# taz.de -- Angst vor TikTok: Wichtige Fragen, komische Ansätze
       
       > TikTok zieht Lebenszeit und birgt Gefahren. Wollen Staaten dagegen
       > vorgehen, müssen sie Gesetze verabschieden.
       
 (IMG) Bild: 2021 verbrachten Kinder und Jugendliche durchschnittlich 91 Minuten pro Tag auf TikTok
       
       Datenweitergabe, China, Spionage! Die Denkrichtung beim Thema TikTok ist
       oft festgefahren, anderes wird übersehen. Nicht so bei der [1][Anhörung von
       TikTok-Chef Shou Zi Chew am Donnerstag vor dem US-Kongress]. Da ging es
       auch um die Auswirkungen der Plattform. Die Republikanerin Cathy McMorris
       Rodgers sagte, TikTok würde „die Unschuld der Kinder ausbeuten.“
       
       Klar, im Anti-TikTok-Rausch der US-Politik wird ein übertriebenes
       Horrorszenario skizziert. Die Frage ist aber wichtig: Was macht es mit
       Menschen, wenn sie viel Zeit auf TikTok verbringen? [2][2021 waren das
       durchschnittliche 91 Minuten pro Tag bei Kindern und Jugendlichen]. Und wie
       könnten Staaten mit diesem Einfluss umgehen?
       
       Die große Verweildauer bei TikTok kann nicht nur zu Unterhaltung führen,
       sondern auch zu gefährlichen Challenges und Annahmen über die Welt und sich
       selbst. Insbesondere die Wahrnehmung des Körpers, die herausgefordert wird
       durch Filter wie jenen, der die Knochenstruktur von Gesichtern so
       verändert, dass sie attraktiver werden.
       
       TikTok weiß um diese Gefahren. Seit Kurzem können deswegen Nutzungszeiten
       von User*innen eingeschränkt werden. Man wird gewarnt, wenn man die
       selbst festgelegte Zeit überschreitet. Außerdem arbeitet TikTok [3][laut
       eigenen Angaben] gerade an einer Funktion, mit der User*innen ganz
       einfach den Empfehlungsalgorithmus dazu bringen können, die Hunderte von
       Stunden personalisiertes Training mal eben auszublenden. In einer digitalen
       Welt wäre das eine psychische und soziale Notbremse, die jede Plattform
       beinhalten sollte. Genug Schutz ist das aber noch lange nicht!
       
       ## Das neue Gesetz ist gefährlicher Humbug
       
       Der Gouverneur von Utah unterzeichnete am Donnerstag ein Gesetz, das
       Plattformen unter anderem verpflichten soll, bei Neuanmeldungen das Alter
       der User zu überprüfen und Minderjährige nachts von Plattformen
       auszuschließen. Es ist gefährlicher Humbug.
       
       So könnten Nutzer*innendaten direkt verknüpft werden mit legalen
       Identitäten, und das ausgerechnet bei Minderjährigen, deren Datenleben ja
       noch einige Jahre länger ist. Targeting und Doxing könnten so noch
       gefährlicher werden. Zum anderen würde die Sperrstunde bedeuten, dass man
       eine ganz bestimmte Menschengruppe stundenlang der Möglichkeit und des
       Rechts beraubt, sich frei zu informieren und frei zu äußern.
       
       Wenn Staaten wirklich etwas unternehmen wollen, müssten sie Filter
       regulieren, starke Moderationspflichten festlegen und die Plattformen dazu
       verpflichten, ihren User*innen eine Option anzubieten, Daten
       zurückzubekommen und Algorithmen zurückzusetzen. Und das auch durchsetzen.
       
       Wenn sie sich fragen, wer denn Minderjährige beeinflussen will, dürfen sie
       nicht zuerst an andere Staaten denken, sondern an Unternehmen und
       Extremist*innen, die Menschen bis zum Gewaltexzess mit Hass füttern. Das
       trifft übrigens nicht nur Minderjährige. Extremisierungstreiber sind auch
       anderweitig unterwegs, etwa auf: [4][Facebook], der Plattform der Alten.
       
       24 Mar 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Anhoerung-im-US-Kongress/!5924102
 (DIR) [2] https://techcrunch.com/2022/07/13/kids-and-teens-watch-more-tiktok-than-youtube-tiktok-91-minutes-in-2021-youtube-56/
 (DIR) [3] https://newsroom.tiktok.com/de-de/ein-neuer-weg-den-fuer-dich-feed-zu-aktualisieren
 (DIR) [4] /Extremistische-Gruppen-auf-Facebook/!5728370
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Johannes Drosdowski
       
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