# taz.de -- Coral World an der Rummelsburger Bucht: Kein Futter für die Fische
       
       > Das Hotel-Aquarium Coral World bekommt doch keine staatliche Förderung.
       > Gebaut wird trotzdem. Der Investor beharrt, er schaffe einen
       > „Bildungsort“.
       
 (IMG) Bild: Ob es auch Goldfische in der Coral World geben wird?
       
       BERLIN taz | Der Antrag auf Wirtschaftsförderung für das umstrittene
       Hotel-Aquarium Coral World in der Rummelsburger Bucht wurde abgelehnt.
       „Grundsätzlich gilt, dass für die Förderung eines Investitionsvorhabens mit
       GRW-Mitteln sämtliche Kriterien des Förderprogramms erfüllt sein müssen“,
       erklärt am Dienstag der Sprecher der Wirtschaftsverwaltung, Matthias
       Kruder, der taz. Genauere Angaben zu den Gründen könne er aufgrund des
       Datenschutzes nicht machen. Die Entscheidung sei bereits Ende April
       gefallen, aber bis zur offiziellen Zustellung zum Antragssteller nicht
       veröffentlicht worden.
       
       Es klingt wie der Traum eines jeden Investors: Ein Grundstück in Top-Lage
       deutlich unter Marktwert. Angeboten von der Stadt, dazu die Möglichkeit,
       eine kommerzielle Touristenattraktion samt Hotel dort zu bauen – und am
       Ende gibt es noch staatliche Förderung in fast der doppelten Höhe des
       Grundstückpreises obendrauf.
       
       Für das Unternehmen Coral World Berlin, das an der Rummelsburger Bucht ein
       Erlebnis-Aquarium samt Hotel bauen will, war dieser Traum in greifbarer
       Nähe. Der damals noch rot-schwarze Senat verkaufte 2016 die letzten noch
       unbebauten Flächen um die Rummelsburger Bucht an private Investor*innen.
       Unter den Käufer*innen war auch die Coral World Berlin GmbH, die das am
       Ostkreuz gelegene Grundstück für 4,15 Millionen Euro erwarb.
       
       Die Pläne des Unternehmens, hinter dem der israelische Milliardär und
       Meeresbiologe Benjamin Kahn steht, an der Stelle ein Erlebnis-Aquarium zu
       errichten, sind schon seit 2017 bekannt und wurden seitdem heftigst
       kritisiert. Dementsprechend sorgte Ende März die Nachricht für Wirbel, dass
       Coral World Wirtschaftsförderung beim Land Berlin beantragt hat.
       
       Dabei handelte es sich um den zu gleichen Teilen von Land und Bund
       finanzierten GRW-Fördertopf, dessen Abkürzung für „Gemeinschaftsaufgabe
       Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ steht, und der von der
       Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe vergeben wird. Laut
       den GRW-Förderkriterien wird dabei ein Anteil der Investitionskosten
       übernommen. Der Prozentsatz sinkt aber mit zunehmender Investitionssumme.
       
       Rein rechnerisch wären für Coral World, das ein Investitionsvolumen von
       96,3 Millionen Euro angibt, eine maximale Förderung von rund 7,3 Millionen
       Euro möglich gewesen. Über drei Millionen Euro mehr, als das Land durch den
       Verkauf des Grundstücks verdient hat.
       
       Zwischenzeitlich sah es fast so aus, als würde Coral World die Förderung
       erhalten. „Neben der wirtschaftlichen Stärkung für die Region ist das
       Vorhaben auch aus tourismuspolitischer Sicht begrüßenswert“, hießt es noch
       Ende März in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage des grünen
       Abgeordneten Julian Schwarze von der Wirtschaftsverwaltung.
       
       „Zum Glück ist eine weitere Fehlentscheidung verhindert worden“, begrüßt
       Schwarze die Ablehnung, der in seiner Fraktion Sprecher für
       Stadtentwicklung, Clubkultur und Tourismus ist. „Ich bleibe aber dabei,
       dass das Projekt falsch war, und hätte mir eine andere Nutzung gewünscht.“
       
       Doch dafür besteht wenig Hoffnung. „Die Baupläne für CWB sind nicht von
       einer Entscheidung über die GRW-Förderung abhängig“, bestätigt ein Sprecher
       von Coral World am Dienstag gegenüber der taz.
       
       Seit dem Verkauf 2016 stießen [1][die Verwertungspläne an der Rummelsburger
       Bucht] auf massiven Widerstand von Anwohner*innen und
       Zivilgesellschaft. „Alle bisherigen Nutzer*innen sind entfernt worden
       zugunsten von hochpreisigen Spekulationsobjekten“, kritisiert Michael Merz,
       Mitglied der Initiative „Bucht für Alle“, die sich gegen den Bebauungsplan
       engagierte, der auch Coral World ermöglicht hat. „Das steht in keinem
       Verhältnis.“
       
       Neben Coral World entstehen auf den restlichen Grundstücken vor allem
       hochpreisige Eigentumswohnungen, Büro- und Gewerbeflächen. Weichen mussten
       dafür unter anderem [2][drei Wagenplätze], ein Klub und ein
       [3][Wohnungslosencamp, in dem zeitweise über hundert Menschen lebten.] Der
       ganze Bebauungsplan sei ein „Beispiel, wie Stadtentwicklung nicht
       funktionieren sollte“, urteilt Schwarze.
       
       Investor Kahn versucht unterdessen weiterhin, Coral World als Lern- und
       Bildungsstätte zu verkaufen. Das Aquarium solle „proaktives Handeln zum
       Schutz der Ozeane anregen“, heißt es im [4][Protokoll] einer Sitzung des
       Lichtenberger Stadtentwicklungsausschusses, bei dem Kahn Ende April
       vorstellig wurde.
       
       ## Ausnahmen vom Bebauungsplan
       
       Merz, der auch bei der Sitzung anwesend war, hält Kahns philanthropische
       Ambitionen für wenig glaubwürdig: „Das ist ein Geschäftsmann.“ Gegen die
       Selbstlosigkeit des Milliardärs sprechen auch die Planänderungen,
       zusätzlich zum Aquarium nun auch ein Hotel mit 169 Doppelzimmern zu
       realisieren. Dafür beantragte Coral World noch im Dezember diverse
       Ausnahmen vom Bebauungsplan, da die Höhe, Breite und Geschossfläche die
       Vorgaben überstiegen. Der Bezirk genehmigte die Ausnahmen bereitwillig.
       Nach Aussagen der Projektleiterin wird das Hotel rund ein Viertel der auf
       27.000 Quadratmeter gewachsenen Geschossfläche ausmachen.
       
       Wie dem Protokoll zu entnehmen ist, wollte Kahn „ursprünglich kein
       7-stöckiges Gebäude oder ein Hotel bauen“, sondern „eine organische
       Gebäudeform“. Aufgrund der im Bebauungsplan vorgegebenen Mindesthöhe hätte
       er aber von den ursprünglichen Vorstellungen abweichen müssen. Für Merz
       sind die Hotelpläne ein weiterer Beweis, dass es bei dem Projekt allein um
       Profitmaximierung geht: „Ansonsten hätte er die Räume ja auch NGOs zur
       Verfügung stellen können.“
       
       11 May 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Coral-World-in-der-Rummelsburger-Bucht/!5841625
 (DIR) [2] /Wagenplaetze-in-Berlin/!5795544
 (DIR) [3] /Obdachlosencamp-in-Berlin/!5758962
 (DIR) [4] https://www.berlin.de/ba-lichtenberg/politik-und-verwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/to020.asp?TOLFDNR=58425
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jonas Wahmkow
       
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