# taz.de -- +++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Ringen um Abkommen geht weiter
       
       > US-Außenminister Blinken reist erneut nach Nahost, Katar droht der Hamas
       > mit Rausschmiss, und vor der deutschen Botschaft in Tel Aviv gab es
       > Festnahmen nach Protesten.
       
 (IMG) Bild: Palästinenser begutachten die Schäden nach einem israelischen Angriff auf eine vom UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA betriebene Schule im Flüchtlingslager Nuseirat
       
       ## 50 Tote bei Einsätzen im zentralen Gazastreifen
       
       Nach der Befreiung von vier aus Israel entführten Geiseln melden
       Palästinenser Dutzende Tote bei Angriffen der Armee auf das
       Flüchtlingslager Nuseirat sowie die Stadt Deir al-Balah im Zentrum des
       Gazastreifens. [1][50 Menschen wurden getötet] und Dutzende weitere
       verletzt, wie es aus medizinischen Kreisen im Gazastreifen am Samstag hieß.
       Es war zunächst unklar, ob die Menschen bei den zwei Einsätzen der Armee
       zur Rettung der Geiseln in Nuseirat ums Leben kamen. (dpa)
       
       ## Gantz sagt Pressekonferenz zu möglichem Rücktritt vorerst ab
       
       Der Minister im israelischen Kriegskabinett und [2][politische Rivale von
       Regierungschef Benjamin Netanjahu, Benny Gantz], hat seine für Samstagabend
       angekündigte Pressekonferenz abgesagt. Der Termin sei verschoben worden,
       berichteten israelische Medien. Zuvor war darüber spekuliert worden, dass
       Gantz bei der Pressekonferenz seinen Rücktritt aus Netanjahus Regierung
       verkünden wolle.
       
       Die Berichte über die Absage der Pressekonferenz fielen mit der Mitteilung
       der israelischen Armee zusammen, dass sie vier israelische Geisel aus der
       Gewalt der Hamas befreit habe.
       
       Gantz hatte Mitte Mai mit seinem Rücktritt gedroht, sollten Netanjahu und
       seine rechtsreligiöse Regierung bis zum 8. Juni keinen Nachkriegsplan für
       den Gazastreifen vorlegen. Er setzte dem Ministerpräsidenten eine Frist bis
       Samstag. (afp)
       
       ## Vier Hamas-Geiseln lebend aus Gazastreifen befreit
       
       Acht Monate nach dem Großangriff auf Israel sind [3][vier Geiseln] lebend
       aus der Gewalt der Hamas gerettet worden. Sie seien am Samstagmorgen bei
       einer „komplexen“ Befreiungsaktion in Nuseirat im Zentrum des Gazastreifens
       in Sicherheit gebracht worden, teilte die israelische Armee mit. Alle vier
       seien bei guter Gesundheit, teilte die Armee mit. Sie seien zur
       Untersuchung in ein Krankenhaus in Israel gebracht worden.
       
       Die vier Israelis waren demnach beim Großangriff der radikalislamischen
       Hamas am 7. Oktober verschleppt worden, als sie ein Musikfestival im Süden
       Israels besuchten. Bei den befreiten Geiseln handelt es sich nach
       Armeeangaben um die 26-jährige Noa Argamani, den 22-jährigen Almog Meir
       Jan, den 27-jährigen Andrey Kozlov und den 41-jährigen Schlomi Ziv. (afp)
       
       ## Ein Toter nach Armeeeinsatz im Westjordanland
       
       Bei Zusammenstößen während eines israelischen Armeeeinsatzes ist
       palästinensischen Angaben zufolge ein Mann getötet worden. Dem 22-Jährigen
       sei in den Rücken geschossen worden, teilte ein Krankenhaus in der Stadt
       Tulkarem mit. Israles Armee soll bei dem Einsatz in dem nahegelegenen Ort
       Anabta palästinensischen Medienberichten zufolge auch zwei Personen
       festgenommen haben. Das Militär teilte auf Anfrage mit, die Berichte zu
       prüfen.
       
       Die Lage im besetzten Westjordanland hat sich seit Beginn des Kriegs
       zwischen Israel und der islamistischen Hamas im Gazastreifen am 7. Oktober
       noch einmal deutlich verschärft. Seitdem wurden nach Angaben des dortigen
       Gesundheitsministeriums mehr als 500 Palästinenser bei israelischen
       Militäreinsätzen, Konfrontationen oder eigenen Anschlägen getötet. (dpa)
       
       ## Protest vor deutscher Botschaft in Tel Aviv
       
       Bei einem Protest vor der deutschen Botschaft in Tel Aviv gegen
       Waffenlieferungen an Israel sind einem israelischen Medienbericht zufolge
       fünf deutsche und israelische Aktivisten festgenommen worden. Die
       Demonstranten seien viele Stunden verhört, inzwischen aber wieder
       freigelassen worden, meldete die Tageszeitung Haaretz unter Berufung auf
       ihren Anwalt am Samstag.
       
       Es war zunächst unklar, ob und wie viele von ihnen tatsächlich deutsche
       Staatsbürger sind. Eine Gruppe deutscher und israelischer Kriegsgegner
       hatte sich demnach am Freitag vor dem Eingang der Deutschen Botschaft in
       Tel Aviv aneinander gekettet.
       
       Mit der Aktion wollten sie eigenen Angaben zufolge die deutsche Regierung
       dazu aufrufen, Waffenlieferungen an Israel einzustellen und sich für einen
       Waffenstillstand im Gaza-Krieg einzusetzen. „Israel begeht einen Genozid in
       Gaza“, so die Gruppe. Auf Aufnahmen in sozialen Medien war ein kleiner
       Protest mit nur wenigen Teilnehmern zu sehen.
       
       Vier Aktivisten wurden der Haaretz zufolge wegen Störung der öffentlichen
       Sicherheit und Ordnung festgenommen, ein weiterer Demonstrant wegen eines
       mutmaßlichen Angriffs auf einen Polizisten. Israels Polizei äußerte sich
       auf Anfrage zunächst nicht zu dem Vorfall.
       
       Die Polizei wollte die Demonstranten dem Bericht zufolge zunächst bis
       Dienstag in Gewahrsam nehmen und dann einem Richter vorführen. Ihr Anwalt
       habe aber Berufung vor dem zuständigen Amtsgericht in Tel Aviv eingelegt.
       Der Richter ordnete den Angaben nach die Freilassung der Demonstranten an.
       (dpa)
       
       ## US-Außenminister reist erneut nach Nahost
       
       Die USA unternehmen einen weiteren diplomatischen Vorstoß für ein Abkommen
       über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg. [4][Außenminister Antony Blinken] werde
       zwischen Montag und Mittwoch kommender Woche nach Ägypten, Israel,
       Jordanien und Katar reisen, teilte sein Ministerium am Freitag (Ortszeit)
       mit. Bei den Gesprächen werde es um den von US-Präsident Joe Biden
       vorgestellten Plan für eine Beendigung der Kämpfe im Gazastreifen gehen.
       Dem Vernehmen nach haben bislang weder Israel noch die Hamas dem
       mehrstufigen Plan zugestimmt.
       
       Der internationale Druck auf die beiden Kriegsparteien, den Vorschlag für
       ein Abkommen anzunehmen, ist zuletzt stetig gewachsen. Der von Biden
       präsentierte Entwurf sieht neben einem Ende der Kampfhandlungen und der
       Freilassung aller Geiseln aus der Gewalt der Islamisten auch den
       Wiederaufbau des von der Terrororganisation beherrschten und von
       israelischen Angriffen schwer gezeichneten Küstenstreifens vor. (dpa)
       
       ## Katar droht Hamas mit Rauswurf
       
       Die US-Regierung bedrängt Medienberichten zufolge insbesondere die
       [5][Führung des Golfstaats Katar] seit Monaten, sie solle gegenüber der
       Hamas klarmachen, dass deren Vertreter das Emirat verlassen müssten, falls
       sie den Plan nicht akzeptieren sollten. Jetzt habe Katar „wirklich diese
       Drohung gemacht“, berichtete der US-Nachrichtensender CNN unter Berufung
       auf einen US-Regierungsbeamten. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es
       nicht.
       
       In Katar befindet sich das Hamas-Politbüro. Dessen Vorsitzender Ismail
       Hanija gilt als übergeordneter Chef der Hamas, während Jihia al-Sinwar die
       Terrororganisation im Gazastreifen führt. Das Politbüro gilt als oberste
       Entscheidungsinstanz und hat 15 Mitglieder.
       
       Blinken werde mit den Partnern in der Region über die Notwendigkeit
       diskutieren, das Abkommen über eine Waffenruhe zu besiegeln und damit auch
       die Freilassung aller Geiseln sicherzustellen, hieß es aus Washington. Seit
       Wochen vermitteln Katar, die USA und Ägypten zwischen Israel und der Hamas,
       um eine Feuerpause und einen Austausch der im Gazastreifen festgehaltenen
       Geiseln gegen palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen zu
       erreichen. Das „Wall Street Journal“ berichtete am Donnerstag, Al-Sinwar
       lehne ein Abkommen mit Israel ab, das zugleich eine Entwaffnung seiner
       Kämpfer vorsehe. (dpa)
       
       ## Israels Armee greift erneut Schulgelände an
       
       Israels Armee griff nach eigenen Angaben am Freitag erneut das Gelände
       einer Schule des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA an, um gegen dort
       verschanzte Hamas-Kämpfer vorzugehen. Die Mitglieder der Terrororganisation
       hätten einen Container auf dem Schulgelände im Flüchtlingslager Al-Schati
       im Nordteil des Küstenstreifens als Treffpunkt für ihre Aktivitäten
       genutzt. Sie hätten dort auch Anschläge geplant. Bei dem Luftangriff seien
       mehrere Terroristen getötet worden, hieß es weiter. Eine Zahl nannte die
       Armee nicht.
       
       Die Angaben des Militärs lassen sich nur schwer überprüfen. Augenzeugen
       bestätigten der Deutschen Presse-Agentur aber einen israelischen Angriff
       auf den Container. Es habe dabei mehrere Tote gegeben. Berichte über
       getötete Zivilisten gab es zunächst nicht.
       
       Israels Streitkräfte warfen der Terrororganisation einmal mehr vor, „ihre
       Infrastruktur systematisch, absichtlich und strategisch in zivilen Gebieten
       zu platzieren“, um von dort aus zu operieren. Das sei ein Verstoß gegen das
       Völkerrecht, weil es das Leben von Zivilisten gefährde.
       
       Erst am Donnerstag hatte die israelische Armee ein Schulgebäude im
       Gazastreifen angegriffen, in dem sich ihrer Darstellung zufolge 20 bis 30
       Terroristen aufhielten. 17 Extremisten seien getötet worden, hieß es tags
       darauf. Nach Darstellung palästinensischer Behörden wurden mindestens 30
       Menschen getötet, darunter Frauen und Kinder. Die Hamas sprach von 40
       Toten. Wie so häufig im laufenden Krieg ließen sich auch diese Angaben
       beider Kriegsparteien nicht unabhängig überprüfen. Die USA forderten von
       Israel mit Blick auf den Angriff vollständige Aufklärung.
       
       Seit Kriegsbeginn im Oktober suchen viele Binnenflüchtlinge Schutz in den
       UN-Schulen – auch in der Hoffnung, dass Israels Armee die UN-Gebäude in der
       Regel nicht gezielt angreift. (dpa)
       
       8 Jun 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Tote-in-Gaza/!6007459
 (DIR) [2] /Gantz-stellt-Netanjahu-ein-Ultimatum/!6008892
 (DIR) [3] /Video-von-Entfuehrung-der-Hamas-Geiseln/!6009948
 (DIR) [4] /US-Aussenminister-zu-Gast-in-Israel/!5966156
 (DIR) [5] /Katar-als-Vermittler-in-Nahost/!5976828
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Westjordanland
 (DIR) Gaza
 (DIR) Palästina
 (DIR) Israel
 (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
 (DIR) Palästina
 (DIR) Antisemitismus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Krieg zwischen Israel und der Hamas: Vier Geiseln aus Gaza gerettet
       
       Das Militär befreit vier Entführte, darunter Noa Argamani. Die Freude in
       Israel ist groß – doch noch immer sind 120 Menschen in der Gewalt der
       Hamas.
       
 (DIR) Nachkriegsszenarien für den Gazastreifen: Wer soll Palästina regieren?
       
       Im Westjordanland hat die Autonomiebehörde Probleme. Mit der Kontrolle über
       Gaza kämen weitere dazu. Doch eine Alternative zu ihr gibt es nicht.
       
 (DIR) NS-Gedenkstätten zu Gaza-Protesten: „Stimmen für die Antisemiten“
       
       NS-Gedenkstätten kritisieren die Uni-Besetzungen durch pro-palästinensische
       Demonstrierende. „Alte antisemitische Stereotype“ würden aufgegriffen.​ ​