# taz.de -- Halter von Galloway-Rindern verurteilt: Teure Tierfreiheit
       
       > Dutzende entlaufene Galloways machten über Monate den Kreis Göttingen
       > unsicher. Der frühere Halter wurde jetzt wegen Tierschutzverstößen
       > verurteilt.
       
 (IMG) Bild: Galloway-Bulle Bernd 2018 nach einem Monat in Freiheit auf seiner heimatlichen Weide bei Celle
       
       GÖTTINGEN taz | Monatelang hatten Dutzende ausgebrochene
       [1][Galloway-Rinder] im vergangenen Jahr die Behörden im Landkreis
       Göttingen beschäftigt. Über die zunächst erfolglosen Einfangversuche, zu
       denen teils auch veritable Cowboys auf Pferden anreisten, berichteten
       Medien im In- und Ausland. Am Mittwoch stand der ehemalige Halter der Tiere
       in Göttingen vor Gericht. In mehreren Verfahren musste sich der Landwirt
       unter anderem wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz, Nötigung und
       Beleidigung verantworten. Der Beschuldigte hatte zuvor all diese Vorwürfe
       bestritten und gegen mehrere Strafbefehle und eine Ordnungswidrigkeit
       Einspruch eingelegt. Das Göttinger Amtsgericht verurteilte ihn nun zu einer
       Geldstrafe von 5.900 Euro.
       
       Der Strafbefehl wegen des Verstoßes gegen das [2][Tierschutzgesetz] betraf
       ein Rind, das Ende 2022 auf dem Gelände des Landwirts tot aufgefunden wurde
       und offenbar jämmerlich verendet war. Das Tier soll über Monate nicht
       ausreichend gefüttert und tierärztlich versorgt worden sein. Nach Angaben
       des Landkreises hat es beim Auffinden nur 130 statt der üblichen 400 bis
       500 Kilogramm gewogen.
       
       Überhaupt waren dem Kreis zufolge die Zustände der Galloway-Herde bereits
       seit Anfang 2019 „durchgehend auffällig“. Viele Tiere hätten in ihrem Kot
       gestanden und seien stark verschmutzt gewesen.
       
       Mindestens sechsmal hat der Bauer nach Überzeugung des Gerichts zudem eine
       Nachbarin genötigt, mit deren Familie er seit Jahren im Clinch lag. So habe
       der 59-Jähige mit seinem Trecker beziehungsweise seinem Auto einen Feldweg
       blockiert, sodass die Frau nicht zu ihrer Pferdewiese gelangen oder von
       dort wegkommen konnte. „Einmal wollte er mich mit seinem Trecker nach
       hinten drängen“, berichtete die als Zeugin geladene Betroffene vor Gericht.
       „Seine Fahrzeuge waren seine Waffen.“ Ein weiteres Mal habe der
       Beschuldigte absichtlich den Zaun ihrer Wiese umgefahren.
       
       In einem weiteren Fall hat der Landwirt nach Ansicht des Amtsgerichts gegen
       das [3][Öko-Landbaugesetz] verstoßen. Obwohl ihm im Mai 2022 das
       Bio-Zertifikat aberkannt worden war, hatte er danach mindestens zwei Rinder
       als Biofleisch vermarktet und im Internet damit geworben, dass seine
       Galloways nach der EU-Öko-Verordnung gehalten würden. Außerdem wurde gegen
       ihn eine Geldbuße verhängt, weil er ein hoch trächtiges Rind zur
       Schlachtung abgegeben hatte.
       
       ## Ausgebüxt und aufgeblüht
       
       Neben der Geldstrafe kommen auch noch Forderungen des Landkreises in Höhe
       von rund 120.000 Euro auf den Landwirt zu. Die Kreisverwaltung hat die
       Kosten für das Einfangen der Rinder auf insgesamt 355.000 Euro beziffert,
       davon soll der Bauer ein Drittel tragen. Weil er inzwischen von Bürgergeld
       in einem Wohnwagen auf seinem Grundstück lebt, wurde ein Teil des Betrags
       inzwischen durch Pfändung beglichen.
       
       Wegen der schon damals bekannten Missstände in der Herde wie
       Unterernährung, Verdreckung oder fehlender Impfungen und Ohrmarken hatte
       der Kreis im vergangenen Jahr eine Verkleinerung des etwa 80 Tiere
       umfassenden Bestandes angeordnet. Während der behördlichen
       Beschlagnahmeaktion büxten die meisten Galloways jedoch aus, mehrere
       Teilherden verdrückten sich in die umliegenden Felder und Wälder.
       
       Einmal in Freiheit, fühlten sich die Viecher offenbar pudelwohl. Auf ihrem
       Speisezettel standen Gras und Klee, aber auch Mais und Rüben – damit fraßen
       sie auch Landwirten die Ernte weg. Auf den Flächen von 13 Eigentümern
       sollen dadurch Schäden von 15.000 Euro entstanden sein. Wenn sie trinken
       wollten, planschten und soffen die Galloways aus dem umliegenden Flüsschen
       und aus Bächen. „Den Tieren geht es gut“, musste Göttingens Erste
       Kreisrätin, Doreen Fragel, damals einräumen.
       
       Versuche, die Tiere mithilfe von Polizei, Feuerwehr, Jägern und Reitern
       einzufangen, wurden mehrmals von Unbekannten auf Mountainbikes erfolgreich
       gestört. Inzwischen hat der Landkreis aber alle Rinder wieder einfangen
       können. Gegen den ehemaligen Halter wurde ein generelles Verbot für die
       Haltung von Nutztieren verhängt.
       
       9 May 2024
       
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