# taz.de -- Disneys erste Latina-Prinzessin: Eine ohne Prinz
       
       > Jetzt gibt es auch eine lateinamerikanische Disney-Prinzessin. Elena von
       > Avalor setzt ganz andere Prioritäten als ihre weißen Kolleginnen.
       
 (IMG) Bild: Family first: Elena braucht keinen Mann, außer ihren singenden Opa
       
       BERLIN taz | Eine schöne weiße Prinzessin sucht nach dem Mann ihres Lebens
       – es ist erstaunlich, wie leicht sich das Grundmuster eines Disneyfilms in
       nur einem Satz zusammenfassen lässt. Warum das so einfach ist? Von den elf
       berühmten Disney-Prinzessinnen sind nur vier nicht weiß: Die arabische
       Jasmin auf dem fliegenden Teppich, die Häuptlingstochter Pocahontas, Mulan
       aus dem altertümlichen China und die afroamerikanische Tiana stehen
       jeweils alleine für ihre Gruppe und ihre Darstellung kommt nie ohne
       Klischees aus. Erstaunlich, nach fast 80 Jahren voller never-ending
       Lovestorys. Dass Nachholbedarf besteht, scheint jetzt auch bei Disney
       angekommen zu sein. Der Prinzessinnen-Club bekommt eine Neue: Elena von
       Avalor, die erste Prinzessin mit lateinamerikanischen Wurzeln.
       
       Mit der mutigen Elena im roten wallenden Kleid und mit exotischer Blume im
       dunklen Haar soll die Forderung der lateinamerikanischen Community nach
       einer Latina-Prinzessin endlich erfüllt werden. Die Story: Elena ist 16,
       als ihre Eltern von einer bösen Hexe ermordet werden. Ihre Großeltern und
       ihre kleine Schwester können gerettet werden. Sie selbst wird aber, nachdem
       sie mutig in den Kampf ziehen wollte, für 41 Jahre in ihrem magischen
       Amulett eingesperrt. Erst dann kann sie ihr Königreich Avalor aus den
       Händen der Hexe befreien. So weit die Vorgeschichte. In den ersten beiden
       Folgen lernt Elena, dass sie Geduld braucht, um endlich Königin werden zu
       können. Es geht darum, dass Gewalt nicht die Lösung ist und Familie das
       Wichtigste sein sollte.
       
       Latinas im Mittelalter 
       
       Was dabei auffällt, ist: Disney hat die Szenerie der typischen Prinzessin
       aus dem europäischen Mittelalter – mit adeligem Beinamen, Schloss, langen
       Kleidern, reichem Königshaus, das eigentlich nach einer weißen Prinzessin
       zu verlangen scheint – einfach etwas umgebaut. Elenas voller Name,
       Prinzessin Elena Castillo Flores von Avalor, verbindet das adelige „von“
       mit typischen Latino-Namen. Das Schloss hat eindeutige hispanische
       Einflüsse. Alles ist in warmen, bunten Farben gehalten, die Musik, die
       Elenas Großvater auf der Gitarre spielt, erinnert an Merengue, die ältere
       Generation spricht mit Akzent. Viele der Bewohner Avalors tragen
       lateinamerikanische Namen wie Esteban oder Mateo. Ansonsten hat sich Disney
       aber mit Klischees zurückgehalten – zum Glück.
       
       Warum es so wichtig war, eine lateinamerikanische Prinzessin zu erfinden,
       zeigt sich im Netz. Der Hype ist diesmal anders als sonst: Es geht um
       Gleichberechtigung. Viele lateinamerikanische Mütter kommentieren, dass
       ihre Kinder nun mit einer Prinzessin aufwachsen können, die ihnen ähnelt –
       zumindest mehr als Schneewittchen. Auch wenn der Prinzessinnengedanke eher
       überholt ist: Die lateinamerikanische Community feiert Elena.
       
       Job vor Liebe 
       
       Das liegt allerdings nicht nur an ihrer Identität, sondern vor allem an
       ihrem Charakter: Elena legt Wert auf Familie und Teamgeist. Sie ist
       eigenständig, lässt sich nicht auf ihre Rolle als Prinzessin reduzieren,
       konzentriert sich auf ihren Job als Herrscherin und ist nicht auf der Suche
       nach der Liebe auf den ersten Blick – damit hebt sie sich ab von
       klassischen Disneyprinzessinnen wie Aschenputtel oder Dornröschen. Ein
       Märchenprinz zum Heiraten ist nämlich bei Elena von Avalor
       erfrischenderweise nicht vorgesehen. Elena ist schlichtweg nicht an Liebe
       interessiert – sondern daran, ihr Königreich und ihre Familie zu
       beschützen.
       
       Ein Problem jedoch bleibt, nämlich das Disney’sche Schönheitsideal: die
       Hüfte einer Zehnjährigen und ein makelloses Gesicht. Wenn das als nächstes
       auf Eis gelegt wird – dazu etwas weniger starre Heterosexualität, noch mehr
       Kulturen und weniger Königlichkeit – dann schafft es Disney vielleicht
       sogar nach acht Jahrzehnten, im bunten Jahr 2016 anzukommen.
       
       Bisher wird Elena of Avalor ausschließlich im US-amerikanischen Disney
       Channel ausgestrahlt. Im Herbst ist dort sogar ein eigener Fernsehfilm
       geplant. Die fünf Staffeln der Serie sollen aber nicht nur den Amerikanern
       vorbehalten sein – in insgesamt 25 Sprachen übersetzt, wird „Elena von
       Avalor“ in 154 Ländern erscheinen. In Deutschland wird die Serie
       voraussichtlich ab Frühjahr 2017 im Disney Channel zu sehen sein.
       
       24 Jul 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michelle Sensel
       
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