# taz.de -- Krieg in Darfur eskaliert: Warnung vor Völkermord
       
       > Der UN-Sicherheitsrat konstatiert starken Anstieg ziviler Opfer in
       > bewaffneten Konflikten. UN-Beauftragte schlägt für Sudans Westregion
       > Darfur Alarm.
       
 (IMG) Bild: Ein Flüchtling aus Darfur in Tschad zeigt Bilder seiner ermordeten Angehörigen, Juli 2023
       
       BERLIN taz | Die gegenwärtige Lage ist von allen Anzeichen eines
       Völkermordrisikos gezeichnet, und es gibt belastbare Vorwürfe, dass dieses
       Verbrechen bereits begangen worden ist“: Mit dieser Beschreibung der
       Situation in Sudans Westregion Darfur hat die UN-Sonderbeauftragte für
       Völkermordprävention, Alice Wairimu Nderitu, am Dienstag bei den Vereinten
       Nationen Alarm geschlagen.
       
       Anlass war eine für alle UN-Mitgliedsstaaten offene [1][Sondersitzung des
       UN-Sicherheitsrats über den Schutz von Zivilisten in bewaffneten
       Konflikten], mit dem entsprechenden [2][UN-Jahresbericht] als Vorlage. Das
       Dokument nennt die Lage von Zivilbevölkerungen in Konfliktgebieten weltweit
       im vergangenen Jahr „durch und durch düster“, mit einer Zunahme der
       bestätigten zivilen Toten um 72 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
       
       Hauptgrund dafür sei der Konflikt in Gaza – aber es gebe auch 219.000 Tote
       und Verwundete in der Demokratischen Republik Kongo sowie 12.260 Tote und
       33.000 Verwundete in Sudan.
       
       Die Eskalation des Krieges zwischen Sudans Regierungsarmee und der
       paramilitärischen Miliz RSF (Rapid Support Forces) bereitet derzeit am
       meisten Sorgen. Schätzungen zufolge sind in der Region Darfur bereits viel
       mehr Zivilisten getötet worden, als von der UN gezählt. Die Kämpfe
       fokussieren sich derzeit auf El Fasher, die einzige der fünf
       Provinzhauptstädte Darfurs unter Regierungskontrolle.
       
       ## Beide Seiten treffen auch zivile Ziele
       
       Beide Kriegsparteien sind in El Fasher präsent, die Regierung im
       Stadtzentrum und im Westen und Süden, die RSF im Norden und Osten. Die
       Stadt ist Zufluchtsort für Hunderttausende Kriegsflüchtlinge aus anderen
       Regionen; 1,8 Millionen Menschen drängeln sich in der Stadt und den
       riesigen Flüchtlingslagern drumherum.
       
       Am 10. Mai begann die RSF, Armeepositionen in El Fasher zu bombardieren,
       worauf die Armee mit Luftangriffen auf RSF-Stellungen antwortete. Beide
       Seiten treffen dabei auch zivile Ziele. Das Hilfswerk Ärzte ohne Grenzen
       berichtete am Dienstag, in El Fashers einzigem noch funktionsfähigen
       Krankenhaus seien seit Beginn der Kämpfe 707 Verwundete eingeliefert
       worden; 85 von ihnen seien inzwischen gestorben.
       
       Dass die RSF El Fashers die Zivilbevölkerung aufgerufen hat, sich „von
       Kampfzonen fernzuhalten“, und die Einrichtung „sicherer Korridore“ zur
       Flucht anbot, erscheint wie ein schlechter Witz. Sudanesische Beobachter
       verdächtigen die RSF, deren Vorgängermiliz Janjaweed vor 20 Jahren
       mutmaßlich Genozid an aufständischen Volksgruppen in Darfur verübte, erneut
       massive ethnische Säuberungen anzustreben.
       
       Am Montag starben nach einem [3][Bericht des Informationsdienstes „Darfur
       24“] acht Menschen, als die RSF den zentralen Markt von El Fasher beschoss.
       Am Dienstag wurde das Vertriebenenlager Abu Shouk bombardiert. Am Sonntag
       waren RSF-gehaltene Stadtteile fast pausenlos von Sudans Luftwaffe
       bombardiert worden, [4][meldete der unabhängige Radiosender Dabanga].
       Zivilisten seien auf der Flucht aus der Stadt. Gesicherte Versorgungswege
       gibt es nicht, ebenso wenig Strom und Wasser.
       
       Beim UN-Sicherheitsrat monierte die kenianische UN-Sonderbeauftragte Alice
       Wairimu, anders als für den Einsatz von Kindersoldaten oder für
       sexualisierte Kriegsverbrechen gebe es für die Prävention von Völkermord
       keine jährliche UN-Bestandsaufnahme. Sie forderte, das zu ändern.
       
       „Genozid passiert nicht über Nacht“, sagte sie. „Genozid ist Teil eines
       Prozesses, der gut geplant, vorbereitet und ausgeführt wird.“ Dies zeige
       sich aktuell in Sudan.
       
       22 May 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://press.un.org/en/2024/sc15702.doc.htm
 (DIR) [2] https://documents.un.org/doc/undoc/gen/n24/110/29/pdf/n2411029.pdf?token=p40gYAkzr3Re6uAOeS&fe=true
 (DIR) [3] https://www.darfur24.com/en/2024/05/22/10-civilian-killed-as-clashes-in-el-fasher-between-army-rsf/
 (DIR) [4] https://www.dabangasudan.org/en/all-news/article/rsf-bombs-hit-north-darfur-capital-and-displaced-camp
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
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