# taz.de -- BaggerbesetzerInnen wieder frei: Klowasser getrunken > Sechs Tage in Haft saßen AktivistInnen, die im Braunkohletagebau > Garzweiler Bagger besetzt hatten. Sie berichten von skurrilen > Erlebnissen. (IMG) Bild: Polizeieinsatz am Rande der Proteste für den Erhalt diverser Dörfer im Braunkohlegebiet AACHEN taz | Sven, Student aus Hamburg (Angaben geändert), hat gelernt, „welche Wirkung Isolation ohne Tageslicht hat“, erzählt er der taz. Der 24-Jährige ist einer der zehn Festgenommenen vom vergangenen Sonntag, die nach [1][der halbtägigen Baggerbesetzung im Tagebau Garzweiler II] die Angabe ihrer Personalien verweigerten und deshalb sechs Tage in sechs verschiedenen Polizeiwachen eingesperrt wurden. Aus Protest [2][waren sie in Hungerstreik getreten]. Sven war in einer Zelle in Mönchengladbach untergebracht. Seit Freitagabend sind alle wieder raus, alle unbeschadet. „Hungerstreik“, sagt Sven jetzt, „ist ein fundamentales, selbstermächtigendes Gefühl.“ Es gab ekelhafte und rührende Momente. Mancherorts mussten die Inhaftierten „um jeden Schluck Wasser fast betteln“, berichtet Lukas Schnermann von der Gruppe Extinction Rebellion (XR), die sich um die Eingesperrten von außen kümmerte. In Krefeld saß der einzige Durststreikende. Als dieser nach 36 Stunden wieder trinken wollte, weil er sich zunehmend unwohl fühlte, habe anderthalb Stunden lang niemand auf sein Klingeln reagiert, so Schnermann. Der Betroffene habe deswegen Wasser aus der Klospülung getrunken, dann ging es ins Krankenhaus. Eine Frau habe sich ein Schachspiel aus Papierkügelchen gebastelt, es wurde konfisziert. Manche durften telefonieren, anderen wurden alle Bücher weggenommen. Manche hatten nachts Dauerlicht, andere kurzen Hofgang in Handschellen. Ein Gefangener habe sechs Kilo abgenommen. „Fast alle haben erzählt, dass sie gegen die Langeweile viel gesungen haben“, erzählt Schnermann, „und einer sehr laut gerappt.“ Nach Auskunft von XR wurde bei keinem der Inhaftierten ernsthaft weiter nach der Identität geforscht. Jugendliche waren, anders als zuvor vermutet, offenbar doch nicht dabei: „Eine Frau, die wirklich sehr jung aussah“, sagt Schnermann, „hat mir jetzt gesagt, sie sei 19“. Sven hat erlebt, „wie hilflos Polizisten beim Umgang mit anderen nichtdeutschsprachigen Gefangenen sind“. Manche Beamte konnten kaum Englisch, Dolmetscher gab es nicht, „und auf Schreien reagierten die Beamten mit lauterem Schreien“. Es habe auch kuriose Dialoge gegeben: „Wo wollen Sie hin?“, habe eine Beamtin gefragt. „In eine Welt ohne Klimakrise.“ Antwort: „Das könnte knapp werden.“ Nein, das sei wohl nicht zynisch gemeint gewesen. Glücklich war Sven über die Solidarität von außen. Gut 30 Leute, „darunter ganze Familien“, hätten ihn bei der Entlassung erwartet. Ein Polizist habe zum Abschied gesagt: „Respekt, was Sie gemacht haben, sechs Tage lang nichts essen. Ich könnte das niemals. Sie und die anderen müssen schon sehr überzeugt sein.“ 6 Sep 2020 ## LINKS (DIR) [1] /RWE-Tagebau-Garzweiler/!5706480 (DIR) [2] /Widerstand-gegen-Garzweiler-II/!5706789 ## AUTOREN (DIR) Bernd Müllender ## TAGS (DIR) Garzweiler (DIR) Garzweiler II (DIR) Schwerpunkt Klimawandel (DIR) Extinction Rebellion (DIR) Polizei NRW (DIR) Polizei (DIR) Protest (DIR) klimataz (DIR) Schwerpunkt Klimawandel (DIR) Extinction Rebellion (DIR) Extinction Rebellion (DIR) Garzweiler II (DIR) Braunkohle ## ARTIKEL ZUM THEMA (DIR) Anwohner klagen für Erhalt ihrer Dörfer: Verfassungsgericht soll Kohle stoppen Anwohner*innen des Braunkohletagebaus Garzweiler II ziehen vor Gericht. Der beschlossene Kohleausstieg bis 2038 wäre das Aus für weitere Dörfer. (DIR) Besetzung eines Kohlebaggers in Garzweiler: Fundamentalerfahrung in Gewahrsam Ihr Protest gegen den Braunkohleabbau brachte zehn Leute hinter Gitter, sie antworteten mit Hungerstreik. Der Polizei ging es um Abschreckung und Bestrafung. (DIR) Extinction Rebellion in Großbritannien: Blockade britischer Druckereien Die Gruppe Extinction Rebellion hat Zeitungsdruckereien in Broxbourne blockiert. Die Aktivist*innen kritisieren die Berichterstattung über den Klimawandel und Migration. (DIR) Widerstand gegen Garzweiler II: Baggerbesetzer im Hungerstreik Sie sind gegen das Abbaggern von Braunkohle. Zehn AktivistInnen müssen deshalb in Gewahrsam – auf umstrittener Rechtsgrundlage. (DIR) RWE-Tagebau Garzweiler: Demo gegen Baggern für Braunkohle Per Leitentscheid will die nordrhein-westfälische Regierung ihre Braunkohlepolitik festlegen. Demonstranten fordern, bewohnte Dörfer zu erhalten.