# taz.de -- Steuerpläne des Finanzministers: Steuern runter macht Lindner munter
       
       > Finanzminister Lindner fordert Steuerentlastungen für Gering- und
       > Spitzenverdiener. Woher das dafür nötige Geld kommen soll, bleibt unklar.
       
 (IMG) Bild: So groß ist seine Ahnung von Finanzpolitik: Minister Christian Lindner
       
       FDP-Finanzminister [1][Christian Lindner] nutzte die Nachrichtenflaute zu
       Ostern, um weitere Steuerentlastungen anzukündigen. Noch in diesem Jahr
       soll der Grundfreibetrag bei der Einkommenssteuer steigen. Der
       Grundfreibetrag ist das Existenzminimum, das nicht belastet wird. Aktuell
       liegt er für einen Single bei 11.600 Euro im Jahr.
       
       Lindner will aktiv werden, weil das Bürgergeld für Langzeitarbeitslose zum
       1. Januar 2024 deutlich gestiegen ist, um die Inflation auszugleichen. Da
       das Bürgergeld ebenfalls dazu gedacht ist, das Existenzminimum abzudecken,
       ist aus Lindners Sicht eine Schieflage entstanden: Langzeitarbeitslose
       wurden unterstützt, Steuerzahler bisher nicht. Also will der Finanzminister
       noch in diesem Jahr den Grundfreibetrag bei der Einkommenssteuer anheben.
       Konkrete Zahlen nannte er nicht.
       
       Auch für 2025 und 2026 hat Lindner Reformpläne. So will er die sogenannte
       kalte Progression bei der Einkommenssteuer ausgleichen. Mit kalter
       Progression ist gemeint, dass die Steuerlast steigt, ohne dass die reale
       Kaufkraft der Löhne zugenommen hätte. Dieser Effekt tritt vor allem bei
       hohen Inflationsraten ein. Wenn nämlich die Gehälter zulegen, um die
       Geldentwertung auszugleichen, rutschen die Steuerzahler automatisch in
       einen höheren Steuersatz. Sie können sich nicht mehr leisten, werden aber
       steuerlich stärker belastet.
       
       Es ist keine neue Idee, die kalte Progression auszugleichen – sondern
       langjähriger Standard. Dies macht die historische Rückschau klar. Im Jahr
       1958 lag der Durchschnittssteuersatz für einen Single mit einem
       Jahreseinkommen von umgerechnet 50.000 Euro bei 41 Prozent. Heute sind es
       nur noch 21,8 Prozent.
       
       ## Auch Grünen machen sich Sorgen um Wirtschaft
       
       Aber Lindner will noch mehr. [2][Seine FDP] hat eine „Wirtschaftswende“
       ausgerufen und möchte vor allem die Steuern für Unternehmen und
       Spitzenverdiener senken. Ein Lieblingsprojekt der Liberalen ist, den
       Solidarzuschlag für alle abzuschaffen. Diesen Aufschlag von 5,5 Prozent auf
       die ermittelte Einkommenssteuer zahlt momentan nur noch, wer als Single
       mehr als 65.500 Euro im Jahr versteuern muss. Das sind ganze 5 Prozent der
       Bevölkerung. Hinzu kommen die Firmen. Für alle anderen wurde der Soli schon
       2021 abgeschafft. Allerdings ist es wenig wahrscheinlich, dass die Ampel
       den Soli komplett streicht. Das Thema hat es noch nicht einmal in den
       Koalitionsvertrag geschafft, weil dem Bundeshaushalt etwa 12 Milliarden
       Euro fehlen würden.
       
       Allerdings machen sich auch die Grünen inzwischen Sorgen um die Wirtschaft,
       die in diesem Jahr Prognosen zufolge nur um 0,2 Prozent wachsen soll.
       Wirtschaftsminister Robert Habeck schlug im Bundestag kürzlich vor, ein
       Sondervermögen aufzulegen, das durch Schulden finanziert würde, um die
       Firmen zu entlasten. Der Welt am Sonntag sagte er schon im Februar: „Auch
       ich sehe, dass wir in der Summe eine Unternehmensbesteuerung haben, die
       international nicht mehr wettbewerbsfähig und investitionsfreundlich genug
       ist.“ Allerdings blieb im Detail vage, wie Habeck die Wirtschaft entlasten
       will.
       
       Die FDP ist begeistert, dass die Grünen auf ihre Linie einschwenken. Die
       Liberalen lehnen es jedoch ab, Schulden aufzunehmen. Lindner will lieber
       beim Bürgergeld und bei der Rente sparen, um die Steuern für die
       Unternehmen zu senken.
       
       Allerdings dürften größere Steuerreformen schon daran scheitern, dass gar
       kein Geld vorhanden ist, das sich verteilen ließe. Im Haushalt 2025 klafft
       eine Lücke von etwa 20 Milliarden Euro – und es ist gänzlich unklar, wie
       dieses Geld eingespart werden soll.
       
       1 Apr 2024
       
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