# taz.de -- Rauschmittel im alten Rom: Ein hohler Knochen als Pillendose
       
       > Ein Knochenfund zeigt, dass schwarzes Bilsenkraut im antiken Rom bewusst
       > gesammelt wurde. Zum Einsatz kam es möglicherweise als Rauschmittel.
       
 (IMG) Bild: Ausgehöhlter Tierknochen mit Samen des Bilsenkrauts
       
       Es gibt gute Gründe anzunehmen, dass es [1][Drogen fast so lange gibt, wie
       Menschen existieren]. Schwarzes Bilsenkraut etwa wurde schon vor Tausenden
       Jahren als Medizin und Rauschmittel genutzt. Nun hat ein Team um Maaike
       Groot von der Freien Universität Berlin entdeckt, dass ein Knochengefäß aus
       römischer Zeit offenbar ein Vorläufer der Tabaktasche war. Oder ein
       Vorläufer der Medikamentendose.
       
       ## Die Studie
       
       Das Kraut gehört zur Familie der Nachtschattengewächse. Antike Autoren
       berichten von einer schmerzstillenden und berauschenden Wirkung. Falsch
       dosiert ist es giftig. An vielen Ausgrabungsstätten finden sich Spuren des
       Krauts. Bisher war schwer nachzuweisen, ob die Menschen es tatsächlich
       benutzten. Das Kraut wächst in Nordwesteuropa auch in der freien Natur.
       Samen könnten von den Siedlern also versehentlich zusammen mit anderen
       Pflanzen gelagert worden sein.
       
       Ein Fund in der Ausgrabungsstätte Houten Castellum – einer bäuerlichen
       Siedlung aus römischer Zeit in den heutigen Niederlanden – schafft
       Klarheit. Es handelt sich um einen etwa sieben Zentimeter langen
       Oberschenkelknochen eines Schafs oder einer Ziege mit einem Pfropfen aus
       Birkenpech am Ende. Der Knochen wurde 2017 gefunden und auf 70 bis 100 nach
       Christus datiert.
       
       Als die Archäolog_innen den Knochen bei Untersuchungen reinigten, löste
       sich der Verschluss und Samen des Schwarzen Bilsenkrauts kamen zum
       Vorschein. 382 Samen konnten noch gezählt werden.
       
       [2][Das Forschungsteam geht im Gegensatz zu früheren Forschenden davon aus,
       dass es sich bei dem Knochen um eine Art Behälter zur Aufbewahrung und
       nicht um eine Pfeife handelt], in der das Kraut geraucht wurde. Dafür
       spricht unter anderem, dass die Samen nicht verkohlt sind und dass es
       tödlich gewesen wäre, so viele Samen auf einmal zu rauchen.
       
       ## Was bringt’s?
       
       Bisher gab es erst vier archäologische Funde, die auf die absichtliche
       Nutzung von Schwarzem Bilsenkraut hindeuten: drei in mittelalterlichen
       Hospitälern, eins in einer Grabstätte. Nur im letzten Fall, einem Fund in
       Dänemark aus dem Jahr 980 nach Christus, befanden sich die Samen vermutlich
       in einem Behälter. Mit dem Knochen aus dieser Studie wurde zum ersten Mal
       ein Gefäß aus der Römerzeit gefunden, das mit Schwarzem Bilsenkraut gefüllt
       war.
       
       Offen bleibt aber weiterhin, ob die Pflanze in diesem Fall als Medizin oder
       als Rauschmittel verwendet wurde. Dass die Menschen Rauschmittel seit der
       Antike und [3][sogar schon in der Steinzeit] verwendet haben, ist aber
       schon länger bekannt. Insofern erinnert die Studie daran, dass Drogen zur
       Menschheitsgeschichte gehören.
       
       Wenn in diesen Tagen also zum Beispiel [4][hitzig darüber debattiert wird],
       ob kiffende Menschen auf dem Oktoberfest den Untergang des Abendlandes
       bedeuten, dann kann man das getrost eine alte Diskussion nennen.
       
       19 Apr 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.dw.com/de/von-drogen-und-menschen/a-19180540
 (DIR) [2] https://www.cambridge.org/core/journals/antiquity/article/evidence-of-the-intentional-use-of-black-henbane-hyoscyamus-niger-in-the-roman-netherlands/A06E000B17E1642C878E469157D5131C
 (DIR) [3] https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/arcm.12806
 (DIR) [4] https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-cannabis-kiffen-englischer-garten-oktoberfest-wiesn-verboten-1.6534850
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Katharina Höring
       
       ## TAGS
       
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