# taz.de -- Anti-Brexit-Parteien in Nordirland: Wahlpakt gegen die DUP
       
       > Die nordirischen Anti-Brexit-Parteien wollen der
       > protestantisch-unionistischen Democratic Unionist Party Stimmen
       > abluchsen. Eine Chance?
       
 (IMG) Bild: Spielten lange das Zünglein an der Waage: Die DUP unter Arlene Foster
       
       DUBLIN taz | Nordirlands Anti-Brexit-Parteien haben einen Wahlpakt
       geschlossen. So wollen sie der protestantisch-unionistischen Democratic
       Unionist Party (DUP), die als einzige nordirische Partei beim Referendum
       2016 für den Brexit eingetreten war, bei den Wahlen am kommenden Donnerstag
       ein paar Sitze abjagen.
       
       Deshalb verzichtet die katholisch-nationalistische Social Democratic and
       Labour Party (SDLP) in Nord-Belfast auf eine Kandidatur, damit John
       Finucane von Sinn Féin den stellvertretenden DUP-Vorsitzenden Nigel Dodds
       überflügeln kann. John Finucanes Vater Pat, ein Anwalt für Bürgerrechte,
       ist 1989 von der protestantisch-loyalistischen Ulster Defence Association
       mit Hilfe des britischen Geheimdiensts MI5 ermordet worden.
       
       Dessen Chancen, Dodds den Unterhaussitz abzunehmen, stehen recht gut. Auch
       wenn die gemäßigte Ulster Unionist Party (UUP) erklärt hat, sie habe die
       Kandidatur ihres Parteichefs Steve Aiken in Nord-Belfast zurückziehen
       müssen, weil er Morddrohungen für den Fall erhalten habe, dass er der DUP
       Stimmen abjage und dadurch Finucane zum Sieg verhelfe.
       
       Im Gegenzug tritt Sinn Féin in den Wahlkreisen Süd-Belfast, wo fast 70
       Prozent gegen den Brexit gestimmt haben, und Ost-Belfast nicht an, um der
       SDLP beziehungsweise der Alliance Party zum Sieg zu verhelfen.
       
       ## Verdopplung der Stimmen in Aussicht
       
       „Bei dieser Wahl geht es um die Zukunft unseres Landes“, sagte die
       Sinn-Féin-Präsidentin Mary Lou McDonald. „Sinn Féin hat seit dem Referendum
       mit den anderen Anti-Brexit-Parteien zusammengearbeitet, um der britischen
       und irischen Regierung, der EU und den USA die deutliche Botschaft zu
       senden, dass die DUP nicht für Nordirland spricht.“
       
       Die Alliance Party, die in der Frage, ob Nordirland britisch oder irisch
       sein soll, offiziell neutral ist, wird laut Umfragen ihren Stimmanteil von
       rund 8 Prozent bei den letzten Wahlen verdoppeln. Auch die SDLP wird
       demnach von 11,7 auf 14 Prozent klettern. DUP und Sinn Féin müssen hingegen
       mit Einbußen von acht beziehungsweise 5,5 Prozentpunkten rechnen. Aufgrund
       des Wahlsystems, bei dem der Gewinner das Mandat erhält und alle anderen
       leer ausgehen, wird sich das aber weniger dramatisch auf die Verteilung der
       18 Sitze auswirken.
       
       Die DUP indes hofft auf einen ähnlichen Ausgang der britischen
       Parlamentswahlen wie 2017. Damals wurde sie zum Zünglein an der Waage, weil
       die Tories ihre absolute Mehrheit verspielt hatten. Die 10 DUP-Abgeordneten
       stützten Theresa Mays Minderheitsregierung und verlangten dafür, dass
       Nordirland nach dem Brexit keinen Sonderstatus bekomme.
       
       Seit Boris Johnson die Nachfolge von May angetreten hat, ist diese
       Verabredung endgültig aufgekündigt. [1][Sein Deal mit der Europäischen
       Union] beinhaltet eine komplizierte Lösung: Die Provinz soll zwar gemeinsam
       mit dem Rest des Vereinigten Königreichs aus der Zollunion austreten, aber
       bei Warenimporten sollen weiterhin eine Reihe von EU-Zollregeln gelten.
       Damit würde de facto eine Zollgrenze in der Irischen See zwischen
       Nordirland und Großbritannien entstehen. [2][Auf die DUP kann Johnson
       deshalb nicht mehr zählen, denn sein Deal beschleunigt ihrer Meinung nach
       die Trennung Nordirlands vom Vereinigten Königreich].
       
       ## Nordirische Gesellschaft ist gespalten
       
       Johnsons einzige Chance ist eine absolute Mehrheit, um seinen Deal vom
       Unterhaus absegnen zu lassen. Aus Nordirland wird er lauter Gegenstimmen
       erhalten – allerdings nicht von Sinn Féin. Deren Abgeordnete nehmen ihre
       Sitze nicht ein, weil sie die Teilung Irlands nicht akzeptieren und den für
       Abgeordnete obligatorischen Eid auf die Königin nicht schwören wollen. So
       können sie nicht gegen Johnsons Brexit-Deal stimmen.
       
       Nordirland war beim Brexit-Referendum mehrheitlich für den Verbleib in der
       EU. Die nordirische Gesellschaft ist jedoch in einen pro-britischen und
       einen pro-irischen Bevölkerungsteil gespalten. Bisher haben die Wählerinnen
       und Wähler beider Seiten noch immer loyal für ihre Parteien gestimmt. So
       wird der Brexit hier bei den Wahlen eine geringere Rolle als in anderen
       Teilen des Vereinigten Königreichs spielen.
       
       6 Dec 2019
       
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 (DIR) Ralf Sotscheck
       
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