# taz.de -- Rechte Regierung in Holland: Born to be Wilders
       
       > Unsere Autorin schaut zurück in die Woche und sieht: blond. Über wilde
       > Haare und steile Thesen zum Islam aus den Niederlanden.
       
 (IMG) Bild: Crazy-Hair-Day-Geert vor der Presse
       
       Neulich bin ich im Internet auf ein Foto gestoßen, das einen jungen Mann
       mit dunklen Locken [1][als Freiwilligen in Israel] zeigt. Das Gesicht kam
       mir irgendwie bekannt vor, jedenfalls in einer älteren
       Wasserstoffperoxid-Version: [2][Geert Wilders, der neue starke Mann in den
       Niederlanden], der wider Erwarten und bedauerlicherweise diese Woche
       [3][eine Regierungskoalition zustande gebracht] hat.
       
       Tatsächlich sind nur zwei Prozent der Weltbevölkerung natürlich blond.
       Wilders, Sohn einer Indonesierin und eines Niederländers, gehört nicht
       dazu. Es kursiert das Gerücht, dass Blondinen in Indonesien auch eher
       selten sein sollen.
       
       Aber was Marilyn Monroe konnte, kann selbstverständlich auch ein Geert
       Wilders. Und mit Hilfe von Bleichmitteln und Mut zur Irritation steht
       inzwischen ein Rechtsextremist mit weißblonder Mozart-Frisur vor uns und
       regiert im flachen Nachbarland.
       
       Und spätestens jetzt ist klar: Wir müssen uns auf eine völlig neue Welt
       einstellen! Die rechten Männer sind nicht mehr an ihren zackigen
       Kurzhaarschnitten zu erkennen, sondern an ihren schrägen Frisuren. Born to
       be Wilders! (Man denke nur an [4][Maximilian Krah], auch so ein Fall.)
       Statt deutscher Schäferhunde liebt Wilders außerdem Katzen – die faulsten,
       undiszipliniertesten, launischsten und dabei anspruchsvollsten aller
       Haustiere. Wilders folgen rund 1,4 Millionen Menschen auf X/Twitter,
       während er selbst nur einer einzigen Person folgt: „Snoetjeen Pluisje“,
       einem Katzen-Account, das zwei übergewichtige Stubentiger in Endlosschleife
       zeigt.
       
       Der Cat-Mann, der die Niederlande mit seiner Islamophobie, seinem Rassismus
       und seinem Anti-EU-Kurs prägen will, hat eine lupenreine
       Weltbürger-Biografie: Er stammt aus einer Multi-Kulti-Ehe, hat auf
       indonesischer Seite [5][eine muslimische Urgroßmutter], hat im Ausland
       Freiwilligendienst geleistet und dann auch noch eine Ungarin jüdischer
       Herkunft geheiratet.
       
       Ich denke, damit dürfte völlig klar sein, dass er sich als Rechtsextremer
       disqualifiziert hat. Außerdem ist er das einzige Mitglied seiner Partei
       PVV. Er ist sich einfach selbst genug. Das atmet auch nicht gerade den
       Geist völkischer Kameradschaft. Ich petze ja eigentlich nicht, aber bei
       Wilders muss man einfach eine Ausnahme machen und sollte ihn beim
       Kontroll-Komitee für Kameraden (KKK) wegen Globalismus anzeigen.
       
       Und seien wir ehrlich: In Deutschland sind die Rechtsradikalen auch nicht
       mehr das, was sie mal waren. Die AfD-Bundestagsfraktion wird von der
       lesbischen Alice Weidel geführt, die wiederum mit einer aus Sri Lanka
       stammenden Schweizerin verheiratet ist und mit ihr Kinder großzieht. Als
       Lesbe! Kinder! Entschuldigung, aber diese Lebensweise gehört doch wohl dem
       linksliberalen Milieu. Das hat rechtsaußen nichts zu suchen. Auf diese
       Weise wird das rechtsradikale Familienbild zersetzt – von innen!
       
       ## Wilders' wilde Haare
       
       Wie aus gut informierten Kreisen bekannt wurde, will Wilders jedenfalls
       nicht weniger, als die Europäische Union radikal verändern. Jeden
       Dienstag soll in Brüssel und in Straßburg in Zukunft Crazy-Hair-Day sein.
       Dafür würde er im Gegenzug auf die crazy Einwanderungsgesetze im wilden
       Holland verzichten.
       
       Möglicherweise würde der Geert auch zu weiteren Zugeständnissen bereit
       sein, würden die Sterne auf der EU-Flagge durch Katzenpfötchen ersetzt.
       Aber in diesem Punkt stellen sich beide Seiten schon jetzt auf längere
       Verhandlungen ein. Bekanntlich ist ja keine Spaltung so tief wie die
       zwischen Katzen- und Hundefreunden. Also, unter uns Menschen.
       
       Immerhin, so hat Wilders versichert, hasst er nur den Islam. Gegen
       Muslime hat er eigentlich gar nichts. Ist das nicht ermutigend? Er kann
       zwischen einer Religion und denen, die sie vielleicht oder vielleicht auch
       nicht ausüben, unterscheiden! Können längst nicht alle. Also, Geert Wilders
       ist ein Muslim*innenfreund. Dass die Anhänger*innen des Islam Muslime
       heißen, hat ihm offenbar noch niemand gesagt. Und dabei sollte man es wohl
       besser auch belassen.
       
       19 May 2024
       
       ## LINKS
       
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