# taz.de -- Film „Niemals allein, immer zusammen“: Da geht noch was
       
       > Der Dokumentarfilm „Niemals allein, immer zusammen“ zeigt das Engagement
       > junger Menschen für eine gerechtere Welt. Es ist ein Film, der Mut macht.
       
 (IMG) Bild: Es könnte auch alles besser werden: Simin bei einer Antirassismus-Demo
       
       Einer wachsenden politischen Lethargie will Regisseurin Joana Georgi mit
       ihrem neuen Film etwas entgegensetzen: Während viele angesichts von Krisen,
       Rechtsruck und Kriegen eine tiefe Ohnmacht empfinden, stiftet ihre
       Dokumentation „Niemals allein, immer zusammen“ ein Gefühl von Gemeinschaft,
       Hoffnung und Zusammenhalt. Sie erzählt von Menschen, die für eine
       gerechtere Welt kämpfen. Eine gerechtere Welt für alle.
       
       Während der einjährigen Dreharbeiten begleite die politische Filmemacherin
       dafür den Alltag von fünf Berliner Aktivist*innen: Quang, Simin,
       Patricia, Feline und Zaza sind Beispiele für eine neue Generation, die in
       [1][sozialen Bewegungen] organisiert ist und sich für eine bessere Welt
       stark macht. Eine Generation, die sich aus den Zwängen struktureller
       Unterdrückung befreien möchte und Utopien für eine befreite Gesellschaft
       entwirft.
       
       Nachdem die [2][Pandemie] soziale und politische Krisen verschärft und
       politische Prozesse gelähmt hatte, erlosch in weiten Teilen der
       Gesellschaft die Hoffnung, dass sich die Zustände jemals verbessern würden.
       Die Lebensrealität vieler Menschen hatte sich radikal verändert – aber eben
       nicht zum Guten: Die Pandemie hinterließ ihre Spuren, viele verloren ihre
       Jobs und Wohnungen. Auch Georgi fühlte diese Ohnmacht.
       
       „Der Film war eine Trotzreaktion auf die Filmbranche und die politische
       Lethargie während der Pandemie“, sagt sie. Viele politische Filme würden
       zwar auf die vielfältigen Problemlagen des Kapitalismus hinweisen, nicht
       aber den systemischen Zusammenhang erklären, was die politische Ohnmacht
       weiter verstärke.
       
       Doch auch in hoffnungslosen Zeiten gibt es Lichtblicke. Das zeigen die fünf
       Protagonist*innen. Sie sind laut, organisiert und engagiert. Resignation
       ist für sie keine Alternative – auch nicht nach der Pandemie. In der
       Gemeinschaft finden sie die Kraft, sich für soziale Gerechtigkeit,
       Antirassismus, Feminismus und Klimagerechtigkeit stark zu machen. Dadurch
       sind sie niemals allein, sondern immer zusammen.
       
       In kurzen Episoden von jeweils 8 bis 15 Minuten führt Georgi ihre
       Hauptpersonen ein: Quang engagiert sich bei „[3][Fridays for Future]“,
       Patricia bei [4][„Deutsche Wohnen & Co. enteignen“], Zaza kämpft für
       bessere Care-Arbeit in der [5][Krankenhausbewegung], Feline und Simin für
       die Aufarbeitung [6][rassistisch motivierter Gewalt].
       
       Ihre Themen sind vielfältig. Aber sie zeigen, wie sich unterschiedliche
       Bewegungen im echten Leben und auf Social Media vernetzen und stärken
       können. Denn sie alle verbindet eine gemeinsame Erfahrung: „In den
       persönlichen Geschichten zeigt sich, dass wir in einem System leben, das
       mit strukturellen Unterdrückungsmechanismen arbeitet“, erklärt die
       Regisseurin, die weiß, was es bedeutet, von struktureller Gewalt betroffen
       zu sein.
       
       Protagonistin Feline ist alleinerziehende Mutter. Sie backt Kuchen für
       Menschen, die sich keinen leisten können. Während sie eine Torte mit den
       Gesichtern der Opfer des Hanau-Anschlags und dem Schriftzug „Kämpfen und
       Erinnern“ beklebt, spricht sie mit ihrer Tochter über rassistisch
       motivierte Gewalt, Gedenken und die Arbeiterklasse. Aus dem Off hört man
       Feline sagen: „Mutterschaft hat mich politisiert, Alleinerziehend zu sein,
       radikalisiert.“
       
       Quang spaziert durch Berlin, macht Fotos für seine anstehende
       Podiumsdiskussion und spricht mit einer Freundin über ostdeutsche
       Identität, die in seinen Augen neue Vorbilder braucht. Als Kind von
       Gastarbeitern aus Vietnam möchte er rechtsextremistische Gewalt aufarbeiten
       und positive Gegenbilder schaffen. Er kämpft für radikale Veränderungen –
       auch bei „Fridays for Future“.
       
       Die isolierten Gespräche, durch die der Film die Motive der
       Protagonist*innen fokussiert, werden immer wieder von gemeinsamen
       Erlebnissen unterbrochen. Mal sitzen die fünf Tee trinkend am Küchentisch
       und sprechen über ihren aktivistischen Alltag, mal auf einer Picknickdecke
       am See. Sie singen feministische Klassiker wie „Brot und Rosen“ oder
       basteln Plakate für eine Demo.
       
       Diese kleinen, alltäglichen Momente rücken die Freundschaft, das
       Gemeinschaftsgefühl und den Halt, den sie sich in ihrer aktivistischen
       Arbeit geben, in den Fokus. Insbesondere in kapitalistischen Gesellschaften
       leben Menschen vereinzelt, anonym und individualisiert. „Wenn du dich aber
       organisierst“, sagt Georgi, „erwartet dich eine Bewegung, in der du deinen
       Frust teilen, dich gemeinsam stützen und halten kannst.“
       
       Den Frust, den die fünf in sich tragen, macht vor allem die Kommunistin und
       Politikwissenschaftlerin Simin spürbar. In ihren Reden auf politischen
       Veranstaltungen lässt sie ihren Gefühlen freien Lauf. Sie ist wütend,
       traurig und angestrengt von einer Politik, die von struktureller Gewalt
       profitiert. Denn egal, wie man es dreht und wendet: „Es sind die wenigen,
       die unter den Massen leiden“, sagt sie aus dem Off. Es ist der
       Kapitalismus, der die Arbeiter*innenklasse ausbeutet und
       diskriminiert.
       
       Das Engagement der Aktivist*innen ist inspirierend, erfrischend und
       hoffnungsvoll. Ihr Zusammenhalt macht Mut. Gemeinsam schaffen sie Utopien
       einer Welt, in der alle Menschen frei leben können – ohne dabei naiv zu
       wirken. Georgi, selbst in sozialen Bewegungen organisiert, wirft einen
       authentischen Blick darauf, was es bedeutet, für eine gerechtere Welt zu
       kämpfen. Dafür brauche es kollektiven Zusammenhalt, sagt sie. Deshalb
       lautet ihr Appell: „Organisiert euch an eurem Arbeitsplatz, in der Schule,
       im Studium, im Betrieb.“
       
       13 Jun 2024
       
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