# taz.de -- Massenproteste in Israel: „Free Israel from Netanjahu“
       
       > Hunderttausende Israelis demonstrierten am Samstag gegen die Regierung
       > von Netanjahu. Dessen Konflikt mit dem Militär könnte ihm zum Verhängnis
       > werden.
       
 (IMG) Bild: Versuchen bereits, Israel von Netanjahu zu befreien: Demonstrierende am Samstag in Tel Aviv
       
       Ein Foto geht derzeit in den israelischen Medien viral: Eine Reihe von
       Grenzpolizisten steht schützend um die Villa von Benjamin Netanjahu. Davor
       steht eine Frau, alleine, mit einem Schild in der Hand: „Free Israel“,
       steht darauf. Die Anspielung auf den Spruch „Free Gaza“ ist nicht zu
       überlesen. Das Bild trifft einen Nerv: die Verzweiflung der Protestbewegung
       darüber, dass auch Israel besetzt gehalten wird – von einer Regierung, die
       längst hätte abtreten müssen, aber nicht im Traum daran denkt.
       
       [1][Die Demonstrationen am vergangenen Samstag] waren die größten seit dem
       7. Oktober. Die Protestbewegung scheint ihre Lähmung überwunden zu haben,
       doch die große Frage ist: Wird der Druck von der Straße ausreichen, um
       Neuwahlen zu erwirken?
       
       Viele, selbst die, die demonstrieren gehen, versuchen sich derzeit mit dem
       Verlust ihrer Hoffnung zu arrangieren, dass das Land noch zu retten ist.
       Doch für andere ist völlig klar, dass Neuwahlen nur eine Frage der Zeit
       sind.
       
       Wer recht behalten wird, ist offen. Doch tatsächlich könnten einige
       innenpolitische Entwicklungen [2][der Protestbewegung] in die Hände
       spielen: Netanjahu hat zunehmend Probleme, seine rechtsextremen
       Koalitionspartner:innen Itamar Ben-Gvir und Bezalel Smotrich
       einzuhegen. Deren Forderungen – keine Zugeständnisse gegenüber den
       Palästinenser:innen, kein Waffenstillstands-Deal – drängen Netanjahu mehr
       und mehr in einen offenen Konflikt mit der israelischen Armee.
       
       Streitthemen gibt es zuhauf. Vor einigen Tagen tastete Armeesprecher Daniel
       Hagari sogar das Kriegsziel Netanjahus an, nämlich die komplette Zerstörung
       der Hamas: „Jeder, der glaubt, wir könnten die Hamas beseitigen, liegt
       falsch“, sagte Hagari in einem Fernsehinterview. Hinzu kommt Netanjahus
       Weigerung, einen Nachkriegsplan zu entwickeln und eine alternative Kraft
       zur Hamas, etwa die Palästinensische Autonomiebehörde, zur Kontrolle [3][in
       Gaza] zuzulassen. Israel, so das Militär, laufe deswegen Gefahr, die
       „taktischen Errungenschaften“ der vergangenen Monate in Gaza wieder zu
       verlieren. Stattdessen kehre die Hamas in bereits geräumte Gebiete zurück.
       
       Dass sich der eigene Ministerpräsident gegen das Militär stellt, das in
       Israel traditionell großes Vertrauen genoss, dürfte auch für viele Rechte,
       die bislang noch zu Netanjahu halten, eine rote Linie sein – zumindest für
       diejenigen, die nicht auf Ben-Gvir-und-Smotrich-Linie sind. Es bleibt zu
       hoffen, dass auch sie sich bald gegen ihn stellen und begreifen, dass
       Israel befreit werden muss – von Netanjahu und seinen Bündnispartnern, die
       das Land gekapert haben.
       
       23 Jun 2024
       
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