# taz.de -- Aktionstag gegen die Erderhitzung: Hunderttausende für prima Klima
       
       > In Deutschland kommen viel mehr Protestierende als erwartet: Die
       > Klimastreiks sind so gut besucht wie noch nie. Von unseren
       > Inlandskorrespondenten.
       
 (IMG) Bild: Viele für ein prima Klima: Proteste im Berliner Tiergarten
       
       BERLIN taz | Es ist ein weltweiter Weckruf: Rund um den Globus haben am
       Freitag Millionen für mehr Klimaschutz demonstriert. Einem Aufruf von
       [1][Fridays for Future] zum globalen Streik folgten [2][allein in
       Australien rund 300.000 Menschen]. Auch in Deutschland war der Zulauf groß,
       Hunderttausende wurden gezählt. Insgesamt gab es über 570 Aktionen. Allein
       in Berlin gingen nach Angaben der Aktivisten weit über 100.000
       Protestierende auf die Straße, in Bremen gut 30.000. Selbst in kleineren
       Städten wie Münster und Freiburg waren es rund 20.000. Die
       taz-Korrespondent*innen berichten.
       
       Aus Berlin 
       
       Im Kanzleramt wird nach einer durchgearbeiteten Nacht soeben das
       Klimaschutzpaket beschlossen. Eine Schulklasse geht hier auf dem Weg zum
       Brandenburger Tor vorbei und ruft: „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr
       uns die Zukunft klaut“. Rentner*innen, Familien, ganze Kindergärten – die
       Bandbreite der Demonstrierenden für den Klimastreik ist groß. Etliche
       Organisationen, Institutionen und Gruppen zeigen sich heute solidarisch mit
       Fridays for Future.
       
       „You will die of old age, I will die of climate change“ („Ihr sterbt wegen
       des Alters, wir wegen des Klimawandels“), steht auf einem Schild“, „Wäre
       die Umwelt eine Bank, hättet ihr sie auch schon gerettet“, auf einem
       anderen. Eine Familie mit Kinderwagen versucht, sich einen Weg durch die
       Mengen zu bahnen, um an den Rand des Trubels zu gelangen. Eine Rentnerin
       nutzt die Chance und läuft in der Schneise hinter dem Kinderwagen her.
       Menschenmengen sind nicht jedermanns Sache, auch nicht, wenn es um den
       Klimaschutz geht.
       
       Über allem schwebt ein großer schwarzer Ballon mit der Aufschrift: „No
       black coal“ („Keine Steinkohle“). Und wenn man ganz genau hinhört, kann man
       aus der Ferne Eckhart von Hirschhausen hören, der auf der Bühne sagt: „Wir
       müssen nicht das Klima retten, wir müssen uns retten. Schaut in den Himmel:
       Den teilen wir uns mit allen Menschen.“ (Anina Ritscher)
       
       Aus Köln 
       
       Köln meldet Überfüllung: Mit 20.000 Menschen hatten die Veranstalter*innen
       gerechnet, doch die Zahl scheint weit überschritten. „Wir platzen aus allen
       Nähten“, schallt es vom Lautsprecherwagen über die Menge. Sie reicht zwei
       U-Bahnstationen weit stadtauswärts.
       
       Als der Demozug sich in Bewegung setzt, läuft Fridays for Future ganz
       vorne: Es folgen unter anderem Seebrücke, ein Block gegen Kapitalismus und
       für Systemwandel, ein Block für Frieden und gegen Waffenexporte – und ganz
       am Schluss, wie sie gebeten wurden, die Parteien.
       
       Stundenlang zieht der Klimastreik durch die Stadt, zum Teil kilometerlang.
       Die Straßen sind ein Meer aus Schildern: „Demonstrieren geht über
       Studieren“, beispielsweise, oder „Wir streiken bis ihr handelt.“ Am Rand
       wird musiziert, die Menge ruft: „Streik in der Schule, in Uni und Betrieb:
       Das ist unsre Antwort auf eure Politik!“ Am Schluss schätzen die
       Veranstalter die Zahl der FFF-Protestierenden auf 70.000. (Anett Selle)
       
       Aus Hamburg 
       
       Um 12.30 Uhr, eine halbe Stunde nach Demobeginn, bewegt sich am
       Jungfernstieg gar nichts mehr. Es sind so viele Demonstrant*innen, dass sie
       die engen Straßen der Hamburger Innenstadt verstopfen. „Bitte nicht
       drängeln“, ruft ein Moderator von der Bühne. „Wir sind zu viele!“ Die
       Polizei hatte im Vorfeld von einem Ausmaß ähnlich der Proteste zum
       G20-Gipfel im Jahr 2017 gesprochen – allerdings nur, was den Verkehr
       betrifft.
       
       Bis 16 Uhr ist die Innenstadt autofreie Zone. Im Anschluss sind noch
       Blockaden angekündigt. Während Fridays for Future selbst bislang nicht zu
       Aktionen des zivilen Ungehorsams aufruft, will das Bündnis Sitzenbleiben am
       Nachmittag wichtige Verkehrsadern der Stadt lahmlegen.
       
       Der Verfassungsschutz hatte gewarnt: Linksextremist*innen, denen es gar
       nicht um den Klimaschutz gehe, würden versuchen, den Schülerprotest zu
       vereinnahmen und von den Sympathien für Fridays for Future zu profitieren.
       Das Bündnis reagierte gelassen auf den Diskreditierungsversuch: Man werde
       sich nicht spalten lassen. Um 14 Uhr schätzt die Polizei die
       Teilnehmer*innenzahl auf 50.000. Die Spitze der Demo ist schon wieder am
       Endpunkt, dem Jungfernstieg angelangt – die Binnenalster ist von
       Klimaschützer*innen umzingelt. (Katharina Schipkowski)
       
       Aus München 
       
       An der U-Bahn-Station Königsplatz geht um 12.10 Uhr gar nichts mehr –
       überall ist es voll bis runter auf den Bahnsteig. Auf der Bühne oben
       skandiert eine Frau am Mikrophon „hopp, hopp, hopp – Kohle stopp“, es läuft
       treibende Musik. Hat man sich auf den mächtigen Propyläen des Platzes ein
       wenig in die Höhe gearbeitet, sieht man ein Menschenmeer mit Fahnen und
       Plakaten. Wo dann der Demozug Richtung Uni-Viertel und wieder zurück
       beginnt und wo er endet, ist im friedlichen Getümmel schwer zu sagen.
       
       Am Straßenrand sitzt friedlich eine Frau mit geschlossenen Augen und mit
       aus ihren Händen geformter Merkel-Raute, sie meditiert. Die Polizei hat die
       Route kurzfristig verlängert, sonst würden die ersten Demonstranten wieder
       am Königsplatz angekommen, während die letzten noch nicht gestartet sind.
       Am Nachmittag werden 40.000 Teilnehmer geschätzt. (Patrick Guyton)
       
       Aus Düsseldorf 
       
       Rund 25.000 Klimaaktivist*innen sind am Freitag bei strahlender Sonne aus
       der Innenstadt zum Landtag an den Rhein gezogen. Das Ziel: Das
       Landesparlament sollte „eingekreist“ werden, um Druck auf die
       Regierungsparteien CDU und FDP zu machen. Denn die haben in ihrem
       Koalitionsvertrag erklärt, die Stellung Nordrhein-Westfalens als
       „Energieland Nr. 1“ auf jeden Fall verteidigen zu wollen.
       
       Dazu setzt die NRW-Regierung noch immer auf die Braunkohle: Erst am Morgen
       hatte CDU-Ministerpräsident Armin Laschet die Räumung des Hambacher Walds
       im Landtag verteidigt. Eine von den Grünen geforderte
       Bestandsschutzgarantie für Hambach wollte Laschet dagegen nicht abgeben –
       auf der Demo ließ er sich nicht sehen. „Rote Karten“ zeigten ihm deshalb
       die Protestierenden: „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die
       Zukunft klaut“, riefen sie – schließlich ist NRW nicht nur Sitz der
       Energiekonzerne RWE und Eon, sondern auch von energiefressenden
       Chemieunternehmen wie Bayer. (Andreas Wyputta)
       
       20 Sep 2019
       
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