# taz.de -- Taylor Swift als Business-Phänomen: Sie kaufen ihr alles ab
       
       > Das neue Album hören und sie reich machen: Fans feiern Taylor Swift als
       > „Business-Genie“ und die Charterfolge wie den Meistertitel des
       > Lieblingsteams.
       
 (IMG) Bild: Swifties bei einem Konzert im australischen Melbourne im Februar 2024
       
       Ein neues [1][Taylor-Swift]-Album bedeutet unter anderem: Es sind wieder
       Taylor-Swift-Wochen in den sozialen Medien. Fans, die ihrem Idol blind in
       einen Abgrund folgen würden oder zumindest bei Ticketmaster eine ganze
       Monatsmiete in ein Konzertticket stecken, breiten jede Zeile aus und machen
       aus jeder Positiv- oder Negativrezension ein Politikum.
       
       Das wäre so eingetreten, egal wie das Album klingt. Taylor Swift ist, was
       den Aufruhr um ihre Person betrifft, ein singuläres Phänomen in der
       zeitgenössischen Popmusik. Das liegt daran, dass sie zwei Popstar-Typen
       zugleich ist: Nach 18 Jahren im Musikgeschäft und unzähligen Erfolgen ist
       sie eine Ikone, die über den Dingen stehen könnte. [2][Ähnlich wie
       Beyoncé] könnte sie Erfolge feiern, auch ohne die Vermarktungs- und
       Öffentlichkeitsspiele der Industrie noch mitzuspielen.
       
       ## Hauptsache, Nummer 1
       
       Aber sie spielt diese Spiele noch, denn sie spielt sie besser als alle
       anderen: In den achtzehn Monaten [3][seit dem letzten Studioalbum
       „Midnights“] sind zwei Neueinspielungen älterer Alben sowie ein Konzertfilm
       erschienen und Swift hat zwei viel diskutierte Beziehungen mit prominenten
       Männern geführt, die nun Stoff für die Texte auf „The Tortured Poets
       Department“ bieten. Taylor Swift sieht sich noch nicht beim Spätwerk
       angekommen. Sie steht auch nach 18 Jahren immer noch jeden Tag im Ring und
       kämpft mit den jüngeren Popstars um jeden einzelnen Erfolg.
       
       Man sollte Swift freilich nicht unterstellen, dass sie private Beziehungen
       der Aufmerksamkeit wegen führt oder dass sie die Aufmerksamkeit immer
       genießt. Auf dem neuen Album kritisiert sie scharf die Berichterstattung
       über ihre Beziehung mit Matt Healy, dem kontroversen Sänger [4][der Band
       The 1975].
       
       Die Finanztricks fürs Streaming-Zeitalter kennt Swift allerdings genau: Von
       „The Tortured Poets Department“ konnten vier verschiedene Vinyl-Versionen
       vorbestellt werden, mit je einem anderen Bonus-Track. Die hatten
       Komplettisten bereits viel Geld gekostet, als dann nur zwei Stunden nach
       Erstveröffentlichung des Albums auf den Streamingdiensten noch eine knapp
       doppelt so lange Version online ging, die alle Bonus-Tracks sowie noch
       dreizehn weitere Lieder nun frei verfügbar machte. Der Grund: Sowohl
       besonders lange Streaming- als auch besonders teure physische
       Veröffentlichungen vertragen sich gut mit den Rechenformeln der
       Charts-Macher.
       
       ## Olé, olé, olé, Taylor Swift, olé
       
       Dass sie für die Verkaufsrekorde ihres Idols doppelt bezahlen müssen, stört
       die Fans nicht. Im Gegenteil: Taylor Swift wird für ihr „Business-Genie“
       gefeiert – so als bekäme man von ihrem Reichtum etwas ab. Diese
       Überidentifikation, gerade auch mit finanziellem Erfolg anderer, ist
       typisch für zeitgenössische Fanpraxis. Fans streamen etwa rund um die Uhr
       Musik, um zu neuen Rekorden zu verhelfen. Taylor Swift hat viele
       ehrenamtliche Mitarbeiter. Wenn dann die erhofften Schlagzeilen erscheinen,
       fühlt sich das wahrscheinlich an, als hätte der Lieblingsverein ein Spiel
       gewonnen.
       
       Weil Swift so ein singuläres Phänomen ist, gelingen ihr auch immer wieder
       Dinge, die vermeintliche Regeln der Streamingökonomie außer Kraft setzen:
       2021 wurde [5][„All Too Well (Taylor’s Version)“] mit über zehn Minuten der
       längste Nummer-eins-Hit in der Geschichte der US-Charts. Als neulich eine
       in der Fachzeitschrift Scientific Research veröffentlichte Studie befand,
       Songs würden immer kürzer und ihr Vokabular immer begrenzter, war Swift
       wohl das erste Gegenbeispiel, das vielen Lesern auf der Zunge lag.
       
       Ihr Songwriting nämlich ist von Finanztricks unbeeindruckt, ist ausladend,
       arbeitet noch mit Pre-Chorus und Bridge, mit Intro und Outro. So wenig
       subversiv es auch ist, ein „Business-Genie“ zum größten Popstar der Welt zu
       haben: Taylor Swift und ihr immenser Erfolg ist auch eine Bastion gegen
       Zweieinhalb-Minuten-Reißbrett-Pop.
       
       23 Apr 2024
       
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