# taz.de -- Actionfilm „Jack Reacher“: Zwischen Rimbaud und Rambo
       
       > Wo Bösewichter schwarze Handschuhe tragen: Der Film mit Tom Cruise
       > basiert auf einem „Dick-Lit“-Bestseller und ist erfreulich unironisch.
       
 (IMG) Bild: Einer von den ganz harten Kerlen
       
       Ein Titelzusatz wie „Kein Weg zurück“ kann dieser Tage nur zwiespältige
       Gefühle hervorrufen. Wer würde sich nicht zurückwünschen in eine Zeit vor
       diesem 8. November? Dabei erweist sich „Jack Reacher: Kein Weg zurück“ als
       fast perfekter Zeitmaschinenfilm: straighte Action ohne doppelten Boden,
       aber mit viel Fäusten, wie man sie in den 80er Jahren auch nicht besser
       gemacht hat.
       
       Aber von Anfang an: Wer ist Jack Reacher und warum sollte mir der Name
       etwas sagen? Wer diese Frage beantwortet haben möchte, den holt der Film
       geradezu kundenfreundlich ab. Da winden sich in der ersten Szene drei
       Männer auf nasser, dunkler Straße vor Demütigung und Schmerzen. Fragend
       treten zwei Polizisten hinzu, deren finstere Blicke ins hellerleuchtete
       Innere eines Diners gewiesen werden. Dort schlürft Tom Cruise cool seinen
       Kaffee, um dann mit kurzen Sätzen die ihn anrüpelnden Cops der Korruption
       zu überführen. „Wer bist du?“, fragen die Besiegten begreiflicherweise
       irritiert. „Ich bin der, mit dem ihr nicht gerechnet habt,“ antwortet
       Cruise/Jack Reacher.
       
       Diese Art der Figuren-Introduktion ist der feuchte Traum eines 12-Jährigen
       mit Spielzeugknarre. Den Erwachsenen, die für die Vorlage und das Drehbuch
       von „Reacher“ verantwortlich zeichnen, war das offenbar nicht genug. „Sie
       sind eine Legende hier!“, heißt es wenig später, als Reacher seinen alten
       „Playground“, die Zentrale der Militärpolizei, aufsucht. Seine
       Verbindungsagentin Turner (Cobie Smulders), die ihn bis dahin nur vom
       Telefon her kennt, zeigt auf einen Schreibtisch mit großer Delle: „Es
       heißt, Sie hätten hier Soundso verhört.“
       
       Reacher schweigt vielsagend. Als wäre das immer noch nicht ausreichend, um
       Reachers Durchschlagskraft zu belegen, bauen die Drehbuchautoren noch
       später im Film eine Szene zwischen den Bösewichten ein: „Echt ein Kerl,
       dieser Reacher-Typ“, stellt der eine fest; „Du machst dir keinen Begriff,
       denen gingen die Medaillen aus“, bestätigt der andere.
       
       Davon auszugehen, dass Reacher kein bekannter Name ist, könnte man auch als
       das sexistische Vorurteil einer weiblichen Autorin auslegen. Denn die um
       den Exveteranen und Exmilitärpolizisten Jack Reacher kreisende Romanreihe
       gehört zur populären Männerurlaubslektüre, soll heißen: internationalen
       Bestsellerliteratur. Wie vornehm diese Sorte „Dick-Lit“ im Vergleich zu
       gängiger „Chick-Lit“-Ware abgehandelt wird, zeigen Porträts, die den
       britischen Autor Lee Child als „Anti-Proust“ ehren und Reacher als Mischung
       aus Rimbaud und Rambo beschreiben.
       
       ## Das Kind im Mann
       
       Im zweiten Leinwandauftritt von Childs Helden – die erste mit dem
       schlichten Titel „Jack Reacher“ war 2012 ein Überraschungserfolg – ist von
       solch hochkulturellen Ambitionen nichts zu spüren. Keineswegs zum Schaden
       des Films.
       
       So mag Tom Cruise als Reacher die Hardcore-Fans enttäuschen, weil im Roman
       ein 1,94 großer Hüne beschrieben wird, woran Cruise mit seinen 1,70 nicht
       heranreicht. In jeder anderen Hinsicht ist er eine Traumbesetzung: Kaum ein
       anderer der aktiven Actionhelden verkörpert so gut das bedürftige Kind im
       ernst dreinblickenden Mann. Kein anderer sieht besser aus, wenn er rennt
       oder sich an Flugzeugtüren hängt. Kein anderer strahlt so überzeugend die
       Einsamkeit aus, die damit einhergeht, wenn man für eine Legende gehalten
       wird.
       
       Der Charme von „Jack Reacher: Kein Weg zurück“ besteht ist seiner völlig
       unironischen Rückwärtsgewandtheit. Die Bösewichter tragen schwarze
       Handschuhe und schmieden geifernd böse Pläne, die Guten scharen sich um
       Reacher und machen sich auf anständige Weise die Finger schmutzig.
       
       Der Plot um Paramilitärs, Waffenhandel und eine eventuelle Reacher-Tochter
       wird eher stichwortartig abgehandelt als dramatisch entwickelt. Wobei der
       Film in Bezug auf Letztere sogar zu Humor und einer nur leise sentimentalen
       Gefühlsebene findet, die ihm sehr gut steht.
       
       10 Nov 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Barbara Schweizerhof
       
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