# taz.de -- Deutschlands Rolle im Nahost-Konflikt: Gedankenspiele über Gaza
       
       > Baerbock erwägt die deutsche Beteiligung an einem Friedenseinsatz in
       > Gaza. Zahlreiche Bedingungen müssten vorher erfüllt sein. Allen voran:
       > Frieden.
       
 (IMG) Bild: Wer wird den Frieden sichern, wenn er jemals kommt? Palästinenser betrachten die Zerstörung im Jabalia-Flüchtlingslager
       
       BERLIN taz | Werden bald deutsche Soldaten nach Gaza geschickt?
       Außenministerin Annalena Baerbock kann sich zumindest einen Beitrag
       Deutschlands zu internationalen „Schutztruppen“ in Gaza vorstellen. Dies
       sagte sie am Samstag bei einem kleinen Parteitag ihrer Grünen in Potsdam:
       „Wenn es jetzt nicht nur einen Wiederaufbau braucht, sondern eine
       internationale Schutztruppe, die dafür garantiert, dass wir endlich zu
       Frieden im Nahen Osten kommen, dann ist das auch unser gemeinsamer
       Auftrag.“
       
       Noch ist ein solches Szenario allerdings denkbar theoretisch. Erste
       Bedingung dafür wäre ein Ende des Krieges im Gazastreifen, doch ein solches
       ist noch immer nicht in Sicht.
       
       Zwar steigt insbesondere von US-Seite der Druck auf den israelischen
       Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, ein Ende des Krieges
       herbeizuführen. Am Freitag hatte [1][US-Präsident Joe Biden der Hamas] ein
       Angebot zur Beendigung des Krieges unterbreitet und dieses als „neue
       Initiative“ aus Israel bezeichnet.
       
       Seitdem kommen aus Israel zurückhaltende Stellungnahmen dazu. Am Montag
       erklärte Netanjahu, dass die von Biden vorgelegten Bedingungen „nicht
       korrekt“ seien. „Der Krieg wird unterbrochen, um die Geiseln
       zurückzubringen, und danach werden wir Gespräche führen“, so Netanjahu.
       Israel habe aber nie zugestimmt, sein Militär als Teil einer Vereinbarung
       vollständig aus dem Gazastreifen abzuziehen, hatte kurz zuvor der
       US-Nachrichtensender NBC News einen hochrangigen israelischen Beamten
       zitiert.
       
       ## Der Knackpunkt bleibt
       
       Derweil setzte Israel seine Angriffe im Gazastreifen unvermindert fort. Wie
       Krankenhäuser in dem Palästinensergebiet mitteilten, gab es bei
       israelischen Luftangriffen in der Nacht zu Montag mindestens 19 Tote.
       
       Der Knackpunkt, der seit Monaten eine Einigung zu Gaza torpediert, bleibt
       also: Israel will den Krieg nicht beenden, bevor die Hamas endgültig
       zerstört ist. Hamas will einen Geiseldeal nur mit einem längerfristigen
       Waffenstillstand. Und die rechtsextremen Minister Itamar Ben Gvir und
       Bezalel Smotrich drohen, aus der Koalition auszusteigen, sollte die
       Regierung Bidens Plan annehmen.
       
       Darüber hinaus gibt es noch immer keinen tragfähigen Plan für den
       Gazastreifen nach dem Krieg. Innerhalb der israelischen Regierung wird um
       die Frage nach der zukünftigen israelischen Präsenz im Gazastreifen
       gerungen. Während Teile der Regierung, allen voran die Siedler*innen
       unter den Kabinettsmitgliedern, eine israelische Besiedlung des
       Gazastreifens bewerben, schließt etwa Verteidigungsminister Joaw Gallant
       diese aus. Einigkeit herrscht in der israelischen Regierung jedoch über
       eines: Die israelische Sicherheitskontrolle über den Gazastreifen muss
       bestehen bleiben.
       
       Allerdings kommt in der letzten Zeit etwas Bewegung in die Frage nach den
       Plänen für die Nachkriegszeit. Überraschend erklärte vor einer Woche der
       Premierminister der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mohammad Mustafa,
       seine Regierung bereite sich darauf vor, [2][alle palästinensischen Gebiete
       einschließlich des Gazastreifens zu regieren.]
       
       ## Fragen, so offen wie theoretisch
       
       US-amerikanischen [3][Medienberichten] [4][zufolge] tüfteln auch die USA an
       Plänen für ein Nachkriegs-Gaza und erwägen die Ernennung eines
       US-Vertreters zum Berater einer mehrheitlich palästinensischen Truppe in
       Gaza, wenn der Konflikt zwischen Israel und Hamas beendet ist. In dem
       Bericht heißt es, das Weiße Haus versuche, andere Staaten wie Ägypten,
       Marokko und die Vereinigten Arabischen Emirate davon zu überzeugen, sich
       einer Friedenstruppe für Gaza anzuschließen. Möglicherweise steht Baerbocks
       Äußerung in einem Zusammenhang mit diesen Gedankenspielen.
       
       Ein entsprechender Bundeswehreinsatz müsste zunächst vom Bundestag
       mandatiert werden. So offen wie theoretisch ist dabei die Frage, in welchem
       Rahmen ein solcher Einsatz stattfinden würde, ob etwa als EU-Mission oder
       als UN-Mission.
       
       Dass es zu einer solchen Mission kommt, setzt viele andere Schritte voraus.
       Selbst wenn es zu einem Waffenstillstand in Gaza käme, müssten sich alle
       fünf Vetomächte im UN-Sicherheitsrat auf ein UN-Mandat für eine
       internationale Truppe in Gaza verständigen. Dafür müssten die beteiligten
       Parteien, die das Gebiet mit ihren Streitkräften kontrollieren, einer
       solchen Mission zustimmen. Dann erst wäre eventuell Deutschland am Zug.
       
       3 Jun 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Druck-auf-Regierungschef-Netanjahu/!6014301
 (DIR) [2] /Anerkennung-von-palaestinensischem-Staat/!6011492
 (DIR) [3] https://www.politico.com/news/2024/05/23/us-postwar-gaza-00159723
 (DIR) [4] https://www.ft.com/content/063e4b92-753a-4c9a-bbd4-e1ed40d20c62
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Judith Poppe
       
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