# taz.de -- Neuseelands Wende in der Klimapolitik: Rinder-Rülpser bleiben steuerfrei
       
       > Neuseeland galt lange als Vorreiter beim Umweltschutz. Mit der Streichung
       > der Methan-Steuer macht die neue Regierung nun Schluss damit.
       
 (IMG) Bild: Muuuh muuuh muh
       
       SYDNEY taz | Die einen nannten sie „Rülps-Steuer“, andere „Kuh-Steuer“ oder
       gar „Furz-Steuer“ – und sie war eine der weltweit am meisten gefeierten und
       zugleich kritisierten Klimaschutzmaßnahmen der früheren progressiven
       Regierung Neuseelands. Nun wird sie bald Geschichte sein. Die
       [1][konservative Koalitionsregierung unter Premierminister Christopher
       Luxon] wird die von seiner Vorgängerin Jacinda Ardern geplante Steuer auf
       Emissionen aus der Landwirtschaft noch in diesem Monat streichen und durch
       „alternative Maßnahmen“ im Kampf gegen Klimaerhitzung ersetzen.
       
       Arderns Labourpartei hatte gehofft, mit der Steuer [2][die
       Treibhausgasemissionen reduzieren zu können, die durch Blähungen und
       Rülpser von Kühen und Schafen entstehen]. Die Maßnahme war ausgesprochen
       unbeliebt unter Landwirten – und Beobachtern zufolge mit dafür
       verantwortlich, dass die Labourpartei im letzten Jahr die Mehrheit verlor.
       
       Die neuseeländische Wirtschaft ist maßgeblich von der Landwirtschaft
       abhängig. Rund 10 Millionen Rinder und 25 Millionen Schafe leben in der
       Inselnation, die nur 5,1 Millionen menschliche Einwohner hat. Zuletzt hat
       die Milchindustrie dabei die Woll- und Fleischproduktion als wichtigsten
       Sektor überholt. Der Großteil der Milch wird in Form von Milchpulver
       exportiert, vorwiegend nach China.
       
       Milchproduktion ist ein lukratives Geschäft für eine begrenzte Zahl von
       Bauern, die rechtzeitig den Schritt in die Massenproduktion unternommen
       hatten und den Markt weitgehend kontrollieren. Die durchschnittliche Größe
       einer Kuhherde liegt bei 419 Tieren. Es gibt Herden von bis zu 1.000 Kühen,
       die auf Wiesen grasen und täglich zweimal in riesigen, elektronisch
       gesteuerten Anlagen gemolken werden müssen.
       
       ## Unappetitliche Rinderemissionen
       
       Der hohe Viehbestand hat seinen Preis für die neuseeländische Natur, die in
       der Tourismuswerbung als „grün und sauber“ präsentiert wird. Nicht nur sind
       die meisten Gewässer mit Gülle verschmutzt, fast die Hälfte der
       [3][Klimagas-Emissionen des Lande]s entstehen in der Landwirtschaft. Die
       [4][Blähungen der Rinder sind das Hauptproblem, weil sie Methan
       produzieren]. Aber auch der Urin kann klimaschädigende Gase in die
       Atmosphäre entweichen lassen.
       
       Die Ardern-Regierung hatte die Viehzucht ins Visier genommen, um die
       Treibhausgasemissionen bis 2050 auf Null reduzieren zu können. Der Plan,
       die Emissionen der Viehzucht zu besteuern, löste landesweite Proteste aus.
       Landwirte befürchteten Gewinneinbussen.
       
       Die konservative Regierung wird nun Landwirtschaft,
       Tierverarbeitungsbetriebe und Düngemittelfirmen aus dem
       Emissionspreissystem entfernen, das 2025 anlaufen soll. Stattdessen sollten
       Landwirte ermutigt werden, ihre Emissionen durch den Einsatz von neuen
       Technologien zu senken, so Landwirtschaftsminiser Todd McClay. Die
       Abschaffung der Steuer ändere nichts an den internationalen Verpflichtungen
       Neuseelands im Kampf gegen den Klimawandel.
       
       Umweltgruppen reagierten wütend auf die Nachricht. Die Organisation
       Greenpeace beschuldigte die konservative Regierung, einen „totalen Krieg
       gegen die Natur“ zu führen. Eine Sprecherin meinte, die Regierung habe
       „klar signalisiert, dass die umweltschädlichsten Industrien, die
       Industriemolkerei und [5][die neue Öl- und Gasexploration], unsere
       Atmosphäre wie eine offene Kloake behandeln dürfen“. Kurz zuvor hatte
       Wellington angekündigt, auch das Verbot der Exploration neuer Öl- und
       Gasreserven aufzuheben.
       
       17 Jun 2024
       
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