# taz.de -- Ökonomen korrigieren Wirtschaftsprognose: Kaum Wachstum in diesem Jahr
       
       > Führende Wirtschaftsforschungsinstitute legen ihr Frühjahrsgutachten vor.
       > Sie gehen davon aus, dass sich die Konjunktur erst nächstes Jahr erholt.
       
 (IMG) Bild: Ganz so düster ist es gar nicht – im nächsten Jahr soll es wieder besser werden
       
       BERLIN taz | Führende Forschungsinstitute haben ihre Prognose für die
       deutsche Wirtschaft stark nach unten korrigiert. Sie erwarten für das
       laufende Jahr nur noch ein minimales Wachstum [1][des
       Bruttoinlandsprodukts] (BIP) von 0,1 Prozent. Das geht aus dem
       Gemeinschaftsgutachten vom RWI Essen, Ifo-Institut München, IfW Kiel, IWH
       Halle und DIW Berlin für die Bundesregierung hervor. Im Herbst waren sie
       noch von einem Wachstum von 1,3 Prozent für 2024 ausgegangen. [2][Im Jahr
       2023] war das BIP um 0,3 Prozent geschrumpft.
       
       „Die deutsche Wirtschaft ist angeschlagen“, sagte Stefan Kooths vom
       Institut für Weltwirtschaft (IfW) Kiel am Mittwoch in Berlin. „Zwar dürfte
       ab Frühjahr eine Erholung einsetzen, die Dynamik dürfte aber insgesamt
       nicht allzu hoch ausfallen.“ Die Ökonomen sind im Herbst davon ausgegangen,
       dass hohe Auftragsbestände in der Industrie stärker tragen als das der Fall
       war. Die Exporte haben sich schwächer entwickelt als erwartet. Auch habe
       ein stark erhöhter Krankenstand die Wirtschaft belastet. Für 2025 gehen sie
       bislang von einem Wachstum von 1,4 Prozent aus.
       
       Für die Lage machen die Ökonomen auch die Bundesregierung verantwortlich.
       Ihr unklarer Kurs verunsichere Investoren. „Das Problem der Bundesregierung
       ist vermutlich, dass sie in sich keinen Konsens über die Ausrichtung ihrer
       Wirtschaftspolitik hat“, sagte Kooths. Damit spielte der Ökonom auf den
       ständigen Streit in der Ampel über die Wirtschafts- und Finanzpolitik an.
       
       Eines der großen Probleme ist der Fachkräftmangel. Die Anreize für die
       Zuwanderung von qualifizierten Arbeitskräften müssten besser werden,
       forderte der Ökonom. Deutschland befinde sich im weltweiten Wettbewerb um
       Talente. „Ohne deutliche Zuwächse bei der qualifizierten Zuwanderung werden
       die Probleme noch größer“, sagte er.
       
       ## Wirtschaft fordert Aufbruchsignal
       
       [3][Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne)] bemühte sich um eine
       positive Sicht der Dinge. „Die Wirtschaftsforschungsinstitute sehen einer
       allmählichen Erholung entgegen, die aber nach ihrer Einschätzung erst im
       kommenden Jahr Fahrt aufnehmen wird“, kommentierte er die Prognose.
       „Wichtig ist jetzt, dass die Investitionszuversicht der Unternehmen in
       ganzer Breite neu zu wirken beginnt.“
       
       Nach seiner Auffassung sind die Voraussetzungen dafür gut. Die
       Energiepreise und Inflation hätten sich beruhigt, die Regierung arbeite am
       Bürokratieabbau und die Energiewende komme voran. „Ganz wichtig: Die
       Einkommen der Menschen steigen wieder merklich“, sagte er. Das
       Wachstumschancengesetz zur Entlastung von Unternehmen, das vor kurzem den
       Bundesrat passiert hat, könne jetzt wirken. „Und ich habe immer gesagt, das
       Gesetz war nur ein Anfang. Notwendig sind weitere Wachstumsimpulse, daran
       arbeiten wir in der Regierung“, sagte er.
       
       Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) ist nicht so optimistisch.
       Dass die Stimmung in der Wirtschaft weiter schlecht sei, habe Gründe, sagte
       DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben: „Die Energiekosten sind noch
       immer deutlich höher als in anderen Industrieländern.“ Hinzu kämen hohe
       Bürokratiekosten, der sich verschärfende Fachkräftemangel und geopolitische
       Unsicherheiten, die den Export belasten.
       
       Wansleben forderte ein „Aufbruchsignal“ für die Wirtschaft, etwa durch die
       Einführung einer Investitionsprämie für Klimaschutzmaßnahmen oder die
       komplette Abschaffung des Solidaritätszuschlags, der nur noch für sehr hohe
       Einkommen erhoben wird. „An konkreten Vorschlägen mangelt es nicht“, sagte
       er. „Es mangelt an der Umsetzung.“
       
       27 Mar 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Alternativen-zum-Bruttoinlandsprodukt/!5894750
 (DIR) [2] /Konjunkturdelle-in-Deutschland/!5971779
 (DIR) [3] /DFB-Wechsel-von-Adidas-zu-Nike/!5999783
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anja Krüger
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Wirtschaft
 (DIR) Wirtschaftswachstum
 (DIR) BIP
 (DIR) Bruttoinlandsprodukt
 (DIR) Robert Habeck
 (DIR) Inflation
 (DIR) DAX
 (DIR) Robert Habeck
 (DIR) Wachstum
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Teuerung und Energiekrise: Inflation sinkt auf 2,2 Prozent
       
       Laut einer Umfrage planen immer weniger Unternehmen, ihre Preise anzuheben.
       Wegen der niedrigeren Inflation könnte die EZB bald die Zinsen senken.
       
 (DIR) Deutsche Wirtschaft: Frühlingsgefühle für das Kapital
       
       Der DAX hat erstmals die Marke von 18.000 Punkten geknackt. Das bringt
       Politiker in Erklärungsnot, die Steuerentlastungen für Unternehmen fordern.
       
 (DIR) Klimaschutzverträge für die deutsche Wirtschaft: Köder fürs Klima
       
       Die Klimaschutzverträge sind ein Argument für den grünen
       Wirtschaftsstandort Deutschland. Unternehmen dürfen vom Staat finanziell
       erleichtert werden.
       
 (DIR) Union gegen Wachstumschancengesetz: Sie wollen die Ampel scheitern sehen
       
       Die Union hat dem Wachstumschancengesetz nicht zugestimmt, auch um den
       Preis einer stagnierenden Wirtschaft. Diese Totalverweigerung hat
       Tradition.