# taz.de -- Verteidigung Israels: Keine Blaupause für die Ukraine
       
       > Der Krieg in der Ukraine stockt. Eine gemeinsame Militäraktion der
       > Verbündeten wie im Fall des jüdischen Staates ist unwahrscheinlich.
       
 (IMG) Bild: Bewohner von Dnipro flüchten, nachdem ein Wohnhaus von einer russischen Rakete getroffen wurde, 19. April
       
       BERLIN taz | Von 99 Prozent abgewehrten und abgefangenen Drohnen und
       Raketen sprach die israelische Armee stolz am Morgen nach [1][dem Angriff
       Irans auf Israel.] Selten wurde eine solch hohe militärische Erfolgsquote
       gefeiert. Die Flugabwehr hatte offenbar ganze Arbeit geleistet, und das im
       Verbund mit einer Reihe anderer Staaten: USA, Frankreich und Jordanien
       halfen Israel. Saudi-Arabien lieferte offenbar Geheimdienstinformationen.
       Die Schlagzeilen am Morgen danach dominierte der Angriff Irans und die
       Stärke Israels. Die Koalition hat Eindruck hinterlassen.
       
       Schlagartig verdrängt wurde derweil ein anderer Krieg. Im dritten Jahr der
       russischen Invasion in der Ukraine ist ein Ende des blutigen Konflikts
       nicht in Sicht. Bedrohlicher noch: Die russische Armee verzeichnet
       zunehmend Geländegewinne, plant offenbar neue Fronten in der Ostukraine und
       dringt in den Westen vor. Während nach Beginn des Krieges die
       internationale Solidarität innerhalb von Tagen auf ein Höchstlevel stieg,
       fürchtet Präsident Wolodymyr Selenskyi nun, Unterstützung zu verlieren.
       
       Die nicht nur in Deutschland, sondern weltweit viel gerühmte Zeitenwende
       bescherte der Ukraine über Monate hinweg Geld und jede Menge Waffen. Doch
       der von US-Präsident Joe Biden geprägte Satz „as long as it takes“ (solange
       es dauert) scheint nur noch in Teilen zu gelten.
       
       Dieser Krieg dauert. Er kostet. Die Solidarität bröckelt. Stattdessen wird
       diskutiert, ob der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine nicht
       „eingefroren“ werden könnte. Der verhaspelte Vorstoß des französischen
       Präsidenten Emmanuel Macron, doch auch einen Einsatz von Nato-Truppen oder
       einzelnen nationalen Armeen in der Ukraine nicht auszuschließen – [2][so
       vage blieben seine Aussagen] –, verschwand alsbald wieder in der
       politischen Schublade der Möglichkeiten.
       
       ## Warum bekommt die Ukraine nicht den selben Beistand?
       
       Kriegsmüdigkeit macht sich breit, und damit der stille Wunsch nach einem
       baldigen Ende dieses Problems mitten in Europa. Ungläubig bis verzweifelt
       waren die Reaktionen in der Ukraine daher nach der Abwehr iranischer
       Drohnenangriffe auf israelisches Territorium. Offenbar war und ist es doch
       möglich, sich mit vereinten internationalen Kräften militärisch gegen einen
       Aggressor zu verteidigen. Warum lässt sich also diese äußerst effektive
       Luftabwehr nicht auch über der Ukraine umsetzen? Bereits seit Kriegsbeginn
       trommeln ukrainische Vertreter:innen genau dafür.
       
       Und so forderte auch Selenskyi nur wenige Stunden nach dem militärischen
       Erfolg Israels und seiner Verbündeten denselben Schutzschild für sein Land.
       Sein Außenminister Dmytro Kuleba schlug in dieselbe Kerbe – und wiederholte
       dieses Mantra bei den politischen Terminen der vergangenen Woche, etwa beim
       Treffen der G7-Außenminister:innen auf der italienischen Insel Capri, und
       beim Nato-Ukraine-Rat.
       
       Die westlichen Verbündeten bemühten sich zügig, einen direkten Vergleich
       zwischen dem Krieg im Nahen Osten und dem Angriffskrieg Russlands in der
       Ukraine abzuschmettern. „Ein anderer Konflikt, ein anderer Luftraum, eine
       andere Bedrohungslage“, kommentierte John Kirby, der Sprecher des
       Nationalen Sicherheitsrats der USA. David Cameron, Großbritanniens
       Außenminister, wies darauf hin, dass der Abschuss russischer Drohnen mit
       britischen Kampfjets zu einer „gefährlichen Eskalation“ führen dürfte.
       Letzteres Argument ist der Ukraine nur allzu bekannt. Seit Beginn der
       Invasion wird vor einer solchen Eskalation gewarnt, wenn sich Nato-Partner
       einschalten und somit zur „Kriegspartei“ werden könnten.
       
       Doch es gibt mehr Gründe, die ein Vorgehen wie in Israel in Bezug auf die
       Ukraine unmöglich machen. Die Ukraine grenzt unmittelbar an Russland, es
       gibt also kein „Pufferland“ dazwischen, anders als zwischen Iran und
       Israel. Im Irak konnten US-amerikanische Systeme vorab Raketen abfangen.
       Hinzu kommt, dass Israel über wirksame Abwehrsysteme verfügt. Diese
       Grundausstattung ist in der Ukraine nicht gegeben.
       
       ## Es braucht Bodengerät und Soldat:innen
       
       Neben gezielten Luftschlägen und Drohnenattacken auf Energieversorgung und
       Infrastruktur ist Russland zudem in den vergangenen Wochen dazu
       übergegangen, verstärkt Gleitbomben einzusetzen. Es handelt sich dabei um
       sogenannte „dumme“ Bomben, die mit Flügeln aufgerüstet werden, und so unter
       dem Radar ihre Ziele erreichen können.
       
       Strategisch müssten Luftabwehrsysteme dauerhaft zum Einsatz kommen, um die
       Kampfjets abzuschießen, die die Gleitbomben abwerfen. Neben Raketen und
       Drohnen spielt der Häuserkampf eine wichtige Rolle im ukrainisch-russischen
       Krieg. Um dabei die Oberhand zu gewinnen, braucht es Bodengerät und
       Soldat:innen.
       
       Für die Ukraine wird es daher wohl bei der Hoffnung auf eine gemeinsame
       militärische Initiative der Verbündeten bleiben.
       
       19 Apr 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tanja Tricarico
       
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