# taz.de -- 12-Punkte-Plan der FDP: Die Fassade der Ampel ist gefallen
       
       > Die Liberalen schießen wieder gegen die eigene Regierung. Damit schafft
       > die FDP Klarheit – über ihr Profil und die Verhärtung der politischen
       > Fronten.
       
 (IMG) Bild: Die FDP geht innerhalb der Ampelkoalition ihren eigenen Weg, besonders in Fragen der sozialen Gerechtigkeit und Umverteilung
       
       Oh Gott, die FDP ist neoliberal! Sie will bei den Besitzlosen kürzen und
       zugunsten der Reichen umverteilen. Sie will diejenigen triezen, die selbst
       arbeiten, und diejenigen entlasten, [1][die ihr Geld für sich arbeiten
       lassen].
       
       Aber war das nicht immer klar? Man hatte es lediglich zu Beginn dieser
       Legislatur, als die FDP ins rot-grüne Lager wechselte, verdrängt und sich
       vielleicht ein bisschen zu sehr von der Selbstbeschwörungsrhetorik der
       Ampel als Fortschrittskoalition einlullen lassen.
       
       Diese Fassade einer Koalition, in der laut Selbstbeschreibung „Zusammenhalt
       und Fortschritt auch bei unterschiedlichen Sichtweisen gelingen können“,
       ist mit dem nun veröffentlichten „Wirtschaftswende-Plan“ der FDP endgültig
       gefallen.
       
       Es ist erst mal gut, dass Klarheit herrscht. Wenige Wochen vor der
       Europawahl, die als eine Art nationale Zwischenwahl für die im nächsten
       Jahr anstehende Bundestagswahl gilt, treten die Konturen der demokratischen
       Parteien schärfer zutage. Bürger*innen haben wieder eine echte Auswahl
       im demokratischen Spektrum, was Populisten und Rechtsextremisten, die auf
       die „Systemparteien“ schimpfen und sich als Alternative anbieten, das
       Geschäft erschweren dürfte.
       
       Die FDP bietet sich jedenfalls als Alternative zu Grünen und SPD an. Sie
       will schärfere Sanktionen für Bürgergeldempfänger*innen durchsetzen
       und die Rente nach 45 Beitragsjahren wieder abschaffen, sie will
       Spitzenverdiener*innen und Unternehmen beim Soli entlasten, möchte,
       dass Unternehmen auf Kinder- und Zwangsarbeit entlang ihrer Lieferketten
       pfeifen können und die erneuerbaren Energien dem freien Spiel des Marktes
       überlassen. Kurz: Sie will zurück in jenes Lager, aus dem sie kommt: das
       bürgerlich-marktradikale Lager.
       
       ## Keine Mehrheit für niemand
       
       Dort macht sich allerdings auch die von Friedrich Merz geführte CDU breit
       und sie wartet nicht gerade auf die FDP. Die CDU tickt zwar wirtschaftlich
       ähnlich wie die Liberalen und hat vor zwei Monaten fast gleichlautende
       Forderungen verabschiedet. Sie hat aber auch alles getan, um der FDP in den
       vergangenen Monaten die Wähler*innen abspenstig zu machen. Und zwar so
       erfolgreich, dass die FDP bei Landtagswahlen unterging und in bundesweiten
       Umfragen seit längerem in der Fünf-Prozent-Todeszone schwebt.
       
       Es gibt derzeit keine gesellschaftliche Mehrheit für das marktradikale
       Lager. Jedoch kommen SPD und Grüne mit sozialen und ökologischen Themen
       derzeit auch nicht auf die nötige kritische Masse für eine gemeinsame
       Regierungskoalition. Das macht einen baldigen Koalitionsbruch eher
       unwahrscheinlich, zumal keine der drei Ampelparteien davon profitieren
       dürfte.
       
       Die lagerübergreifende Suche nach Kompromissen wird also weitergehen. Und
       die wird mit den [2][FDP-Vorschlägen] nicht einfacher. Die anstehenden
       Haushaltsverhandlungen werden zäh, unappetitlich und für alle Seiten
       schmerzhaft. Einen Schönheitspreis wird die Ampel wohl nicht mehr erhalten.
       Allein die Wähler*innen haben es in der Hand, dieses quälende Schauspiel
       zu beenden, indem sie bei der nächsten Bundestagswahl für klare
       Mehrheitsverhältnisse sorgen. Oder auch nicht. So geht eben Demokratie.
       
       22 Apr 2024
       
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