# taz.de -- Weltbank und IWF in Washington: Pläne für globale Reichensteuer
       
       > Kredite reichen nicht, um Klimaschutz zu finanzieren. Erstmals spielt
       > Umverteilung eine Rolle beim Treffen der globalen Finanzinstitute.
       
 (IMG) Bild: „Nein zu Krediten für Klimafinanzierung“: Proteste vor der Weltbank am Freitag
       
       BERLIN taz | Die Weltbank will „größer und besser werden“, mehr
       Finanzierung fürs Klima und öffentliche Güter bereitstellen, Bahnstrecken
       also oder Labore für die Pandemieprävention. Diese Reform der
       multilateralen Entwicklungsbank war auch Thema auf der gemeinsamen
       Frühjahrstagung mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington,
       die am Samstag endete.
       
       Kleine Schritte gab es beim Größerwerden. Nach Deutschland sagten zehn
       weitere Staaten insgesamt 10,3 Milliarden Euro zusätzliches Kapital zu.
       Diese Zuschüsse werden dann als Sicherungen hinterlegt, [1][um mehr Geld am
       Kapitalmarkt aufzunehmen]. Damit könne die Weltbank nach eigenen
       Berechnungen bis zu 70 Milliarden US-Dollar innerhalb von 10 Jahren für
       Klima- und Entwicklungsfinanzierung zur Verfügung stellen, also über
       Kredite an Länder weitergeben.
       
       Die Weltbank hatte zuvor berechnet, dass Entwicklungsländer eine
       Finanzierungslücke von etwa 2,4 Billionen US-Dollar haben, um Klimaschutz
       zu bezahlen. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
       Entwicklung (OECD) geht von 3,9 Billionen US-Dollar aus für die
       [2][nachhaltigen Entwicklungsziele der Agenda 2030], also für
       Ernährungssicherheit oder Bildung etwa.
       
       Um die Wirkung ihrer Kredite zu kontrollieren, hat die Weltbank außerdem
       [3][22 Indikatoren] auf der Tagung vereinbart. „Darin sind auf Initiative
       Deutschlands auch neue Indikatoren zu Biodiversität und Ungleichheit
       enthalten“, teilte das Bundesentwicklungsministerium (BMZ) mit. Deutschland
       ist in der Weltbank durch das SPD-geführte BMZ vertreten und Mitinitiator
       der Reformen.
       
       ## Deutschland blockiert bei Umverteilung
       
       Dafür blockiert Deutschland an anderer Stelle: bei der Umverteilung der
       Sonderziehungsrechte (SZR). Dieses Geld hatte der IWF 2021 „erschaffen“ und
       an die Länder – bemessen an der Wirtschaftskraft – zur Bewältigung der
       Coronapandemie verteilt. Die ärmeren Staaten gingen in dem System fast leer
       aus. Deutschland erhielt ungefähr so viel wie ganz Afrika.
       
       Die UN fordern daher eine Umverteilung. Dass dies nicht passiert, „daran
       trägt auch Deutschland eine Mitschuld“, das als eines der wenigen Länder
       blockiere, dass die Mittel an multilaterale Entwicklungsbanken
       weitergegeben werden, sagt David Ryfisch, Referent für internationale
       Finanzwesen bei der NGO Germanwatch. Deutschland wird beim IWF durch das
       FDP-geleitete Finanzministerium vertreten.
       
       Bewegung gab es hingegen bei Plänen für eine globale Besteuerung der
       Superreichen, der knapp 3.000 Milliardäre auf der Welt. Die brasilianische
       G20-Präsidentschaft hatte die globale Vermögensteuer Ende Februar ins Spiel
       gebracht. Am Samstag teilte die Pressestelle mit, in Washington seien
       „wichtige Schritte in Richtung internationale Zusammenarbeit zur
       Besteuerung der Superreichen“ unternommen worden. Sogar IWF-Chefin
       Kristalina Georgieva sagte, Reiche müssten ihren „fairen Anteil“ zahlen.
       
       ## Reichensteuer könnte 250 Milliarden US-Dollar für Klimaschutz und
       Entwicklung einbringen
       
       Brasilien hat den Ökonomen Gabriel Zucman, Leiter des EU Tax Observatory,
       beauftragt, bis Juli konkrete Pläne vorzulegen. Das an der Paris School of
       Economics angesiedelte EU Tax Observatory stellte letzten Herbst einen
       Bericht vor, nachdem [4][2 Prozent Steuer auf das Vermögen der Superreichen
       jährlich 250 Milliarden US-Dollar einbringen könnte].
       
       „Unsere Steuersysteme versagen bei der Besteuerung der unglaublich Reichen
       in der ganzen Welt. Wenn man die Mehrwertsteuer, die Unternehmenssteuer und
       die Einkommenssteuer berücksichtigt, haben Superreiche viel niedrigere
       effektive Steuersätze als alle anderen“, sagte Zucman auf einem Panel am
       Rande der Frühjahrstagung.
       
       Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz pflichtete auf dem Panel bei,
       Ungleichheit habe überall auf der Welt zugenommen und könne nur global
       gelöst werden. Ebenso wie Steuerhinterziehung. „Ich hoffe, dass wir ein
       Ende des Neoliberalismus der niedrigen Steuersätze erreichen“, sagte
       Stiglitz.
       
       Aber auch ein weiteres Steuerinstrument wurde am Rande der Tagung mit viel
       Aufsehens diskutiert. Die CO₂-Steuer steht wieder im Raum. Konkret ging es
       um erste Schritte in der Besteuerung der internationalen Luft- und
       Schifffahrt und fossiler Energien, ebenso wie eine
       Finanztransaktionssteuer. Die Erträge sollen für Klima- und
       Entwicklungsfinanzierung zur Verfügung stehen. Pläne dazu wurden bereits
       auf der letzten UN-Klimakonferenz in Dubai gefasst und sollen unter
       Federführung von Frankreich und Kenia ausgearbeitet werden.
       
       ## Schuldenstreichung für Klimafinanzierung
       
       Aktivist*innen wiesen darüber hinaus auf die Schuldenkriese hin, die
       viele Staaten im Globalen Süden belastet. Sie forderten Schuldenstreichung,
       denn das Geld fehle in Klima- und Entwicklungsvorhaben. Eine Studie der NGO
       erlassjahr.de von diesem Monat hat berechnet, dass Entwicklungsländer
       zusammen [5][1,3 Milliarden Euro für Zinsen und Tilgung am Tag ausgeben.]
       
       „Hohe Schuldenzahlungen bremsen unser Wachstum, die Armut steigt, und die
       Klimaanpassung leidet hier in Ghana“, erklärte etwa Nana Mariam von der
       Graswurzelbewegung Debt For Climate Ghana in einer Pressemitteilung. „Wir
       haben keine Chance, die Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen.“
       Mariam forderte den IWF und „räuberische private Kreditgeber wie BlackRock“
       auf, Schulden zu streichen.
       
       22 Apr 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Fruehjahrstagung-von-IWF-und-Weltbank/!6001749
 (DIR) [2] /Nachhaltigkeitsziele-der-UN/!5957909
 (DIR) [3] https://www.worldbank.org/en/news/press-release/2024/04/09/world-bank-group-announces-new-approach-to-measuring-impact
 (DIR) [4] /Ungerechte-Lastenverteilung/!5965112
 (DIR) [5] /Ueberschuldete-Staaten/!6000625
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Leila van Rinsum
       
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