# taz.de -- Nach dem Messerangriff in Mannheim: Trauer und politische Rituale
       
       > Nach dem Angriff von Mannheim herrscht Bestürzung über den Tod eines
       > Polizisten. Die Politik fordert mehr Härte bei Abschiebungen und
       > Islamismus.
       
 (IMG) Bild: Polizist:innen gedenken des bei einem Messerangriff getöteten Kollegen am 2.6. in Mannheim
       
       BERLIN taz | Die Trauer hielt am Montag an. Ein breites Bündnis hatte für
       den Abend auf den Mannheimer Marktplatz geladen, zu einer Kundgebung
       „Mannheim hält zusammen“, eingeladen von Oberbürgermeister Christian Specht
       (CDU), den Gemeindefraktionen und Religionsgemeinschaften. Drei Tage zuvor
       hatte dort ein 25-Jähriger eine Kundgebung [1][des Anti-Islam-Aktivisten
       Michael Stürzenberger] mit einem Messer attackiert und diesen wie [2][fünf
       weitere Personen teils schwer verletzt]. Darunter auch den Polizisten
       Rouven L. – der am Sonntag seinen Verletzungen erlag.
       
       Der Todesfall löste breite Anteilnahme aus. Kanzler Olaf Scholz (SPD)
       erklärte, die Nachricht bestürze ihn „zutiefst“. An Extremisten gerichtet
       sagte er: „Wir sind ihre härtesten Gegner.“ Man werde „mit allen Mitteln
       unseres Rechtsstaats“ vorgehen. Durch alle Parteien zeigten sich
       Politiker:innen betroffen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD)
       verkündete für die Bundespolizei Trauerflor, Gleiches tat
       Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU). Für Freitag war eine
       Schweigeminute geplant, im Stuttgarter Landtag gab es diese bereits am
       Montag.
       
       Die Polizei Baden-Württemberg würdigte den 29-jährigen Rouven L. als „ruhig
       und bedacht im Handeln und immer mit einem freundlichen, offenen Lächeln
       gegenüber jeder und jedem“. Bei einer [3][Online-Spendensammlung] für die
       Familie von Rouven L. und seine Kolleg*innen kamen innerhalb kürzester
       Zeit gut 300.000 Euro zusammen. Die Organisatoren kündigten an, das Geld
       nun auch für ähnlich gelagerte Fälle in der „Polizeifamilie“ zu verwenden.
       
       Das Motiv der Tat blieb auch am Montag ungeklärt. Der Tatverdächtige sei
       weiter nicht vernehmungsfähig, sagte eine Sprecherin des LKA der taz.
       Sulaiman A. war nach dem Angriff von einem Polizisten niedergeschossen
       worden. Laut Polizei war er 2014 aus Afghanistan nach Deutschland gekommen,
       lebte zuletzt in Heppenheim mit seiner Frau und zwei Kindern. Privat
       trainierte er Taekwondo.
       
       Laut Welt wurde sein Asylantrag bereits 2014 abgelehnt, er habe später aber
       wegen der Kinder eine befristete Aufenthaltsgenehmigung bekommen. Weder
       Polizei noch Verfassungsschutz war Sulaiman A. bisher aufgefallen. Erste
       Auswertungen der bei ihm beschlagnahmten Datenträger sollen nach
       taz-Informationen unauffällig ausgefallen sein.
       
       ## CDU sieht „massives Problem mit Islamismus“
       
       Dennoch entbrannte eine Debatte über mehr Härte gegen [4][Islamismus] und
       in der Migrationspolitik. CDU-Chef Friedrich Merz, forderte „harte
       Konsequenzen“ für die Tat, „auch für diejenigen, die mit dem Täter
       sympathisieren“. [5][CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann] sprach von
       einem „massiven Problem in Deutschland mit Islamismus“. Wer sich
       hierzulande nicht an die Gepflogenheiten halte oder gar morde, „der hat
       hier einfach nichts zu suchen“. Es müssten endlich Abschiebungen nach
       Afghanistan ermöglicht werden. Gleiches forderte die AfD.
       
       Faeser erklärte, sollte sich ein islamistisches Motiv bestätigen, „dann
       zeigt das, wie stark wir weiter islamistischem Terror entgegentreten
       müssen“. Die Sicherheitsbehörden hätten die Szene fest im Visier und würden
       den Kampf noch verstärken. Noch aber blieben die Ermittlungen abzuwarten.
       Für Abschiebungen von Straftätern und Gefährdern nach Afghanistan hatte
       sich Faeser zuletzt offen gezeigt – hier gibt es aber rechtliche und
       praktische Hürden.
       
       Auch [6][Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP)] erklärte, man müsse
       sich „gegen den islamistischen Terror zur Wehr setzen“. Die
       Sicherheitsbehörden werde man dafür finanziell „weiter stärken“. Lindner
       hatte zuletzt allerdings auch für das Bundesinnenministerium und die
       Sicherheitsbehörden Sparvorgaben gemacht. Was seine Ansage konkret
       bedeutet, wollte sein Ministerium auf taz-Nachfrage nicht sagen: Man wolle
       den laufenden Verhandlungen für den Bundeshalt 2025 nicht „vorweggreifen“,
       erklärte eine Sprecherin.
       
       ## Auch in der Ampel gibt es Forderungen
       
       Der [7][Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz] sagte der taz, die Tat
       von Mannheim müsse noch ausermittelt werden, aber ein islamistisches Motiv
       sei naheliegend. „Die Herausforderung, vor der wir stehen, ist,
       entschlossen, scharf und wehrhaft gegen radikale Islamisten vorzugehen und
       alle Mittel unseres Rechtsstaates zu nutzen, gleichzeitig differenziert zu
       bleiben und als Gesellschaft zusammenzubleiben“. Eine weitere Spaltung des
       Landes nutze nur Islamisten, Rechtsextremisten und Demokratieverächtern.
       
       Der FDP-Innenpolitiker Manuel Höferlin sagte der taz, die
       Vorgängerregierungen hätten bei der Inneren Sicherheit zu lange verwaltet,
       statt zu modernisieren. Die Ampel aber habe einen „Paradigmenwechsel“
       angestoßen, die Bundespolizei werde mit modernen Eingriffsbefugnissen
       gestärkt. „Jetzt sind die Länder in der Pflicht nachzuziehen und die
       Landespolizeien zu stärken.“ Faeser müsse hier ein abgestimmtes Vorgehen
       mit den Ländern vereinbaren, so Höferlin. „Wir werden den islamistischen
       Terrorismus konsequent bekämpfen und die Sicherheitsbehörden so ausstatten,
       dass sie noch besser gegen Extremisten vorgehen können.“
       
       Der SPD-Innenpolitiker Sebastian Fiedler, [8][einst Polizist], betonte
       dagegen, zunächst sei eine Zeit der Trauer angezeigt. Viele der aktuellen
       Forderungen seien Ausdruck des Schmerzes, aber auch eine „gefühlten
       Hilflosigkeit oder eines politischen Rituals“. Ob mit oder ohne
       islamistisches Motiv blieben Gewalttaten von bislang polizeilich
       unbekannten Tätern, die „mit Abstand größte Herausforderung für die
       Sicherheitsbehörden“. Man müsse aber „alles in unserer Macht Stehende tun,
       um künftige Taten zu verhindern“.
       
       Fiedler forderte hier vor allem „dringend“ Finanzmittel für eine geplante
       Bundesakademie für Prävention und Kriminalwissenschaften. Bei der
       Prävention segle man „noch im Blindflug oder nach der Devise Versuch und
       Irrtum“. Ob es diese Gelder gibt, hängt aber auch hier an Finanzminister
       Lindner.
       
       3 Jun 2024
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [3] https://www.gofundme.com/f/354dnj-mannheim
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 (DIR) [8] /Sebastian-Fiedler-und-die-SPD/!5747466
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Konrad Litschko
       
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