# taz.de -- Bremen übernimmt Wohnungen von Investor: Heuschrecke eingeschränkt
       
       > In zwei Bremer Wohnhäusern hatten die Bewohner*innen wochenlang keine
       > Heizung. Die Vermieterin Omega AG muss nun die Verwaltung abgeben.
       
 (IMG) Bild: Funktioniert nicht, wenn der Vermieter den Energielieferanten nicht mehr bezahlt: Heizkörper, hier in einer Oldenburger Wohnung
       
       BREMEN taz | Wie lange die Menschen an der Robinsbalje in Bremen-Huchting
       keine Heizung hatten? Das kann am Tag vorm Feiertag in den Behörden in
       Stadt und Stadtteil keiner sagen, beim Gasversorger auch nicht. „Ein paar
       Wochen“, heißt es auf Nachfrage, so genau wisse man das jetzt nicht. Könnte
       sein, dass es schon Ende März (8,4 bis 13,7 Grad Celsius Außentemperatur)
       so weit war – vielleicht sogar schon früher? Aktenkundig ist es jedenfalls
       für den 23. April (minus 2,1 bis 8,8 Grad).
       
       Zu dem Zeitpunkt hatten sich Mieter*innen der zwei Wohnblocks bereits an
       das Ortsamt im Stadtteil Huchting gewandt. Die etwa 80 Bewohner*innen
       hatten ihre Heizkosten immer bezahlt – direkt an den Vermieter. Doch der
       hatte das Geld nicht an den Energieversorger SWB weitergeleitet, sondern
       für sich behalten. Seit Januar hatte die SWB mehrfach gemahnt und
       irgendwann die Lieferungen eingestellt und die geleaste Heizungsanlage
       ausgebaut.
       
       Der Vermieter, das ist die Immobilienfirma Omega AG. Über deren
       Machenschaften hat die [1][taz schon vor Monaten berichtet:] Das
       Unternehmen hat sich bei der Spekulation mit Immobilien übernommen und
       musste im Dezember auf Druck der Gläubiger Insolvenz anmelden. Zu spät: Zu
       holen war zu diesem Zeitpunkt kaum noch etwas.
       
       Schon seit Sommer 2023 habe der Konzern nicht mehr auf Mieter*innen
       reagiert und die Verwaltung der Wohnungen mehr oder minder aufgegeben,
       schreibt die Tagesschau – der neue Inhaber habe seine
       Mitarbeiter*innen gar angewiesen, Rechnungen einfach [2][in den
       Schredder zu geben.]
       
       ## Gesetzesänderung macht's möglich
       
       In Bremen hat das nun Folgen für das Unternehmen: Die Stadt will die beiden
       Wohnblocks an der Robinsbalje dem Zugriff des Eigentümers entziehen. Ab dem
       1. Juni sollen die Häuser von einem Treuhänder verwaltet werden, das könnte
       zum Beispiel ein kommunales Wohnungsunternehmen sein. Schon jetzt, so das
       Ergebnis eines Gesprächs zwischen verschiedenen Behörden und der SWB am
       Dienstag, wird die Heizung wieder eingebaut und in Betrieb genommen.
       
       Möglich wird die Treuhandverwaltung erst durch eine Gesetzesänderung aus
       dem vergangenen Jahr: Die Landesregierung hatte noch vor der Wahl das
       Bremische Wohnungsaufsichtsgesetz entsprechend ergänzt.
       
       Anlass damals waren zwei Fälle, in denen ebenfalls Vermieter den
       Energieversorger nicht bezahlt hatten und Mieter*innen mehrere Wochen
       ohne Heizung dastanden: Einer davon betraf das [3][„Stubu“-Hochhaus in der
       Innenstadt,] ein zweiter einen [4][Wohnblock in, ausgerechnet, der Straße
       Robinsbalje] in Huchting. Es handelt sich dabei nicht um dasselbe Haus und
       nicht um denselben Eigentümer wie beim aktuellen Fall.
       
       Während der Treuhänder sich um die Beseitigung der Missstände kümmert, in
       diesem Fall also erst einmal darum, dass die Rechnungen beglichen werden,
       hat der Eigentümer keinen Anspruch mehr auf seinen Besitz, muss aber die
       Kosten tragen. Wie das in diesem Fall aussehen wird, ist nicht ganz klar –
       schließlich ist die Omega AG insolvent. Eventuell müssen während der
       Fremdverwaltung die Gläubiger auf Mieteinnahmen verzichten.
       
       Da die Verwaltung der Wohnungen während der Insolvenz definitiv
       problematisch geblieben wäre, sind die Häuser an der Robinsbalje wie
       gemacht für eine Anwendung des Gesetzes. Für die Mieter*innen könnte der
       Unterschied groß sein: Seit Jahren plagen sich die Menschen an der
       Robinsbalje mit Schimmel herum; die Gegend vermüllt, weil es nicht
       ausreichend Container gibt; und die Heizproblematik ist schon mehrfach
       aufgefallen: Einen kaputten Heizkessel reparierte die SWB im November
       bereits auf eigene Kosten, heißt es vom Energieversorger.
       
       Die Gegend rund um den Straßenzug ist seit vielen Jahren Ziel von
       [5][wechselnden Heuschreckeninvestoren, die die Wohngebäude
       herabwirtschaften.] „Wenn ich mir etwas für das Gebiet wünschen könnte,
       dann, dass die Gewoba oder die Brebau die Häuser übernimmt“, hatte sich
       [6][bereits 2016 der zuständige Kontaktpolizist] geäußert.
       
       Trotz der positiven Aussichten bleibt ein bitterer Beigeschmack: Die
       Heizung läuft nun wieder – bei 25 Grad Außentemperatur. Mehrere Wochen lang
       aber haben in der Robinsbalje Menschen gefroren, viele Kinder darunter, und
       [7][laut Weser-Kurier auch kranke Menschen].
       
       In 90 Prozent der Fälle von Zahlungsrückstand, so eine Statistik der SWB,
       könne in Bremen der runde Tisch „Energiesperren verhindern“ drohende Gas-
       und Stromsperren noch abwenden. Aber: „Der runde Tisch wendet sich an
       Mieter, die nicht zahlen können“, so SWB-Sprecherin Angela Dittmer. „Hier
       haben wir es ja mit dem Vermieter zu tun.“
       
       ## Gesetz greift unnötig spät
       
       Für den sei der runde Tisch nicht zuständig. „Sonst würde man es den
       Unternehmen erleichtern, Energiekosten nicht zu zahlen“, so Dittmer.
       Sprich: Weil die Mieter*innen keine Schuld an den fehlenden Zahlungen
       hatten, konnte die Hilfsstruktur ihnen nicht helfen.
       
       Greifen sollen hätte stattdessen das Wohnraumaufsichtsgesetz. Das tut es
       jetzt – allerdings unnötig spät. Theoretisch hätten die Behörden schon
       Monate vor der Gassperre entscheiden können, dem Unternehmen eine letzte
       Frist zu setzen und das Gebäude ansonsten unter Treuhand zu stellen.
       
       Der Energieversorger ist gesetzlich verpflichtet, die drohende Sperre
       rechtzeitig zu melden. Aus Behördenkreisen heißt es, die Tochterfirma SWB
       Services hätte die Wohnungsaufsicht nicht über die Demontage der Heizung
       informiert. Laut SWB hingegen habe man „in dem gesamten Prozess“
       Informationen an die Wohnungsaufsicht geschickt. Wann genau, das allerdings
       lässt sich am Dienstag nicht ermitteln – wie ja ohnehin unklar ist, wie
       lange die Gassperre schon Bestand hatte.
       
       2 May 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Immobilienkonzern-als-Vermieter/!5982828
 (DIR) [2] https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr/immobilienpleite-omega-ag-100.html
 (DIR) [3] https://www.weser-kurier.de/bremen/stadtteil-mitte/gassperre-aufgehoben-wieder-heizung-im-stubu-haus-in-bremen-doc7p2n4619lk08nfqulr4
 (DIR) [4] https://www.butenunbinnen.de/videos/huchtinger-robinsbalje-heizung-gas-sperre-versorgung-swb-100.html
 (DIR) [5] /Ungerechtfertigte-Nebenkostenerhoehung/!5765092
 (DIR) [6] https://weserreport.de/2016/05/bremen-bremen/stadtteile/sued/ghetto-debatte-huchting-polizei-ergreift-partei/
 (DIR) [7] https://www.weser-kurier.de/bremen/politik/bremen-huchting-wohnblocks-seit-wochen-ohne-heizung-doc7v6htp7m269upcjuhbe
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lotta Drügemöller
       
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