# taz.de -- Antisemitische Fußballfans: Eine Frage der Volksverhetzung
       
       > Nach einem Spiel des HSV sollen Anhänger ein antisemitisches Lied gegrölt
       > haben. Die Linke wirft der Polizei vor, nichts dagegen unternommen zu
       > haben
       
 (IMG) Bild: Sind manchmal gewalttätig, aber seit einiger Zeit zumeist nicht mehr rechtsextrem: HSV-Anhänger
       
       Das Ergebnis von 2:1 gegen Schalke 04 war Ende des Jahres für den HSV eine
       Ermunterung. Außerhalb des Stadions hat das Heimspiel nun ein politisches
       Nachspiel in der Bürgerschaft: Eine Gruppe von Fans des Hamburger Vereins
       sollen im Beisein von der Polizei einen antisemitischen Song angestimmt
       haben: „Wir bauen eine U-Bahn bis nach Auschwitz.“ Die Linken-Abgeordnete
       Christiane Schneider will nun in einer kleinen Anfrage vom rot-grünen Senat
       wissen, warum die Polizei nicht eingegriffen hat.
       
       Die Linke hatte einen Hinweis zu dem Vorfall am 20. Dezember 2016 nach dem
       Heimspiel bekommen: Gegen 22.20 soll eine Gruppe von 20 Personen auf dem
       Weg vom Stadion in Richtung U-Bahn-Haltestelle Eidelstedt das Lied in der
       Fassung gegrölt haben, bei der eine U-Bahn von St. Pauli bis in das
       ehemalige Konzentrationslager gebaut werde. Die anwesenden Polizeibeamten
       direkt vor Ort sollen nicht gehandelt haben.
       
       Der rechtsextreme U-Bahn-Song geistert in verschiedensten Varianten durch
       die rechts-affinen Fanszenen einiger Fußballvereine. Die zentrale Aussage
       wird dabei variiert, von einem jeweils auswechselbarem Ort soll es bis nach
       Auschwitz gehen.
       
       Schneider erklärte: „Da dieses den Holocaust verharmlosende Lied seit
       vielen Jahren immer wieder in und um Stadien gegrölt wird, kann davon
       ausgegangen werden, dass es den Einsatzkräften bekannt ist.“ Sie meint
       weiter, dass der Polizei auch die Urteile mehrerer Gerichte bekannt sein
       müssten, die das „Lied“ als strafbare Handlung der Volksverhetzung
       werteten.
       
       Das Fanprojekt des HSV – Jugend und Sport e.V. – will nicht ausschließen,
       dass es einen solchen Vorfall gab. In der Fanszene des HSV gibt es einzelne
       Rechtsextreme. Auf der Facebook-Seite der „HSV-Fans gegen rechts“ sind
       zudem antisemitische Schmierereien gegen Werder Bremen dokumentiert („Juden
       SVW“). In Richtung des Urhebers des Graffitis heißt es dazu auf der
       Facebook-Seite: „Wir werden so ein Gedankengut niemals schweigend hinnehmen
       – merk dir das! Kriech zurück in dein Loch und lass den HSV mit deinem
       Nazi-Scheiss in Ruhe.“
       
       Vor gut dreißig Jahren wäre aus der Fangemeinde des HSV so eine Reaktion
       noch unterblieben. Anfang der 1990er-Jahre stand im Volksparkstadion an den
       Fanblocks E und F ein brauner Mob mit Glatze, Bomberjacke und weißen
       Schnürsenkel in den Springerstiefeln. Mit dem Aufkommen der „Ultras“ sei
       diese Szene aber mehr und mehr aus dem Stadion verdrängt worden, sagt
       Dieter Bänisch, Geschäftsführer des Fan-Projektes. Eine organisierte
       rechtsextreme Fangruppe bestünde schon länger nicht mehr.
       
       Auch als 2015 organisierte Rechtsextreme den „Tag der deutschen Patrioten“
       an der Elbe ausrichten wollten, hing in der HSV-Fankurve ein Banner:
       „Hamburg hat keinen Platz für Nazi-Idioten.“
       
       10 Jan 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Speit
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Antisemitismus
 (DIR) Nazis
 (DIR) Fußballfans
 (DIR) Rostock
 (DIR) Fußball-Bundesliga
 (DIR) Ultras
 (DIR) Fußball
 (DIR) Israelkritik
 (DIR) Schwerpunkt Rassismus
 (DIR) Lügenleser
 (DIR) Judenverfolgung
 (DIR) Deutscher Fußballbund (DFB)
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Rassistische Parolen von Fußballfans: Einsteigen, rumhetzen, aussteigen
       
       Fans von Hansa Rostock machten diskriminierende Durchsagen in einem Zug.
       Niemand habe eingegriffen, berichtet eine Mitreisende.
       
 (DIR) Eskalation bei Fußballspiel: Anzeige gegen Berliner Polizei
       
       Die Polizei ging beim Auswärtsspiel gegen Hertha BSC rigide gegen
       Werder-Ultras vor. Scharfe Kritik kommt vom Fanprojekt. 26 Ultras
       festgenommen
       
 (DIR) Werder-Ultras über Polizei-Ermittlungen: „Das ist wirklich lächerlich“
       
       Die Polizei Bremen ermittelt, weil sie eine Fan-Choreografie der
       Antifa-Ultras „Cercle d’Amis“ für einen Gewaltaufruf hält. Die Ultras
       widersprechen
       
 (DIR) Blick hinter die Vereins-Kulissen: „Ich lebe mit dem HSV in Trennung“
       
       Manfred Ertel war Mitglied des Aufsichtsrats beim Fußball-Bundesligisten
       Hamburger SV, bis der seine Profi-Abteilung ausgliederte. Seine Erfahrungen
       reflektierte er in einem Buch.
       
 (DIR) Kolumne German Angst: Selbst schuld
       
       Anschläge auf Jüdinnen und Juden sind keine Israelkritik. Wer Attentäter
       als Widerstandskämpfer darstellt, nimmt antisemitischen Terror nicht ernst.
       
 (DIR) Diskriminierendes Verhalten im Fußball: Der Antirassismus der Fifa
       
       Ist es wirklich ohne Abstriche ganz toll, wenn der Weltfußballverband
       Strafen wegen rassistischer und homophober Fans verhängt? Nicht ganz.
       
 (DIR) Kolumne Lügenleser: Stellungskrieg im Kommentarfeld
       
       Es gibt einen Zusammenhang zwischen Party-Patriotismus und einem Anstieg
       rassistischer Gewalt, liebe Deutschlandfahnenbegeisterte.
       
 (DIR) Judenhass im Fußball vor 1933: Vorspiel zur Schoa
       
       Schon bevor Hitler an die Macht kam, war im Fußball der Antisemitismus
       verbreitet. Und es gab jüdische Selbstbehauptung.
       
 (DIR) Kommentar DFB-Krise: Einfach wegtreten!
       
       Der Deutsche Fußballbund will eine Ethikkommission einsetzen. Zu einer
       demokratischen Organisation wird er deshalb noch lange nicht.