# taz.de -- Leben im Gazastreifen: Bohnen und Thunfisch aus der Dose
       
       > Seine Frau wolle nach Ägypten, schreibt unser Autor in Rafah. Doch das
       > Geld fehlt. „Also sitze ich hier, starre ins Leere und weiß nicht wohin.“
       
 (IMG) Bild: Das Fluchtziel unseres Autors war Rafah. Doch auch hier herrscht Krieg, Foto vom 9. März
       
       Manchmal starre ich einfach stundenlang ins Leere und in meinem Kopf kreist
       eine Frage: „Wohin sollen wir gehen, wenn Israel Rafah attackiert?“
       
       Ich schlafe kaum noch, vielleicht ein oder zwei Stunden pro Nacht, lese die
       ganze Zeit Nachrichten, so wie viele. Und dann höre ich Netanjahu, der fest
       entschlossen ist, eine Bodenoffensive in Rafah durchzuführen.
       
       Tag und Nacht begleitet mich der Gedanke: Es kann jeden Moment losgehen.
       Bombardiert wird zwar auch jetzt jeden Tag, aber nicht so intensiv.
       
       Im Moment wohnen wir im Zentrum von Rafah. Anders als viele andere, die
       geflohen sind und in Zeltlagern etwas außerhalb von Rafah leben, konnten
       wir uns eine Wohnung mieten. Aber sollte das israelische Militär seine
       Offensive starten, wären wir wohl mittendrin – und es wäre vermutlich der
       erste Bereich, der evakuiert werden müsste. Wohin dann? Ich weiß es
       wirklich nicht. Normalerweise gibt es in Kriegen Gegenden, in denen
       Zivilisten sicher sind. Hier nicht.
       
       Bis auf Weiteres versuchen wir, so gut klar zu kommen, wie es geht. Ich
       arbeite als Arzt in einer medizinischen Anlaufstelle bei den
       Flüchtlingslagern. Am Tag fasten wir, ohnehin würde es nicht für mehr als
       für ein oder zwei Mahlzeiten pro Tag reichen. Immerhin gibt es etwas zu
       essen, anders als im [1][Norden von Gaza. Da ist die Situation viel
       schlimmer].
       
       Wir ernähren uns in erster Linie von Bohnen und Thunfisch in Dosen, Mehl
       gibt es hier auch. Es ist alles wahnsinnig teuer. Manchmal kann man auch
       Gemüse ergattern, aber das kann sich kaum jemand leisten. Obst gibt es gar
       nicht.
       
       „Ich habe Angst vor einer Feuerpause“ 
       
       Manchmal sitzen wir abends zusammen und sehen uns das Foto von unserem Haus
       in Gaza-Stadt an. Es ist ein wunderschönes Haus und wir wissen, dass es
       noch steht. Wir denken an den letzten Geburtstag unserer Tochter, den wir
       dort verbracht haben, stellen uns vor, dorthin zurückzukehren und malen uns
       aus, was wir dort tun werden.
       
       Ich mag all das kaum laut aussprechen, denn wer weiß schon, ob es dazu
       kommen wird.
       
       Wir hoffen weiter, wir können uns nicht erlauben, die Hoffnung zu
       verlieren. Auch wenn es keine Anzeichen für einen Waffenstillstand gibt.
       Denn nur ein wirklicher Waffenstillstand kann uns helfen. Eine Feuerpause
       wäre fatal. Ich habe regelrecht Angst vor einer Feuerpause. Denn nach dem
       Ende der letzten humanitären Pause sind die Gefechte nur noch intensiver
       geworden. Das haben wir in Chan Junis gespürt, bis wir schließlich unter
       Beschuss aus unserem Unterschlupf ins Training-College der UNRWA geflohen
       sind.
       
       Wohin also, wenn es eine Militäroperation gibt? Fragt man meine Frau, sagt
       sie: [2][Ägypten. Aber wir müssten pro Person 5.000 Dollar zahlen.] Wir
       haben dieses Geld nicht.
       
       Also sitze ich hier, starre ins Leere und weiß nicht wohin.
       
       Protokoll und Übersetzung: Judith Poppe
       
       23 Mar 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /UN-Standards-fuer-Ernaehrungssicherheit/!5996321
 (DIR) [2] /Crowdfunding-fuer-Flucht-aus-Gaza/!5994610
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bassam Zaqout
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Kolumne Gaza-Tagebuch
 (DIR) Gazastreifen
 (DIR) Israel
 (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
 (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
 (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
 (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
 (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
 (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
 (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
 (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
 (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) +++ Nachrichten im Nahostkonflikt +++: Verstimmung zwischen USA und Israel
       
       Nach der Entscheidung für eine sofortige Waffenruhe im UN-Sicherheitsrat
       sind die Fronten verhärtet. Die USA und Deutschland warnen vor einer
       Offensive in Rafah.
       
 (DIR) +++ Nachrichten im Nahostkrieg +++: Sicherheitsrat fordert Waffenruhe
       
       Monatelang war der Weltsicherheitsrat in der Frage einer Waffenruhe im
       Gaza-Krieg gespalten. Doch nun ändern die USA trotz Drohungen aus Israel
       ihren Kurs.
       
 (DIR) Netanjahus frecher Umgang mit Biden: Nicht ohne die USA
       
       Die Beziehungen zwischen Jerusalem und Washington sind aktuell auf einem
       gefährlichen Tiefpunkt. Israels Regierungschef macht, was er will.
       
 (DIR) Purim-Feierlichkeiten in Israel: Kaum Feiern zum Fest der Freude
       
       Angesichts der Geiseln in Gaza ist die Stimmung zum jüdischen Fest Purim in
       Israel gedrückt. Doch eine biblische Botschaft scheint wichtiger denn je.
       
 (DIR) +++ Nachrichten im Nahostkrieg +++: Einsatz im Schifa-Krankenhaus
       
       Laut WHO ist der Kontakt mit dem Gesundheitspersonal abgebrochen. In Israel
       demonstrieren Tausende. Deutschland will 147 Menschen aus Gaza aufnehmen.
       
 (DIR) +++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Israel meldet 170 tote „Terroristen“
       
       Hamas behauptet, fünf Patienten der Al-Schifa-Klinik seien wegen schlechter
       Versorgung gestorben. Guterres nennt Hungersnot in Gaza einen „moralischen
       Skandal“.
       
 (DIR) +++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Veto gegen Waffenruhe
       
       Russland und China blockieren UN-Resolution. US-Kongress spricht sich gegen
       UNRWA-Finanzierung aus. Weitere Kämpfe in Krankenhaus in Gaza.
       
 (DIR) Pläne für Gazastreifen nach dem Krieg: Wer füllt das Machtvakuum?
       
       Im Schifa-Krankenhaus gehen die Kämpfe weiter. Derweil kursieren Pläne, wie
       eine Nachkriegsordnung im Gazastreifen aussehen könnte.
       
 (DIR) Finanzierung der UNRWA nach Vorwürfen: Höchste Zeit
       
       Eine wachsende Koalition von Geberländern hat die Hilfe für UNRWA trotz der
       Vorwürfe wieder aufgenommen. Fünf Gründe, warum Deutschland folgen sollte.