# taz.de -- +++Nachrichten im Nahost-Krieg+++: Armenien erkennt Palästina an
       
       > Das Land folgt damit einigen EU-Staaten. Washington und Jerusalem geraten
       > in Streit. Haftbedingungen für Palästinenser rücken in den Fokus.
       
 (IMG) Bild: Armeniens Premierminister Nikol Paschinjan
       
       ## Armenien erkennt eigenständigen Palästinenserstaat an
       
       Armenien hat die Anerkennung eines unabhängigen Palästinenserstaats
       angekündigt. „In Bekräftigung ihrer Treue zum Völkerrecht und den
       Prinzipien der Gleichheit, Souveränität und friedlichen Koexistenz der
       Völker erkennt die Republik Armenien den Staat Palästina an“, erklärte das
       armenische Außenministerium am Freitag. [1][Armenien folgt damit Slowenien,
       Spanien, Irland] und Norwegen, [2][die in den vergangenen Wochen offiziell
       einen eigenständigen palästinensischen Staat anerkannt hatten.]
       
       Eriwan habe „den aufrichtigen Wunsch nach einem dauerhaften Frieden“ in der
       Region, betonte das Ministerium mit Blick auf die „kritische Lage im
       Gazastreifen“. Die Regierung in Eriwan sei gegen „Gewalt gegen Zivilisten“.
       Die Zweistaatenlösung sieht einen unabhängigen, mit Israel friedlich
       koexistierenden Palästinenserstaat vor.
       
       Der Generalsekretär des Exekutivkomitees der Palästinensischen
       Befreiungsorganisation (PLO), Hussein al-Scheich, begrüßte umgehend die
       Ankündigung aus Armenien. „Dies ist ein Sieg für das Recht, die
       Gerechtigkeit, die Legitimität und den Kampf unseres palästinensischen
       Volkes für die Befreiung und Unabhängigkeit“, erklärte er im Onlinedienst
       X.
       
       Die beiden EU-Staaten Spanien und Irland sowie Norwegen hatten im Mai
       offiziell einen eigenständigen palästinensischen Staat anerkannt.
       Sloweniens Parlament stimmte Anfang Juni für die Anerkennung eines
       Palästinenserstaates. Sie brachen mit der langjährigen Haltung westlicher
       Länder, einen palästinensischen Staat nur im Zuge einer
       Friedensvereinbarung mit Israel anzuerkennen. (afp)
       
       ## Pier wieder in Betrieb
       
       Nach mehrtägiger Pause ist der vom US-Militär errichtete provisorische Pier
       vor der Küste des Gazastreifens wieder in Betrieb. Das zuständige
       Regionalkommando(Centcom) habe die provisorische Anlegestelle am Mittwoch
       erneut am Strand verankert, sagte Pentagon-Sprecher Pat Ryder am
       Donnerstag. „Wie in der Vergangenheit haben Ingenieure des israelischen
       Militärs die notwendige Unterstützung geleistet, um den Pier sicher am
       Strand zu platzieren.“ US-Soldaten hätten den Gazastreifen nicht betreten,
       so Ryder weiter.
       
       Der Transfer von Hilfsgütern von Zypern in den Gazastreifen sei wieder
       aufgenommen worden. Zur Verteilung der Güter machte Ryder keine Angaben und
       verwies an die Hilfsorganisationen vor Ort. Das Welternährungsprogramm
       (WFP) hatte nach einem massiven israelischen Militäreinsatz in der Nähe des
       Piers vor knapp zwei Wochen, mit dem auch mehrere Geiseln befreit wurden,
       zuletzt die Verteilung von Hilfsgütern gestoppt.
       
       Ende vergangener Woche hatte das US-Militär mitgeteilt, dass der Pier wegen
       rauen Seegangs vorübergehend an die israelische Küste geschleppt werden
       musste. Die vorübergehende Verlegung sollte strukturelle Schäden
       verhindern. Seit der Inbetriebnahme der Anlegestelle Ende Mai gab es immer
       wieder Probleme. Nur kurz nach der Fertigstellung hatte der temporäre Hafen
       bei rauem Seegang Schaden genommen und musste repariert werden. Auch die
       Verteilung der Hilfsgüter im Gazastreifen erwies sich als schwierig. Ryder
       betonte, es gebe kein Enddatum für das Projekt.
       
       Die provisorische Lösung sieht vor, dass Frachter Hilfslieferungen von
       Zypern aus zunächst zu einer schwimmenden Plattform einige Kilometer vor
       der Küste des Gazastreifens bringen. Die Güter werden dort auf kleinere
       Schiffe verladen, die näher an die Küste heranfahren können und dann an dem
       an der Küste befestigten temporären Pier anlegen. Dort sollen die
       Lieferungen von Hilfsorganisationen entgegengenommen und dann im
       Gazastreifen verteilt werden. Die geschätzten Kosten für die Errichtung der
       Anlegestelle wurden mit rund 230 Millionen US-Dollar (rund 212 Millionen
       Euro) angegeben. (dpa)
       
       ## Proteste gegen israelische Regierung halten an
       
       Tausende Menschen haben am Donnerstagabend in Israel wieder [3][gegen die
       Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu] protestiert. Die größte
       Kundgebung fand israelischen Medien zufolge vor einem Privathaus des
       Regierungschefs in der Stadt Caesarea statt. Die Demonstranten forderten
       Neuwahlen und die Freilassung der im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln.
       Auch in Jerusalem versammelten sich Medienberichten zufolge Hunderte für
       einen Protest.
       
       Seit Monaten gibt es in Israel immer wieder Proteste gegen die Regierung.
       Die Demonstranten werfen Netanjahu vor, sich den Forderungen seiner
       extremistischen Koalitionspartner zu beugen und deshalb auch einen Deal zur
       Freilassung der von der Hamas festgehaltenen Geiseln zu hintertreiben.
       Einige Minister sind gegen ein Abkommen mit den Islamisten, da es auch eine
       Waffenruhe und die Entlassung palästinensischer Häftlinge aus israelischen
       Gefängnissen vorsehen würde.
       
       Seit Monaten laufen Bemühungen, durch indirekte Verhandlungen Israel zu
       einer Waffenruhe und die Hamas zur Freilassung der noch rund 120 aus Israel
       verschleppten Menschen zu bewegen – bislang ohne Erfolg. Das „Wall Street
       Journal“ hatte jüngst berichtet, dass die Zahl der noch lebenden Entführten
       bei nur etwa 50 liegen könnte. (dpa)
       
       Streit zwischen Netanjahu und Weißem Haus 
       
       Die US-Regierung hat sich einmal mehr verärgert gezeigt über die jüngsten
       Äußerungen von Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu. Die kürzlich
       veröffentlichte Videobotschaft Netanjahus sei „gelinde gesagt verblüffend“,
       „zutiefst enttäuschend“ und „ärgerlich“ gewesen, sagte der
       Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, am
       Donnerstag. Das gelte umso mehr angesichts der Tatsache, dass kein anderes
       Land Israel mehr dabei helfe, sich gegen die Bedrohung durch die Hamas zu
       verteidigen. „Wir haben unseren israelischen Gesprächspartnern auf
       verschiedenen Wegen unsere tiefe Enttäuschung über die in dem Video
       gemachten Aussagen und unsere Besorgnis über die Richtigkeit der gemachten
       Aussagen deutlich gemacht“, betonte Kirby.
       
       Netanjahu hatte in einer am Dienstag veröffentlichten Videoansprache die
       US-Regierung wegen einer zurückgehaltenen Waffenlieferung mit harschen
       Worten angegriffen und damit für Irritation beim wichtigsten Verbündeten
       gesorgt. Er habe US-Außenminister Antony Blinken kürzlich in Israel gesagt,
       es sei „unbegreiflich“, dass die Regierung Israel in den vergangenen
       Monaten Waffen und Munition vorenthalten habe, sagte Netanjahu in dem Clip.
       
       Blinken und andere US-Regierungsvertreter hatten die Kritik bereits
       entschieden zurückgewiesen und betont, es gebe nur diese eine pausierte
       Lieferung aus den USA an Israel. Dabei geht es um die Lieferung bestimmter
       Bomben, die vorerst aufgehalten wurde, weil die US-Regierung Bedenken hat,
       dass die Bomben in einem dicht besiedelten Gebiet wie Rafah im Süden Gazas
       eingesetzt werden könnten.
       
       Israels Regierungschef legte am Donnerstagabend nach Kirbys Äußerungen noch
       einmal nach: „Ich bin bereit, persönliche Angriffe zu ertragen, solange
       Israel von den USA die Munition erhält, die es im Krieg um seine Existenz
       braucht“, sagt der Ministerpräsident nach Angaben seines Büros.
       
       Zwischen Netanjahu und der Regierung von US-Präsident Joe Biden hatte es
       bereits in den vergangenen Monaten heftige Verstimmungen gegeben. Biden und
       andere hochrangige US-Regierungsvertreter machten mehrfach auf ungewöhnlich
       deutliche Weise klar, dass sie mit Netanjahus Vorgehen im Gaza-Krieg nicht
       einverstanden sind. Kritik gibt es insbesondere wegen der hohen Zahl
       ziviler Opfer und der humanitären Not im Gazastreifen. (dpa)
       
       ## Kein Zugang zu Haftanstalten für Rotes Kreuz
       
       Israel will dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz weiter keinen
       Zugang zu Haftanstalten gewähren, denen eine [4][harte Behandlung von
       Palästinensern aus dem Gazastreifen] vorgeworfen wird. Nach Angaben von
       Regierungsanwälten prüft Israel einen Vorschlag zum Aufbau eines internen
       Inspektionssystems.
       
       Bis zum Terrorangriff der militant-islamistischen Hamas und mit ihr
       verbündeter Gruppen auf den Süden Israels am 7. Oktober hatte das Rote
       Kreuz Zugang zu israelischen Haftanstalten, in denen Palästinenser
       festgehalten werden. Danach wurden sie von Israel für externe Beobachter
       gesperrt. Seitdem häufen sich Berichte von freigelassenen Palästinensern
       über eine brutale Behandlung in den Haftanstalten, in denen sie ohne
       Kontakt zur Außenwelt und ohne Gerichtsverfahren festgehalten werden.
       
       Das erwogene interne Gremium würde den Anwälten zufolge die
       Hafteinrichtungen besuchen, Beschwerden der Gefangenen entgegennehmen und
       die Informationen an die israelischen Behörden weiterleiten. Es werde
       erwartet, dass die Einrichtung „den Zweck erfüllt, den das Rote Kreuz
       bisher erfüllt hat“, schrieben die Anwälte. Sie reagierten damit auf einen
       Zusammenschluss von Menschenrechtsgruppen, die das höchste israelische
       Gericht aufgefordert haben, dem Roten Kreuz Zugang zu den Haftanstalten zu
       gewähren.
       
       Die Vereinigung für Menschenrechte in Israel, die zu den Beschwerdeführern
       zählt, erklärte daraufhin, interne israelische Prüfer könnten
       internationale Beobachter nicht ersetzen. Die Zeugenaussagen zeigten, dass
       Israel seine Hafteinrichtungen in ein schwarzes Loch für palästinensische
       Gefangene verwandelt habe, erklärte die Gruppe und fügte hinzu, dass die
       Regierung „einen weit hergeholten Mechanismus anwendet, um die von der Welt
       akzeptierte Regelung zu ersetzen“. (ap)
       
       21 Jun 2024
       
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