# taz.de -- Europawahl in Griechenland: Aus dem Knast ins Parlament
       
       > In Griechenland ist der in einem albanischen Gefängnis einsitzende Freddy
       > Beleri ins Europaparlament gewählt worden. Sein Verfahren geht weiter.
       
 (IMG) Bild: Knastbruder oder Heilsbringer: Freddy Beleri
       
       ATHEN taz | Der Jubel in der albanischen Küstenstadt Himara war groß. Nach
       Bekanntgabe der Ergebnisse der Europawahlen im Nachbarland Griechenland
       versammelten sich am späten Sonntagabend in Himara dutzende Anhänger, um
       die Wahl von [1][Dionysios-Alfred („Freddy“) Beleri] ins Europaparlament zu
       feiern. Das Kuriosum: Beleri sitzt seit über einem Jahr in einem
       albanischen Gefängnis.
       
       Beleri, 52, schaffte es als einer der 42 Kandidaten der konservativen
       Regierungspartei in Athen, der Nea Dimokratia (ND), ins Europaparlament
       gewählt zu werden. Das passierte so: Die ND vereinte [2][bei der
       Europawahl] nach Auszählung aller Stimmen 28,31 Prozent der gültigen
       Stimmen auf sich und entsendet damit sieben Abgeordnete nach Brüssel und
       Straßburg. Jeder der insgesamt 1.125.602 ND-Wähler konnte bis zu vier
       ND-Kandidaten ankreuzen. Für Beleri votierten 235.331 ND-Wähler. Damit
       belegte Beleri Platz vier unter allen 42 ND-Kandidaten – und ist damit ins
       Europaparlament entsendet.
       
       Der griechische Premier und ND-Chef [3][Kyriakos Mitsotakis] hatte am 15.
       April seine Kandidatur bekanntgegeben. Mitsotakis’ Kalkül war, mit der
       Kandidatur von Beleri, der politisch ein Rechtsaußen ist, das rechte Profil
       der ND zu schärfen, um bei den Europawahlen so gut wie möglich
       abzuschneiden.
       
       Für das Nachbarland Albanien war Mitsotakis' Initiative hingegen eine große
       Provokation. Mitsotakis' unverhohlene Botschaft in Richtung Tirana lautete
       indes: „Wir Griechen wollen die Inhaftierung Beleris nicht hinnehmen.“ Denn
       mit den EU-Standards in Sachen Rechtsstaat habe das gar nichts zu tun, so
       die Lesart in Athen.
       
       ## Strafprozess geht auch nach der Wahl weiter
       
       Die Regierung von [4][Albaniens Premier Rama] sieht das anders.
       Gebetsmühlenartig verweist sie auf „die unabhängige Justiz in Albanien“. In
       Griechenland glaubt das keiner. Fest steht: Beleri ist den albanischen
       Behörden schon lange ein Dorn im Auge. Im März 1995 wurde Beleri mit
       weiteren sechs Personen von griechischen Grenzbeamten nahe der
       griechisch-albanischen Grenze verhaftet.
       
       Die ominöse Gruppe hatte viele Waffen bei sich, darunter ein halbes Dutzend
       Kalaschnikows, 878 Kugeln und Messer sowie Militäruniformen und Perücken.
       Prompt stand sie unter Verdacht, einen Anschlag auf ein albanisches
       militärisches Ziel verüben zu wollen. Zuvor war ein Anschlag auf eine
       albanische Kaserne mit zwei Toten verübt worden. Beleri und Co. wurden in
       zweiter Instanz zu 18 bis 20 Monaten Gefängnis verurteilt.
       
       So ist es kein Wunder, dass der Fall Beleri – erst recht nach seiner
       Kandidatur für das Europaparlament – zu einem handfesten Politikum
       avanciert ist. Die heikle Personalie dürfte nun, nach der Wahl Beleris ins
       Europaparlament, weitere Kreise ziehen.
       
       Die nächste Episode in der Strafsache Beleri stand ursprünglich am 27. Mai,
       dreizehn Tage vor den Europawahlen, an. Da sollte der Fall Beleri in der
       Berufung an einem albanischen Gericht neu verhandelt werden. Der Termin
       wurde auf den 7. Juni verschoben, zwei Tage vor den Europawahlen. Erneut
       kam es zu einer Verschiebung. Der nächste Gerichtstermin ist für den 14.
       Juni anberaumt, also den Freitag dieser Woche – nach Beleris Wahl ins
       Europaparlament.
       
       10 Jun 2024
       
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