# taz.de -- Unruhen in Bangladesch: Inzwischen mehr als 200 Tote
       
       > Bei den Protesten sterben neben Studierenden auch Rikschafahrer, Kinder
       > und Polizisten. Regierungschefin Sheikh Hasina bleibt unversöhnlich.
       
 (IMG) Bild: Premier Hasina hielt die Ausgangssperre samt Schießbefehl für angemessen
       
       Nicht nur Studierende sind bei den großen Protesten letzte Woche in
       Bangladesch getötet wurden. Auch Arbeiter, Rikschafahrer und Kinder
       starben, auch Polizisten. In der Leichenhalle des größten Krankenhauses der
       Hauptstadt Dhaka liegen zahlreiche Tote mit Schusswunden. Die Tageszeitung
       [1][Prothom Alo zählt inzwischen 202 Tote].
       
       [2][Mitte Juli waren landesweite Proteste gegen wieder eingeführte Quoten
       für Jobs im Staatsdienst eskaliert], nachdem Sicherheitskräfte und
       Mitglieder der Regierungspartei Awami-Liga samt ihres studentischen Flügels
       gegen Demonstranten vorgingen. Erst eine Eilentscheidung des Obersten
       Gerichts, das die umstrittene Reform stark einschränkte, führte zu einer
       Protestpause.
       
       Die Gewalt stürzte die Regierung in eine Krise. In den letzten Tagen wurden
       Berichten zufolge 4.500 Personen festgenommen, meist gehören sie zur
       oppositionellen Nationalist Party (BNP) und der islamistischen Partei
       Jamaat. Sie sind Erzfeinde von Regierungschefin Sheikh Hasina (76), die
       sich seit 2009 an die Macht klammert.
       
       ## Regierungschefin Hasina verliert Rückhalt
       
       Die Zustimmung zu ihrer autoritären Regierung schwindet. Hasina ist kein
       Garant für Stabilität im Land mehr, was sie sonst gern betonte. Vielmehr
       wird die Krise immer mehr zu einer Bewährungsprobe für eine der mächtigsten
       Frauen Asiens.
       
       Die blutigen Proteste werfen einen Schatten auf Bangladesch, das in den
       letzten Jahren wirtschaftliche Fortschritte machte und Anerkennung für die
       Aufnahme hunderttausender aus Myanmar geflüchteter Rohingya bekam. Doch die
       Fassade bröckelt: Vetternwirtschaft schürt Unmut, es fehlen Arbeitsplätze,
       Freiheiten wurden eingeschränkt.
       
       Hasina verteidigt ihre Politik: Nach den gewaltsamen Zusammenstößen eine
       Ausgangssperre samt Schießbefehl zu verhängen, sei nötig gewesen, um die
       Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten. „Durch die Verhängung einer
       Ausgangssperre zerstört die Regierung jetzt die Beweise für die Tötung und
       Angriffe auf unbewaffnete Menschen“, klagt hingegen BNP-Generalsekretär
       Mirza Fakhrul Islam Alamgir.
       
       ## Innenminister Khan macht Opposition verantwortlich
       
       Erst seit das Internet wieder zugänglich ist, kommen Bilder vom Ausmaß der
       Gewalt zum Vorschein. [3][Nahid Islam von Students Against Discrimination,
       der wichtigsten Organisation hinter den Protesten, sagt, er sei gefoltert
       worden.] Er fordert die Wiedereröffnung der Unis und Gerechtigkeit für alle
       Getöteten. Dabei distanziert er sich von den Zerstörungen während der
       Proteste.
       
       Am Mittwoch machte Innenminister Asaduzzaman Khan erneut
       Oppositionsparteien für die Gewalt verantwortlich. Hasina legte am
       Donnerstag nach und forderte, die Schuldigen vor Gericht zu stellen,
       nachdem sie zuvor eine zerstörte U-Bahn-Station besucht hatte.
       
       Wenn das Land Fortschritte mache, würden Verschwörer es zurückdrängen und
       ein „Bild der Zerstörung“ beklagen. Versöhnlich klingt das nicht, während
       die Nation trauert und um Frieden und Stabilität ringt. Eine Entschuldigung
       bei den protestierenden Studenten wäre einfach, doch Hasina scheint dazu
       nicht bereit, kritisiert der Aktivist Shahidul Alam.
       
       25 Jul 2024
       
       ## LINKS
       
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