# taz.de -- +++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: EU zahlt weitere Hilfsgelder
       
       > Die EU stellt der Ukraine weitere 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung.
       > Wagner-Chef macht Putin schwere Vorwürfe. Die Reparatur der Krim-Brücke
       > dauert wohl Wochen.
       
 (IMG) Bild: „Europa hält sein Wort“, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
       
       ## 1,5 Milliarden Euro für die Ukraine
       
       Angesichts des russischen Angriffskriegs hat die EU der Ukraine weitere 1,5
       Milliarden Euro Hilfe zur Verfügung gestellt. Mit dem Geld soll garantiert
       werden, dass das Land Löhne und Renten zahlen sowie Krankenhäuser, Schulen
       und Unterkünfte für Flüchtlinge aufrechterhalten kann, wie die
       EU-Kommission am Donnerstag in Brüssel mitteilte. Außerdem sollen
       Wasserversorgung, Straßen und Brücken wiederhergestellt werden. Seit
       Kriegsbeginn vor [1][16 Monaten erhielt die Ukraine von der EU mehr als 70
       Milliarden Euro Hilfe].
       
       „Europa hält sein Wort“, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
       „Es wird noch mehr kommen. Wir haben gerade eine kontinuierliche
       finanzielle Unterstützung für die Ukraine bis 2027 vorgeschlagen.“ Von
       [2][2024 bis 2027 sollen 50 Milliarden Euro in die finanzielle Reserve] für
       die Ukraine fließen. Diesem Vorschlag müssen die 27 Mitgliedstaaten noch
       zustimmen.
       
       Für die Zahlung musste die Ukraine Bedingungen erfüllen – beispielsweise
       den Rechtsstaat stärken und transparent machen, wohin das Geld fließt. Die
       1,5 Milliarden Euro gehören nach Angaben der Kommission zu einem Hilfspaket
       von bis zu 18 Milliarden Euro. (dpa)
       
       ## Gespräche über Saporischschja in Russland
       
       Der Chef der Internationalen Atombehörde (IAEA), Rafael Grossi, reist am
       Freitag zu Gesprächen nach Russland. Es gehe darum, eine Lösung für das von
       Moskau kontrollierte ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja zu finden,
       heißt es von der russischen Regierung. In der Ostseeregion Kaliningrad sei
       ein Treffen Grossis mit dem Chef der russischen Atombehörde Rosatom, Alexej
       Lichatschow, geplant, teilte Vize-Außenminister Sergej Rjabkow am
       Donnerstag der russischen Agentur Interfax zufolge mit. Eine Bestätigung
       der IAEA zum Treffen gab es zunächst nicht.
       
       Grossi hatte vorige Woche das [3][Kraftwerk in dem umkämpften Gebiet
       Saporischschja] besucht, um sich nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms
       vor rund zwei Wochen dort ein Bild von der Sicherheitslage zu machen. Er
       bezeichnete die Situation als ernst, aber stabil. Das größte europäische
       Kernkraftwerk hatte sein Kühlwasser aus dem Kachowka-Stausee erhalten, der
       seit der Zerstörung des Damms Wasser verliert.
       
       Frisches Wasser ist zur Kühlung der stillgelegten Reaktoren und des
       Atomabfalls notwendig. Noch gibt es Wasservorräte in den Kühlteichen, die
       laut IAEA für mehrere Monate ausreichen. Experten der IAEA und anderer
       Organisationen sorgen sich jedoch angesichts des Kriegsgeschehens um die
       Sicherheit und Nachhaltigkeit dieser Zwischenlösung. Russland lehnt die
       ukrainischen Forderungen nach einer Übergabe des Kraftwerks ab. (dpa)
       
       ## Selenski warnt vor Angriff auf AKW
       
       Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat vor einem geplanten
       „Terrorangriff“ der russischen Streitkräfte auf das von Russland besetzte
       Atomkraftwerk Saporischschja im Süden der Ukraine gewarnt. Nach
       Geheimdienstinformationen werde ein Angriffsszenario, einschließlich der
       Freisetzung radioaktiver Strahlung, von Russland in Erwägung gezogen,
       teilte Selenski am Donnerstag im Onlinedienst Telegram mit. „Sie haben
       alles dafür (für den Angriff) vorbereitet“, erklärte Selenski.
       
       Die russische Führung wies die Anschuldigungen zurück. „Das ist eine
       weitere Lüge. Wir hatten lediglich Kontakt mit der IAEA (Internationale
       Atomenergiebehörde)“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow vor Journalisten.
       (afp)
       
       ## Moskau: Reparatur der angegriffenen Brücke dauert
       
       Die Reparatur der nach einem Raketenangriff beschädigten Brücke zwischen
       der Halbinsel Krim und dem Festland könnte nach russischen Angaben mehrere
       Wochen dauern. Das schätzt ein von Russland entsandter Mitarbeiter des
       Verkehrsministeriums der Nachrichtenagentur RIA zufolge.
       
       Zuvor haben die russischen Besatzer im Süden der Ukraine über einen Angriff
       mutmaßlich des ukrainischen Militärs auf eine wichtige Brücke zur
       annektierten Schwarzmeerhalbinsel Krim berichtet. Die Tschonhar-Brücke, die
       die Krim mit dem auf dem Festland gelegenen Gebiet Cherson verbindet, sei
       beschädigt worden, könne aber repariert werden, schrieb der Besatzungschef
       von Cherson, Wladimir Saldo, am Donnerstagmorgen auf Telegram. Verletzt
       worden sei niemand. Er veröffentlichte auch Fotos, die kleinere Krater im
       Straßenbelag zeigten.
       
       Die [4][ukrainischen Truppen, die derzeit eine Gegenoffensive] zur
       Befreiung besetzter Gebiete unternehmen, setzten laut Saldo
       Marschflugkörper vom Typ Storm Shadow ein. Unabhängig überprüfen ließen
       sich seine Angaben nicht. Aus Kyjiw gab es zunächst keine Stellungnahme.
       Großbritannien hat der Ukraine Raketen vom Typ Storm Shadow mit einer
       Reichweite von mehr als 250 Kilometern zur Verfügung gestellt. Das
       ermöglicht Kyjiw auch Angriffe weit hinter der Front.
       
       Die Tschonhar-Brücke ist eine von drei Anfahrtsrouten von der Krim ins
       nördlicher gelegene und ebenfalls zu Teilen okkupierte Gebiet Cherson.
       Beobachtern zufolge ist sie für die Russen ein wichtiger Weg, um die
       eigenen Truppen an der Front zu versorgen. Die Halbinsel Krim, die
       [5][Russland sich bereits im Jahr 2014 völkerrechtswidrig] einverleibt hat,
       ist außerdem über die Kertsch-Brücke mit dem russischen Festland verbunden.
       Auch sie wurde im vergangenen Herbst bei einem Angriff beschädigt. (dpa)
       
       ## US-Reporter muss in russischem Gefängnis bleiben
       
       Der in Russland wegen Spionagevorwürfen festgenommene US-Journalist Evan
       Gershkovich muss weiter im Gefängnis bleiben. Ein Gericht in Moskau wies
       laut Bericht eines AFP-Korrespondenten am Donnerstag einen Berufungsantrag
       des Wall Street Journal-Reporters zurück. Damit wurde die zuvor von einem
       Gericht niederer Instanz verfügte Verlängerung der U-Haft bis zum 30.
       August bestätigt.
       
       Gershkovich war im März festgenommen worden. Ihm wird unter anderem
       vorgeworfen, Informationen über die russische Rüstungsindustrie gesammelt
       zu haben. Der Reporter, seine Familie, sein Arbeitgeber und die US-Behörden
       weisen die gegen Gershkovich erhobenen Anschuldigungen zurück.
       
       Der Wall Street Journal-Reporter ist der erste ausländische Journalist, der
       seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion in Russland wegen Spionage
       festgenommen wurde. (afp)
       
       ## Angriff auf ukrainischen Militärgeheimdienst
       
       Der ukrainische Militärgeheimdienst HUR hat Berichte über einen russischen
       Raketenschlag gegen seine Zentrale bestätigt. Die Angriffe hätten Ende Mai
       stattgefunden, aber „weder das gewünschte noch das verkündete Ziel
       erreicht“, sagte der Sprecher der Behörde, Andrij Jussow, am Mittwoch im
       ukrainischen Fernsehen. Über den Raketenschlag hatte unter anderem
       Russlands Präsident Wladimir Putin berichtet.
       
       Die russische Führung hat immer wieder damit gedroht, Schläge gegen die
       „Entscheidungszentren“ der Ukraine zu führen. Erste Informationen über
       einen Angriff auf die HUR-Zentrale tauchten am 29. Mai auf. Augenzeugen
       berichteten damals über Explosionen auf der Kyjiwer Rybalskyj-Halbinsel im
       Dnipro. Offiziell gab es damals keine Stellungnahme aus Kyjiw. Zu den
       Folgen des Angriffs wollte sich Jussow auch jetzt nicht äußern. Das werde
       er erst nach dem Krieg tun, sagte er.
       
       In einigen russischen Medien hieß es, dass bei dem Beschuss auch der Chef
       des ukrainischen Militärgeheimdienstes Kyrylo Budanow verletzt worden sei.
       Nach wochenlangem Schweigen tauchte Budanow am Dienstag das erste Mal im
       ukrainischen Fernsehen wieder auf. Äußerlich waren ihm dabei keine
       Verletzungen anzusehen. (dpa)
       
       ## Wagner-Chef Prigoschin: Kreml belügt Russen
       
       Der Chef der [6][russischen Söldnergruppe Wagner] hat Moskau vorgeworfen,
       die Menschen in Russland über den Verlauf der ukrainischen Offensive zu
       belügen. „Sie führen das russische Volk in die Irre“, sagte Jewgeni
       Prigoschin in einer am Mittwoch von seinen Sprechern veröffentlichten
       Sprachnachricht. „Große Gebiete sind an den Feind abgegeben worden“, fügte
       er hinzu.
       
       Kyjiw hatte [7][Anfang Juni eine Gegenoffensive im Süden und Osten der
       Ukraine gestartet], um im vergangenen Jahr verlorene Gebiete
       zurückzuerobern. Russlands Präsident Wladimir Putin hat wiederholt
       behauptet, dass die ukrainische Offensive fehlschlage.
       
       Doch Wagner-Chef Prigoschin, dessen Söldner seit Monaten Angriffe auf
       Städte in der Ostukraine angeführt haben, beschuldigte das
       Verteidigungsministerium, nicht die Wahrheit zu erzählen. Eine Reihe von
       Dörfern, darunter Pjatychatky, seien verloren gegangen, sagte Prigoschin
       und verwies auf fehlende Waffen und Munition. Seinen Angaben zufolge haben
       ukrainische Truppen auch schon versucht, den Fluss Dnipro zu überqueren,
       eine natürliche Barriere an der Front.
       
       „[8][All dies wird vor allen total versteckt]“, sagte der 62-Jährige.
       „Eines Tages wird Russland aufwachen, nur um zu entdecken, dass auch die
       Krim an die Ukraine übergeben wurde“, mahnte er. (afp)
       
       ## UN will Ukraine bei Minenräumung helfen
       
       Die Vereinten Nationen (UN) haben die bevorstehende Minenräumung in der
       [9][Ukraine mit der Räumung von Sprengstoffen in Europa] nach dem Zweiten
       Weltkrieg verglichen. „Womit wir in der Ukraine konfrontiert sind, gleicht
       sehr, womit Europa am Ende des Zweiten Weltkriegs konfrontiert war“, sagte
       der Leiter des UN-Programms für Minenräumung, Paul Heslop, am Mittwoch in
       Genf. Heslop verwies darauf, dass Europa 15 Jahre gebraucht habe, um das
       Problem zu lösen.
       
       Um die Landminen zu räumen, die die ukrainische Wirtschaft am meisten
       bremsen, veranschlagte Heslop für die kommenden fünf Jahre bis zu 300
       Millionen Dollar (275 Millionen Euro) pro Jahr an Kosten. Die UN will Kyjiw
       bei der Bewältigung dieser Aufgabe helfen.
       
       „Was wir in den kommenden drei bis fünf Jahren tun können, ist, uns mit den
       75 bis 80 Prozent des Problems zu befassen, das die wirtschaftliche Notlage
       verursacht“, sagte der Minenexperte. Die restlichen Minen sollten zu einem
       späteren Zeitpunkt geräumt werden.
       
       Heslop rief die internationale Gemeinschaft dazu auf, bei der Finanzierung
       der Minenräumung zu helfen. Die Ukraine könne so „ihren Platz als
       landwirtschaftliches Zentrum wieder einnehmen“ und so die
       „Lebensmittelpreise für alle senken“. Bisher wurden rund 35 Millionen
       Dollar für die Minenräumung zusammengetragen. (afp)
       
       ## Einigung auf weiteres Sanktionspaket
       
       Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union haben sich auf ein weiteres
       [10][Sanktionspaket gegen Russland] geeinigt. Enthalten seien darin unter
       anderem Maßnahmen, die gegen die Umgehung bestehender Sanktionen über
       Drittstaaten gerichtet seien, teilte die schwedische Ratspräsidentschaft am
       Mittwoch mit. Aber auch Sanktionen gegen weitere Unterstützer des
       russischen Angriffskriegs in der Ukraine seien darunter. Details sollen
       noch diese Woche öffentlich werden, wenn die Sanktionen formal beschlossen
       sind.
       
       Es ist das elfte Sanktionspaket der EU gegen Russland seit Beginn der
       [11][Invasion ins Nachbarland am 24. Februar 2022]. Die Strafmaßnahmen
       richteten sich gegen Banken, Unternehmen und den für Russland wichtigen
       Energiesektor. Mehr als 1.000 Personen wurden Konten in der EU eingefroren
       und sie wurden mit Reiseverboten belegt.
       
       Es ist – abgesehen von Sanktionen gegen Iraner, die Drohnen an Russland
       liefern sollen – das erste Mal, dass die EU den Handel über andere Staaten
       ins Visier nimmt. Verboten wird auch der Transit über Russland von
       Produkten und Technologien, die Moskau zum Ausbau seines Verteidigungs- und
       Sicherheitssektors nutzen könnte. (ap)
       
       22 Jun 2023
       
       ## LINKS
       
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