# taz.de -- Abbau im Eisenbahnnetz: Es führt ein Gleis nach nirgendwo
       
       > Zwischen Rheine und Quakenbrück fahren zwar keine Züge mehr, aber die
       > Bahnstrecke existiert großteils noch. Jetzt soll ein Stück zum Radweg
       > werden.
       
 (IMG) Bild: Das Bild täuscht: Im deutschen Bahnnetz fehlt es eher an Platz
       
       Auf einer entwidmeten Bahnstrecke Draisine zu fahren – das hört sich nach
       einem originellen Freizeitvergnügen an. Möglich ist das derzeit noch
       zwischen Fürstenau und Quakenbrück in Südniedersachsen. Jetzt soll die
       Strecke abgebaut und in einen Radweg verwandelt werden. Damit rückt eine
       zukünftige Wiederindienststellung der Strecke ein Stück weiter in die Ferne
       – und das in einer Situation, wo [1][allenthalben die Engpässe im
       Eisenbahnverkehr beklagt werden].
       
       Errichtet worden sei die Strecke „als Teil der kürzesten Fernverbindung
       zwischen dem Ruhrgebiet und den Seehäfen der Nordsee“, heißt es in der
       Zeitschrift Lok-Report. Heute könnte sie zur Umfahrung Osnabrücks dienen
       und helfen, den absehbar wachsenden Containerverkehr aus dem
       Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven abzuwickeln.
       
       „Aus heutiger Sicht wäre die Strecke nie entwidmet worden“, sagt Malte
       Diehl, der niedersächsische Landesvorsitzende des Fahrgastsverbandes Pro
       Bahn. Denn die Strecke sei [2][nicht nur als Umleitung für den Güterverkehr
       wichtig, sondern habe auch Potenzial für den unterentwickelten öffentlichen
       Personenverkehr] in der Region.
       
       1969 fuhren die letzten Passagiere auf der Strecke, 1997 wurden die letzten
       Güter transportiert. Einzelne Abschnitte der Strecke wurden abgebaut,
       andere für nostalgische Dampflokomotivenfahrten und Ausflüge mit Draisinen
       erhalten.
       
       Dass die Eisenbahntrasse Stand 2020 im Landesraumordnungsprogramm als
       „Vorranggebiet sonstige Eisenbahnstrecke“ ausgewiesen ist, hat die Kommunen
       nicht daran gehindert, Teile davon für ihre Zwecke zu verplanen. Wie das
       funktioniert, hat eine Kleine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Detlev
       Schulz-Hendel und Volker Bajus vor zwei Jahren im niedersächsischen Landtag
       gezeigt.
       
       Damals hatte die Stadt Fürstenau beantragt, bei vier Flurstücken der
       Bahnstrecke vom Landesraumordnungsprogramm abweichen zu dürfen. Die
       Bahn-tochter DB Immobilien Nord beantragte dafür beim Eisenbahnbundesamt
       eine Freistellung, sprich Entwidmung, vom Bahnbetrieb.
       
       Eine Freistellung oder Entwidmung bedeutet im Gegensatz zu einer
       Stilllegung nicht, dass die Strecke endgültig nicht wieder in Betrieb
       genommen wird. „Eine Freistellung kann erfolgen, wenn nach Auswertung der
       eingegangenen Stellungnahmen und der vorliegenden Informationen für die
       aktuell oder früher einmal vorhandenen Betriebsanlagen kein
       Verkehrsbedürfnis mehr besteht und [3][langfristig eine Nutzung nicht mehr
       zu erwarten ist“, teilte das Eisenbahnbundesamt mit].
       
       Im Falle der Fürstenauer Grundstücke hatte das Verkehrsministerium nur
       unter dem Vorbehalt sein Einvernehmen erteilt, „dass eine durchgängige
       Alternativtrasse planerisch gesichert ist“. Das war zwar nicht der Fall –
       trotzdem wurde die Freistellung erteilt und die Gemeinde durfte ihr
       Baugebiet ausweisen.
       
       Dabei versicherte die rot-schwarze Landesregierung in ihrer Antwort an die
       Grünen, im Landesraumordnungsprogramm würden „regelmäßig Strecken
       gesichert, für die perspektivisch eine strategische Bedeutung für das Land
       besteht, im Fall von Quakenbrück – Rheine für die Hafenhinterlandverbindung
       des Jade-Weser-Ports“.
       
       Der Lok-Report erwähnt ein [4][Gutachten des Deutschen Zentrums für Luft-
       und Raumfahrt], in dem schon 2008 für den Verkehr von und zu dem
       Tiefseehafen doppelstöckige Containerzüge ins Gespräch gebracht werden.
       Diese würden die Kapazität verdoppeln, könnten aber nicht wie bisher durch
       Osnabrück rollen.
       
       Tatsächlich hat Wilhelmshaven seinen Containerumschlag in jüngster Zeit
       stark gesteigert. [5][Die Bedeutung des Hafens, der jederzeit von den
       größten Containerschiffen angelaufen werden kann, wächst mit den Problemen
       der Hamburger], die Fahrrinne der jüngst noch einmal vertieften Elbe von
       Schlick und Sand freizuhalten.
       
       Die Freistellung der Strecke sei für deren raumordnerische Sicherung mit
       Blick auf den Jade-Weser-Port nicht relevant, versicherte die
       Landesregierung den Grünen. Die Entwidmung erschwere lediglich deren
       Reaktivierung.
       
       In ihrer Antwort bleibt die Landesregierung allerdings eine direkte Antwort
       auf die Frage nach künftigen Entschädigungen im Falle zu erwartender
       Enteignungen schuldig: Der Bebauungsplan sei rechtsverbindlich, auch wenn
       er nicht im Einklang mit den Zielen der Raumordnung stehe, heißt es in dem
       Schreiben. Die Baugenehmigungen seien rechtens.
       
       Welchen Ärger es geben wird, sollte der Bund Grundstücke für eine
       Reaktivierung der Strecke enteignen, lässt sich leicht ausmalen. „Ich hätte
       erwartet, dass die niedersächsische Landesregierung aktive Trassensicherung
       betreibt“, sagt [6][Pro-Bahn-Vorstand Diehl].
       
       16 Nov 2022
       
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 (DIR) [4] https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&cad=rja&uact=8&ved=2ahUKEwixj53oyLD7AhWJGuwKHft2C8gQFnoECAoQAQ&url=https%3A%2F%2Fwww.mw.niedersachsen.de%2Fdownload%2F10681%2FAbschlussbericht_Gutachten_Hinterlandanbindung.pdf&usg=AOvVaw2qxpOfnv1ks6XC54COGqUW
 (DIR) [5] /Die-Zukunft-des-Hamburger-Hafens/!5891833
 (DIR) [6] https://www.pro-bahn.de/
       
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