Die Namen der Betroffenen sollen nach dem noch ausstehenden formellen
       Sanktionsbeschluss im EU-Amtsblatt veröffentlicht werden. Nach
       Informationen der Deutschen Presse-Agentur handelt es sich im ersten
       Schritt um eine einstellige Zahl Personen, gegen die es Anzeigen, aber
       bislang keine Strafverfahren von israelischer Seite gibt. Im Idealfall
       sollen die EU-Sanktionen nach Angaben von Diplomaten dazu führen, dass die
       israelische Justiz sich künftig engagierter um die Verfolgung von Gewalt
       von israelischen Siedlern gegen palästinensische Dörfer und Olivenhaine
       kümmert. (dpa)
       
       Israel: Hamas-Kämpfer in Al-Schifa-Krankenhaus getötet 
       
       Bei einem gegen ranghohe Hamas-Mitglieder gerichteten Militäreinsatz auf
       dem Gelände des Al-Schifa-Krankenhauses in Gaza hat die israelische Armee
       am Montag nach eigenen Angaben 20 militante Palästinenser getötet und mehr
       als 200 weitere festgenommen. Die Bevölkerung wurde zum Verlassen des
       Gebiets rund um das Krankenhaus aufgefordert.
       
       „Wir haben mehr als 20 Terroristen innerhalb des Krankenhauskomplexes
       eliminiert“ und weitere 20 „in der Umgebung des Hospitals“, sagte der
       israelische Armeesprecher Daniel Hagari im Fernsehen. „Mehr als 200
       mutmaßliche Terroristen“ seien während des Einsatzes festgenommen worden
       und würden nun verhört.
       
       Unter den Getöteten war Faik al-Mabhuh, der laut Hagari „Chef für
       Spezialeinsätze innerhalb der Hamas-Organisation für innere Sicherheit“
       war. Die Armee veröffentlichte ein Video, das im Al-Schifa-Krankenhaus
       sichergestellte Waffen und Geld zeigen soll. Beides sei von der Hamas und
       der militanten Palästinensergruppe Islamischer Dschihad genutzt worden.
       
       Hagari sagte, der Komplex beherberge Hamas-Mitglieder, unter ihnen
       Kommandeure, die daraus „ein Kommandozentrum gemacht haben, von dem aus sie
       Terroroperationen abwickelten und Kämpfe organisierten“. Augenzeugen
       berichteten der Nachrichtenagentur AFP von Luftangriffen, Schusswechseln
       und rund 45 Panzern und gepanzerten Fahrzeugen in dem Viertel.
       
       Ein AFP-Journalist beobachtete Luftangriffe auf Gebäude in der Umgebung des
       größten Krankenhauses des Gazastreifens. „Hunderte Menschen, vor allem
       Kinder, Frauen und Ältere, flüchten aus ihren Häusern“, berichtete er. Nach
       Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums hielten
       sich „zehntausende“ Menschen in dem Krankenhauskomplex auf. (afp)
       
       18 Mar 2024
       
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