# taz.de -- Wertediktatur im Jahr 2059: Kiffen und nackt baden
       
       > 2059, die deutsche Wertediktatur hat über die Vernunft des Bösen gesiegt.
       > Gleichberechtigung, Liberalität und Demokratie sind der Status Quo.
       
 (IMG) Bild: Nackt einen rauchen am See und dazu eine vegane Bratwurst
       
       Früher wollten alle wissen, was sie erwartet, heute haben die meisten schon
       von der Gegenwart genug. Wir blicken trotzdem einmal monatlich jeweils ein
       weiteres Jahr voraus 
       
       Wir schreiben das Jahr 2059. Wovor viele Mahner, von [1][Islamisten] über
       [2][Rechtsradikale] bis hin zu verbitterten Hobbymenschenhassern, jahrelang
       gewarnt hatten, hat sich aufs Furchtbarste bewahrheitet: Die deutsche
       Wertediktatur hat über die Vernunft des Bösen gesiegt und hält die Freiheit
       des Stärkeren fest in ihrem Würgegriff. Aufrechte Autokraten ächzen unter
       dem flauschigen Joch von Gleichberechtigung, Liberalität und Demokratie.
       
       Statt Kalifat, Faschismus oder Kaiserreich herrscht ein Tohuwabohu aus
       Gendergaga, Grundgesetzlala, Klimatrara, Homohaha, veganen Schweinswürsten,
       freien Wahlen, Minderheitenschutz, Emanzipation, Fahrradwegen, [3][kiffen
       und nackt baden].
       
       Letzteres ist allerdings auch für meinen streng katholischen Futurologen
       Zbigniew gewöhnungsbedürftig. „In Binz kam schon auf dem Bahnsteig die
       Lautsprecherdurchsage: ‚Alle sofort Hosen runter!‘ “, berichtet er mir
       aufgeregt von seinem jüngsten Urlaub auf Rügen. „Aber nach ein paar Tagen
       gewöhnt man sich dran. Und am Abend auf der Restaurantterrasse durfte man
       sich obenrum sogar was überziehen.“
       
       ## Moralischer Druck
       
       Theoretisch hätte er sich weigern können. Doch die Strafen für die
       Rebellen, die sich der Wertediktatur nicht unterwerfen wollen, sind so
       gesalzen, wie es sich für eine Diktatur geziemt – grausame Sanktionen in
       Form von heftigem Widerspruch: „Mach, was du willst“, wird so einem
       wagemutigen Wertediktaturgegner dann leise ins Gesicht gesagt, „aber toll
       finden wir das nicht!“
       
       Oder, noch schlimmer, es wird moralischer Druck auf Leute ausgeübt, die
       einfach nur in Ruhe ihr toxisches Ding machen wollen. In passiv-aggressiver
       Manier werden sie daraufhin naseweis belehrt: „Gründe von mir aus ruhig
       dein mörderisches Kalifat. Aber wundere dich dann bitte nicht, wenn Leute
       das nicht mögen.“
       
       Derart überzogene Kritik regt zum Widerstand gegen die Wertediktatur an.
       Und wenn schon Wertediktatur, dann bitte wenigstens nicht solche
       Pussywerte für die Ponyhofgesellschaft, sondern lieber old-school values
       wie Antisemitismus und Patriarchat. Denn wie schön war es noch 2025, als
       queere Werteliberale die absolute Freiheit hatten, noch am Baukran hängend
       die revolutionären Segnungen der Hamas zu preisen, was in der heutigen
       Wertediktatur mit ihrer blinden Ablehnung totalitärer Bestrebungen aller
       Art streng verpönt wäre. Das ist finsterste Zukunft. Wo ist nur die
       Toleranz für Intoleranz geblieben?
       
       26 May 2024
       
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