# taz.de -- Eingesperrte Wisente in NRW: So scheitert Naturschutz
       
       > Das Modellprojekt frei lebender Wildrinder ist am Ende. Ein Kompromiss
       > zwischen den Interessen von Bauern und Tieren wäre möglich gewesen.
       
 (IMG) Bild: Brauchen viel Raum für Bewegung: Wisente
       
       Es ist doch wohl egal, ob in Nordrhein-Westfalen 20 Wisente in Freiheit
       leben? Wildrinder, [1][die dort schon seit ein paar Hundert Jahren
       ausgestorben sind], nur durch den Spleen eines adeligen Großgrundbesitzers
       wieder zurückkehren konnten und die niemand je vermisst hat? Haben der
       grüne Landesumweltminister Olilver Krischer und der Kreis
       Siegen-Wittgenstein also ganz pragmatisch das Beste getan, als sie die
       wilden Tiere in ein Gatter lockten und sie nach über zehn Jahren Leben in
       Freiheit einsperrten? Nein, das haben sie nicht. Und natürlich ist es nicht
       egal.
       
       Und zwar nicht nur aus einem ersten Impuls von Gerechtigkeitsempfinden den
       Tieren gegenüber, die wie immer ungefragt in eine Lage versetzt wurden und
       sich jetzt bitte wieder in Luft auflösen sollen – sondern auch, weil dieses
       Projekt darüber entscheidet, ob die deutsche Politik in Sachen
       Biodiversitätsschutz überhaupt sprechfähig ist.
       
       Denn das Scheitern in NRW ist vor allem ein Scheitern der Umweltpolitik.
       Ein beherztes Eingreifen des Landes hätte das Projekt zum Erfolg führen
       können. Die Herde hätte wissenschaftlich begleitet und an das Europäische
       Erhaltungszuchtprogramm angebunden werden können. Die Umweltminister hätten
       für das Projekt werben und die guten Empfehlungen des runden Tisches vor
       Ort umsetzen können. Haben sie nicht, auch der Grüne Krischer nicht. Dass
       ausgerechnet er sich aus der Verantwortung stiehlt und die Beteiligten und
       die Tiere sitzen lässt, ist besonders enttäuschend.
       
       Biodiversität zu schützen heißt vor allem, Konflikte zwischen Menschen und
       Tieren zu lösen – und Konflikte bei der Landnutzung. Das ist bei Nomaden in
       Ostafrika nicht anders als bei Waldbauern in Südwestfalen. „Unberührte
       Natur“, die es vor menschlichem Zugriff zu bewahren gilt, ist nichts als
       eine entfernungsbedingte Sehstörung. Wenn NRW nicht in der Lage ist,
       [2][die Interessen einer Handvoll Waldbauern mit 20 Wildrindern in Einklang
       zu bringen], dann zeigt das, dass Deutschland Naturschutz nicht kann. Diese
       Selbsterkenntnis wäre der erste Schritt zur Besserung.
       
       5 Apr 2024
       
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