# taz.de -- Daniel Buchholz (SPD) über Kleingärten: „Was haben die Grünen dagegen?“
       
       > Die ganze Koalition will Berlins Kleingärten sichern, aber die gemeinsame
       > Arbeit an einem Gesetz ist geplatzt. Daniel Buchholz (SPD) wundert sich.
       
 (IMG) Bild: Gesucht: mehr Sicherheit für bedrohte Gartenbewohner
       
       taz: Herr Buchholz, Ende März haben Sie mit Marion Platta, Ihrer Kollegin
       von der Linksfraktion, einen Gesetzentwurf vorgestellt, der die heute
       vorhandenen Kleingartenflächen sichern soll. Die Grünen waren nicht dabei.
       Bei diesem ganz spezifischen Thema ist die Koalition gespalten. Haben Sie
       seitdem noch einmal darüber gesprochen? 
       
       Daniel Buchholz: Seitdem nicht mehr, nein. Wir durften nur unfeine Dinge
       über unseren Entwurf in der Zeitung lesen.
       
       Den Entwurf haben Sie jetzt mal in die Arena geworfen und warten, dass die
       Grünen sich rühren? 
       
       Aus unserer Sicht verfolgen wir den von allen Koalitionspartnern
       verabredeten Aktionsplan. Der hieß: Wir stimmen zu dritt einen Vorentwurf
       für ein Kleingartenflächensicherungsgesetz ab und stellen ihn der
       Öffentlichkeit vor, damit alle Interessierten sich dazu äußern können.
       Diesen ursprünglichen Zeitplan halten SPD und Linke ein, und wir sind etwas
       traurig und befremdet, dass die Grünen nicht mehr mitmachen. Seit den
       ersten Gesprächen mit Kleingärtnerinnen und Kleingärtnern im Spätherbst
       2020 hatten wir mit den Grünen zusammen fünf gemeinsame, mehrstündige
       Diskussions- und Abstimmungsrunden zum konkreten Gesetzestext. Umso
       erstaunlicher, dass wir das jetzt nicht gemeinsam vollenden können.
       
       Die Grünen sagen ihrerseits, dass sie ein solches Landesgesetz für nicht
       tragfähig halten. Dabei können sie sich auf ein Gutachten des
       Wissenschaftlichen Dienstes des Abgeordnetenhauses berufen. 
       
       Ja, es wurden von juristischer Seite, aber auch von mehreren
       Senatsverwaltungen kritische Fragen nach dem Verhältnis zwischen diesem
       Landesgesetz und dem Bundeskleingartengesetz gestellt – auch zur Rolle
       übergeordneter Planungsinstrumente, also dem Baugesetzbuch und den Berliner
       Bauplänen. Deshalb haben wir ja die letzte Fassung des Entwurfs noch einmal
       substanziell verändert. Insbesondere haben wir vorgesehen, dass für alle
       Flächen, die nicht dem Land Berlin gehören …
       
       … also private Flächen, etwa im Eigentum der Bahn AG …
       
       … ja, dass dort eben nur ein gesetzlicher Auftrag für die Bezirks- und
       Landesverwaltungen besteht, innerhalb von fünf Jahren Bebauungspläne
       aufzustellen und den Flächennutzungsplan des Landes zu ändern, um ihre
       bisherige Nutzung zu sichern. Einzige Ausnahme für Sicherungen: der
       unabweisbare Bedarf für Infrastruktur wie Schulen oder Verkehrswege.
       Dasselbe fordern ja kurioserweise auch die Grünen.
       
       Aber auch ein Teil der Kleingartenflächen, die dem Land gehören, hat einen
       unsicheren Status: Sie werden als „Potenzialfläche mit Prüfauftrag“
       geführt, wären also theoretisch zu einem späteren Zeitpunkt für Wohnungsbau
       nutzbar. In Ihrem Gesetzentwurf heißt es nun, alle landeseigenen
       Kleingartenflächen seien im aktuellen Umfang „unmittelbar gesichert“. Von
       den Grünen hört man, das sei ein „unbestimmter Rechtsbegriff“, mit dem man
       nicht weit komme. 
       
       Wir haben den Entwurf schon mit einigen juristisch erfahrenen Menschen
       besprochen. Daher bin ich angesichts dieser Kritik überrascht, auch weil
       wir uns in den gemeinsamen Diskussionsrunden an der Stelle gar nicht
       verhakt hatten. Wenn die Grünen hier konkrete Änderungsvorschläge haben:
       immer her damit! Wir haben auch alle Interessierten gebeten, uns bis Mitte
       April Feedback zu geben. Vielleicht kommen aus der Stadtgesellschaft
       Formulierungen, die auch die Grünen spontan überzeugen können. Das würde
       uns sehr freuen. Wir können das Gesetz notfalls auch in der letzten
       Plenarsitzung dieser Legislaturperiode verabschieden, also vier Tage vor
       der Wahl.
       
       Inhaltlich haben Sie überhaupt keine Differenzen? 
       
       Aus meiner Sicht keine substanziellen. Von Herrn Altug als
       Fraktionssprecher bis zum Umweltstaatssekretär haben wir von den Grünen
       immer gehört: Auch sie wollen ein Gesetz. Umso überraschter sind wir, dass
       wir es nicht schaffen, das gemeinsam abzustimmen. Die Fraktionsvorsitzende
       der Grünen spricht jetzt vom „Veräppelungsentwurf“.
       
       Die Grünen haben stattdessen einen 10-Punkte-Plan vorgestellt, den das
       Abgeordnetenhaus verabschieden soll, zusammen mit dem vom Senat schon
       beschlossenen Kleingartenentwicklungsplan (KEP). Wie wäre es, sie
       verabschiedeten erst einmal zusammen den KEP und klären anschließend, ob es
       ein Gesetz geben kann? 
       
       Für uns als SPD-Fraktion ist genau wie für die Linksfraktion absolut klar:
       Den KEP verabschieden wir nur gemeinsam mit einem
       Kleingartenflächensicherungsgesetz. Alleine wäre er Augenwischerei, denn er
       ist ein unverbindliches Planungsinstrument für Behörden. Ein Gesetz können
       Sie dagegen auch vor Gericht einklagen. Das ist ein himmelweiter
       Unterschied. Im Übrigen geht das Gesetz ja deutlich weiter und verlangt
       teils eine zusätzliche Sicherung gegenüber dem KEP. Da würde man also
       widersprüchliche Signale an die Verwaltung, aber auch an die Pächterinnen
       und Pächter senden.
       
       So oder so spielt der Senat eine entscheidende Rolle: Er muss
       sicherstellen, dass landeseigene Kleingartenflächen nicht mehr für
       Wohnungsbau genutzt werden, aber etwa auch den Ankauf privater
       Kleingartenflächen prüfen. Die Grünen fordern, Linke und SPD sollten
       anstelle eines Gesetzes lieber Druck auf ihre Senatsmitglieder machen, also
       auf Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel (Linke) und Finanzsenator
       Matthias Kollatz (SPD). Haben sie damit recht? 
       
       Da muss ich jetzt mal herzlich lachen. Wenn die Argumentation stimmen
       würde, hätten wir niemals ein Mobilitätsgesetz verabschieden müssen. Das
       Verkehrsressort liegt ja in den Händen einer grünen Senatorin, und damit
       ist die Welt schon vollkommen, hallelujah! Aber nein, die Praxis zeigt,
       dass das nicht so ist, und auch die Grünen bedauern, dass viele Vorgaben
       des Mobilitätsgesetzes durch die grüne Senatorin eben noch nicht umgesetzt
       wurden. Es ist jetzt wichtig, dass ein Parlament all seinen Mut
       zusammennimmt und sagt: Wir wollen ein richtiges Gesetz und definieren
       damit einen gesetzlichen Handlungsauftrag für die Verwaltungen. Das ist
       unser härtestes Instrument, und das haben auch die Grünen bislang
       gefordert.
       
       Haben Sie den KleingärtnerInnen-Verband dabei auf Ihrer Seite? 
       
       Definitiv ja. Sie haben verstanden, dass wir mit diesem Gesetzentwurf eine
       Art Zukunftsvertrag bieten. Wir sagen: Ihr bekommt eine deutlich stärkere
       Sicherung, im Gegenzug verlangt das Land aber auch etwas von euch. Der
       Mehrwert für die Allgemeinheit soll steigen, indem Kolonien sich auch für
       Menschen ohne eigene Parzelle öffnen, durch Gemeinschaftsgärten,
       Kooperationen mit Kitas, Schulen oder Senioreneinrichtungen und gestärktes
       Urban Gardening. Und, was mir sehr wichtig ist, die ökologische Wertigkeit
       von Kleingärten soll deutlich erhöht werden. Die Ökoparzelle ohne Gifte
       soll zum Standard werden – was, verdammt noch mal, haben die Grünen
       eigentlich dagegen?
       
       18 Apr 2021
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Claudius Prößer
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Kleingarten
 (DIR) Gärtnern
 (DIR) R2G Berlin
 (DIR) Gärtnern
 (DIR) Sozialdemokratie
 (DIR) Kleingarten
 (DIR) Garten
 (DIR) Garten
 (DIR) Kleingärtner
 (DIR) R2G Berlin
 (DIR) Kleingartenanlage
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Gärtnern in Berlin: Millionenschweres Gemüse
       
       Die Gärten der Stadt sind gut für Klima und Erholung. Aber auch das, was
       dort aus der Erde geholt wird, ist laut einer Studie Gold wert.
       
 (DIR) SPD-Fraktionschef im Interview: „Ich will keine autofreie Stadt!“
       
       SPD-Fraktionschef Raed Saleh kritisiert den grünen Koalitionspartner. Die
       SPD steht laut ihm geschlossen hinter Spitzenkandidatin Franziska Giffey.
       
 (DIR) Rot-Rot-Grün streitet über Kleingärten: „Luftschlösser helfen nicht“
       
       Berlins Koalition ist uneins, wie möglichst viele Kleingärten erhalten
       bleiben. Silke Gebel, grüne Fraktionschefin, verteidigt ihren
       10-Punkte-Plan.
       
 (DIR) Gärtner in Coronazeiten auf hohem Niveau: Eine grüne Revolution
       
       Das Gärtnern hat auch dank Corona einen enormen Schub erfahren.
       Gärtnerisches Knowhow ist gefragt. Ein Besuch in der Königlichen
       Gartenakademie.
       
 (DIR) Berlin geht gärtnern: Da wächst was auf uns zu
       
       Über den Boom beim Gärtnern freuen sich Berlins und Brandenburgs
       Gärtnereien, die enorme Zuwächse verzeichnen. Sie hoffen auf eine neue
       Gartenkultur.
       
 (DIR) Schutz von Kleingärten: Gepflegtes Zerwürfnis
       
       SPD und Linke hatten zuletzt die Grünen mit einem Kleingarten-Gesetzentwurf
       düpiert. Die legen nach: mit einem Gutachten und einem 10-Punkte-Plan.
       
 (DIR) Sicherheit für Berlins Kleingärten: Fast ein bisschen tragisch
       
       Der Kleingartenentwicklungsplan hakt im Abgeordnetenhaus – und das liegt
       ausgerechnet an der Grünen-Fraktion.
       
 (DIR) Kleingärtner in der Zwickmühle: „Gärten weg? So ein Dreck!“
       
       Eine Wilmersdorfer Gartenanlage mit 100-jähriger Geschichte soll einem
       Schulneubau weichen. Umweltsenatorin enttäuscht Gartenfans.