# taz.de -- Wie man unliebsame Besucher los wird: Tourismusvermeidung für Anfänger
       
       > Während anderswo Städte unter den Folgen des Massentourismus ächzen,
       > vermeidet Hannover den einfach mit einem genialen Plan.
       
 (IMG) Bild: Hübsch, aber geschlossen wegen Renovierung: So hält man Touristenhorden fern
       
       Da hat die Weltpresse also die halbe EM damit verbracht, sich über das
       Gastland lustig zu machen, hmm? Die seltsame Liebe der Deutschen zum
       Bargeld, die nicht funktionierende Bahn, [1][das hässliche Gelsenkirchen].
       
       Lustig, wenn so etwas von Engländern kommt, dem Homeland abgewrackter
       Industrieregionen und ruinierter öffentlicher Infrastruktur. In
       Wirklichkeit steckt dahinter ein genialer Plan: Während anderswo Städte
       unter den Folgen des Massentourismus ächzen, vermeiden wir den einfach.
       Bitte sehr, ihr trampelnden Horden, hier gibt es gar nichts zu sehen, geht
       einfach weiter.
       
       Die ungekrönte Königin der Touristenvermeidung ist natürlich Hannover. Hier
       registriert man neuerdings verstärkt Buchungsanfragen aus dem Ausland,
       sogar aus Japan und den USA. Schuld ist diese Amazon-Serie „Maxton Hall“,
       die sich um irgendwas mit jugendlichen Snobs in einem Eliteinternat dreht.
       
       Das [2][Schloss Marienburg] in Pattensen, zwischen Hannover und Hildesheim,
       hat man für die Dreharbeiten nur widerwillig hergegeben. Die Fan-Touristen
       hält man jetzt ganz draußen: „ACHTUNG: Wegen aufwendiger
       Renovierungsarbeiten sind die Innenräume und das Außengelände von Schloss
       Marienburg nicht betretbar!“ steht auf der Seite der Touristinfo. Sollen
       die dieses Playmobilschloss halt aus der Ferne fotografieren, diese
       depperten Touristen, dann gehen die auch schneller wieder.
       
       ## Marienburg-Streitereien eigene Soap wert
       
       Dabei wäre die Geschichte um die Streitereien rund um die Marienburg eine
       eigene Soap wert. Erst verscherbeln die traurigen Überreste der
       Welfenfamilie große Teile des Interieurs bei Sothebys, um ihre Schulden zu
       decken.
       
       Dann liefern sich Vater und Sohn, Ernst August von Hannover senior und
       junior, eine epische [3][Auseinandersetzung um Schenkungen und
       Doch-nicht-Schenkungen]. „Wegen groben Undanks“ behauptet der Senior; der
       Junior muss dazu nicht viel sagen. Der desaströse Zustand des einst von
       Prügel- und Pinkel-Skandalen umwitterten Alten spricht für sich.
       
       ## Als läge ein Fluch auf der Butze
       
       Aber – als läge ein Fluch auf der Butze – auch nachdem das gerichtlich
       final geklärt ist, reißen die Streitigkeiten nicht ab. Die Stiftung, in die
       der Junior-Prinz das ganze Ding geschoben hat, um die aufwendige Sanierung
       vom Steuerzahler finanziert zu bekommen, befindet sich seither im
       Dauerkonflikt mit dem zuständigen Wissenschaftsministerium.
       
       Demnächst muss wohl der sechste Vorstand in fünf Jahren gehen. Daneben
       mischte bis vor Kurzem auch noch ein umtriebiger Pächter mit, der gern
       weiterhin mit disneyhaften Kommerzveranstaltungen wie Winterzauber,
       Mittelaltermärkten oder Dreharbeiten Geld verdient hätte, ohne sich dabei
       von diesen Rettungsversuchen eines kulturellen Erbes stören zu lassen.
       
       Das ist alles sehr unterhaltsam, aber touristisch praktisch nicht zu
       verwerten. Jüngsten Gerüchten zufolge soll die Burg frühestens 2031 wieder
       richtig zugänglich sein. Bis dahin dürfte die Serie sicher vergessen sein.
       So geht das liebe Barceloneser, Athener, Mallorquiner. Scheißwetter und
       kein Meer hilft aber auch.
       
       14 Jul 2024
       
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