# taz.de -- Debütalbum von Rapperin J Noa: Bachata statt Machismo
       
       > Die 18-jährige Rapperin J Noa aus der Dominikanischen Republik mischt mit
       > ihrem Debütalbum „Mátense por la Corona“ die HipHop-Szene auf.
       
 (IMG) Bild: Erhöhte Alarmbereitschaft, J Noa ist im Flow
       
       Nein, das ist kein Corona-Album. „Mátense por la corona“ lässt sich mit
       „Tötet euch für die Krone“ übersetzen. In den Reimen des Songs geht es um
       Macht, um Selbstbehauptung und darum, wer hier wem etwas zu sagen hat.
       
       Und die Zielrichtung wird schnell klar: Mit beeindruckend schneller Zunge
       und messerscharfen, teils düsteren Freestyle-Reimen zieht die Rapperin J
       Noa ihre Zuhörer*innen direkt in eine Rap-Battle hinein.
       
       Das 18-jährige dominikanische Rap-Talent trägt mittlerweile den Spitznamen
       „La Hija del Rap“ (Die Tochter des Rap). Und momentan ist J Noa gerade
       dabei, die HipHop-Welt im Sturm zu erobern. 2023 hat die Künstlerin bereits
       eine Nominierung für den Latin Grammy abgestaubt und ist bei der
       Konzertreihe „Tiny Desk“ des US-Radiosender NPR aufgetreten.
       
       ## Ihr doch egal
       
       Mit ihrem nun veröffentlichten Debütalbum zeigt die Newcomerin, dass sie zu
       den wichtigsten neuen Stimmen im Rap gehört.Schon beim Auftakt „Arrogante“
       lässt J Noa keinen Zweifel daran, dass sie ihre Stimme gefunden hat und
       diese unerschrocken erhebt. „Lo que dicen de mí no me importa …“ (Was sie
       über mich sagen, ist mir egal), reimt sie selbstbewusst. Mit lyrischer
       Raffinesse und kraftvoller Präsenz inszeniert sie sich als selbstbestimmte
       schwarze junge Frau, die auf ihre dominikanische Identität stolz ist.
       
       Was die Texte des Albums angeht, navigiert sie sich damit durch
       verschiedene Facetten des Alltagslebens in der Dominikanischen Republik –
       [1][von Rassismus, der vom wiedergewählten Präsidenten Luis Abinader
       insbesondere gegen Migranten aus Haiti hochgehalten wird], über mentale
       Gesundheit und der Angst vor einer Welt, in der das Böse notwendig zu sein
       scheint, bis hin zu Chancengleichheit in Sachen Bildung.
       
       Dabei verwebt die Rapperin persönliche Geschichten mit gesellschaftlichen
       Analysen: „Urbaner Journalismus“, nennt J Noa das. „Ich erzähle von meiner
       Frustration und davon, wie Drogen, Tod und Materialismus meine
       Nachbarschaft vergiften – eine Reportage der Straße.“ Jene Themen greift
       sie in der Single „Era de Cristal“ auf. Eine poetische Reflexion über
       Aussichtslosigkeit und Depression, einer der wenigen Songs des Albums, der
       nachdenkliche Töne anschlägt.
       
       ## Abwechslungsreich karibisch
       
       Musikalisch sind ihre Tracks oft unterlegt mit abwechslungsreichen
       karibischen Beats wie Bachata, Merengue Típico und [2][Dembow, ein
       wichtiger Riddim auch in der jamaikanischen Dancehall.] Manchmal klingt J
       Noa fast etwas zu abwechslungsreich, wenn nach ruhigem Lofi-Trap auf einmal
       harte Gitarrenriffs jäh den gerade noch träumerischen Flow durchbrechen.
       Doch sobald J Noa zu einem neuen Vers ansetzt, zieht sie ihre
       Zuhörer*innen wieder mit ihrem – wortwörtlich – atemberaubenden Tempo
       in den Bann.
       
       Die junge Musikerin wuchs als Nohelys Jiménez in bescheidenen Verhältnissen
       in der Stadt San Cristóbal bei ihrer alleinerziehenden Mutter auf. Von
       klein auf beobachtete sie die Jungs ihres Barrío beim Battle-Rap, bis sie
       bald selbst loslegte und bereits als 16-Jährige von Sony Music unter
       Vertrag genommen wurde.
       
       Oft als einzige Künstlerin in der Runde, thematisiert sie die patriarchal
       geprägte Rap-Szene und bezieht klare Position für „Anti-Machismo“. Erst im
       vergangenen April behauptete sie sich als einzige Frau und jüngste
       Künstlerin bei ihrem Auftritt auf einem Festival in Santo Domingo vor
       45.000 Zuschauer*innen.
       
       Im Track „Mátense por la corona“ ruft sie zu sozialer Gerechtigkeit auf,
       während er zugleich vom Streben nach Selbstbestimmung handelt. „Ihr könnt
       euch um die Krone schlagen, aber die Königin der Piñata, sie schlägt sich
       nicht um Bonbons“, rappt J Noa, begleitet von einem Bläser-Arrangement, das
       das Stück mit jazzigem Vibe untermalt. Die Verse kommen der 18-Jährigen so
       schnell über die Lippen, dass kurz die Befürchtung aufkommt, ihre Zunge
       müsse sich gleich verknoten.
       
       Doch die Sorge bleibt unberechtigt: J Noa lacht zwischendurch entspannt –
       und beweist mit ihrem Debütalbum, dass sie sich ihr Krönchen in der
       HipHop-Szene bereits verdient hat.
       
       6 Jun 2024
       
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