# taz.de -- Autonomes Fahren in Hannover: Die Buslinie, die es nicht gibt
       
       > Ein kleines Gefährt am Stadtrand von Hannover weckt Erinnerungen an
       > Klamaukfilme und wirft die Frage auf, was Busfahrern eigentlich Freude
       > macht.
       
 (IMG) Bild: Wie eine Seilbahnkabine, die auf ein Rollbrett geplumpst ist: NemoH ist Autonomer
       
       In diesen Tagen soll er starten: Hannovers erster [1][autonom fahrender
       Shuttlebus], auf seiner Teststrecke am Rande der Stadt. Ich kann
       urlaubsbedingt leider nicht dabei sein. Das ist wirklich schade, ich hätte
       gern gewusst, wie das aussieht und sich anfühlt. [2][NemoH heißt er, das
       steht für „Neue Mobilität Hannover“].
       
       Ich denke bei dem Stichwort autonomes Fahren ja als allererstes an
       eigensinnige VW Käfer namens Herbie oder Dudu – Klamaukfilme, mit denen
       ich aufgewachsen bin. Die kleinen Rennautos entwickelten darin (aus
       Gründen, die nie recht erklärt wurden) einen eigenen Kopf, fuhren da
       entlang, wo es ihnen passte, ließen ihr verbrauchtes Motoröl auf den
       Schuhen und Hosen der Filmbösewichte ab.
       
       Ein harmloser Familienspaß, wahrscheinlich sogar von der Sorte, die nicht
       ganz so übel gealtert ist, wie andere Kino- und TV-Produktionen der Zeit;
       für die man sich heute schämen muss, wenn man sie aus dummer Nostalgie mit
       den Kindern nochmal anguckt.
       
       „Knight Rider“, [3][David Hasselhoff mit dem klugscheißerisch
       daherquatschenden KITT] gab es natürlich auch noch, aber der passt hier
       nicht. Der Kleinbus, den ich in der Nähe des Maschinenbau-Campus in
       Hannover Garbsen bei seinen ersten Erkundungs- und Messfahrten gesichtet
       habe, sieht nicht besonders schnittig aus, eher wie eine Seilbahnkabine,
       die auf ein Rollbrett geplumpst ist.
       
       Der hat sehr viel Glas und sehr viel Rundes, das hat bestimmt
       psychologische Gründe, der soll lieb und harmlos ausschauen, eben wie ein
       alter Käfer – bloß keine Technikängste schüren.
       
       ## Die Linie heißt aus guten Gründen wie eine Fehlermeldung
       
       Als gelernte Altlinke sollte ich jetzt vermutlich als Erstes über den
       drohenden Jobverlust für Busfahrer herumräsonieren, aber ganz ehrlich: Ich
       habe das Ding da herumkriechen sehen, das dauert noch Jahre bis es in der
       Lage sein wird, einer nennenswerten Anzahl von Personen die Arbeit weg zu
       nehmen.
       
       Diese 1.000 Meter lange Teststrecke ist ohnehin eine Zumutung für jeden,
       der seinen Fahrerjob liebt: ein Pendelverkehr immer nur von der
       Straßenbahnhaltestelle zum Maschinenbau-Campus und zurück. Man kommt über
       eine Kreuzung mit ein paar Hochhäusern, guckt auf ein Industriegebiet,
       kriecht eine Autobahnbrücke hinauf und erblickt dann den Campus, der ganz
       genauso trostlos aussieht.
       
       Ich nehme an, auch das ist Absicht, man will ja so Maschinenbaustudenten
       nicht mit übertriebenen ästhetischen Ansprüchen verwirren, da haben die ja
       später im Leben auch nichts von. Die Campusgebäude sehen aus wie
       Fabrikhallen, in denen Akademiker produziert werden.
       
       Fahrerisch ist das völlig reizlos. Nichts, wo man mal aufs Gas latschen
       kann, nichts, wo sich einmal eine Landschaft oder tolle Perspektive öffnet.
       Diese Gegend sieht selbst im Sonnenuntergang öde aus. Stattdessen muss man
       dauernd durch Kreisel kurven.
       
       Auch die Fahrgäste geben nicht viel her: nette, junge Leute – bestimmt.
       Augenscheinlich auch aus allen möglichen Ländern, aber doch meistens in
       Fachsimpeleien oder ins Handy vertieft. Wenig Stoff für die Art von Fahrer,
       der sich als rollender Menschenkenner versteht und gerne Schwätzchen hält.
       Die Strecke ist ja auch zu kurz.
       
       Nein, es ist völlig richtig, dass diese Linie 404 heißt – wie der
       Fehlercode im Internet, wenn eine Seite nicht gefunden wird. Genau so eine
       Strecke ist das. Ist doch besser, wenn so ein kleiner Automat das fährt.
       
       Wobei man sagen muss, dass man die Strecke vielleicht auch einfach zu Fuß
       gehen könnte – maximal 15 km/h darf der kleine Autonome hier fahren, bei
       den Erkundungsfahrten zum Datensammeln war er oft nur mit 5 km/h unterwegs
       – mehr Verkehrshindernis als Verkehrsfortschritt.
       
       Aber so ist das wohl mit diesem technischen Fortschritt. Ich warte auch
       immer noch auf den Roboter, der mir die verdammte Hausarbeit wegnimmt.
       Alles, was ich bisher bekommen habe, ist ein kleiner runder
       Staubsaugroboter (wir nennen ihn Bob), der so dumm ist, dass er sich immer
       wieder unterm Klo fest fährt.
       
       28 Aug 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Autonomes-Fahren/!5753208
 (DIR) [2] https://www.regiobus.de/linien/nemoh
 (DIR) [3] /Forschungsprojekt-selbstfahrende-Autos/!5492572
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nadine Conti
       
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