# taz.de -- Düngeregeln für Landwirte: Regierung findet Mist-Kompromiss
       
       > Bauern sollen in belasteten Gebieten weniger düngen dürfen, doch es
       > bleiben Schlupflöcher. Nicht nur Umweltverbände kritisieren das.
       
 (IMG) Bild: Die neuen Düngeregeln haben viele Kritiker*innen
       
       Seit Jahren scheitert die Bundesregierung daran, die Nitrat-Grenzwerte der
       EU im Grundwasser einzuhalten. Jetzt hat sie sich auf neue Düngeregeln
       geeinigt, die sie der Brüsseler Kommission demnächst vorlegen will. Sowohl
       Biolandwirte, Umweltverbände und Wasserwirtschaft als auch der
       Bauernverband kritisierten die Beschlüsse, die langsam an die
       Öffentlichkeit durchsickern. In der vergangenen Woche hatten sich die
       Ressorts hinter verschlossenen Türen geeinigt.
       
       LandwirtInnen sollen danach in [1][Gebieten, die besonders mit Nitrat
       belastet sind], künftig 20 Prozent weniger düngen und eine Obergrenze von
       170 Kilogramm Stickstoff pro Hektar einhalten. Dies gilt nicht pro Betrieb,
       sondern pro Fläche. LandwirtInnen können also einen Acker in einem
       gefährdeten „roten Gebiet“ weiter düngen wie bisher, wenn sie dafür auf
       einem anderen weniger Mineraldünger oder Gülle ausbringen. Auf Grünland
       gilt die „20-Prozent-Beschränkung“ nicht.
       
       Der Kompromiss sieht weiter vor, die Zeiten auszudehnen, in denen die
       LandwirtInnen gar nicht düngen dürfen. Sperrfristen gibt es jetzt schon.
       Künftig sollen diese, je nach Kultur und Düngemethode, auf die Zeit
       zwischen Oktober und Januar ausgeweitet werden. Für Ökobetriebe, die schon
       jetzt auf Mineraldünger verzichten und mit Mist und Kompost arbeiten,
       gelten Ausnahmen. Der Kompromiss war notwendig, weil [2][Deutschland die
       EU-Grenzwerte für Nitrat im Grundwasser nicht einhält].
       
       Im Übermaß gilt es als gesundheits- und umweltschädlich und verteuert die
       Wasserversorgung. Wegen der Grenzwertverletzungen hatte die EU-Kommission
       die Bundesregierung erfolgreich verklagt und mit Bußgeldern gedroht.
       
       ## Fatal für Biodiversität
       
       Im Wesentlichen habe sich das Agrarressort durchgesetzt, sagt Silvia
       Bender, Abteilungsleiterin Biodiversität beim Umweltverband BUND. Der
       Vorschlag berücksichtige vor allem die landwirtschaftlichen Belange und
       stelle den Gewässerschutz hinten an.
       
       Besonders die Regelung von Grünland-Düngung sieht Bender kritisch. „Sehr
       viele Arten, etwa von Insekten oder Vögeln, benötigen schonend
       bewirtschaftete Wiesen als Lebensraum“, sagt die Agrarexpertin. Sie sieht
       die Gefahr, dass Betriebe mit viel Vieh ihr Grünland noch intensiver
       bewirtschaften. Für die Biodiversität sei dies fatal.
       
       Auch der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft BÖLW bemängelt die
       Düngeregeln. „Die wirksamste Maßnahme gegen schädliche Nitratüberschüsse
       wären Regeln, nach denen nur so viele Tiere auf der Fläche gehalten werden,
       wie Böden und Gewässer verkraften“, betont BÖLW-Vorsitzender Felix Prinz zu
       Löwenstein. Umwelt- und Landwirtschaftsministerium ließen mit den neuen
       Regelungen weiter zu, „dass Höfe, die bereits wasserschützend wirtschaften,
       die Probleme ausbaden müssen, die Betriebe verursachen, die zu viele Tiere
       halten“.
       
       Der Bauernverband hält die Einigung dagegen auch jetzt noch für zu
       anspruchsvoll für konventionelle Betriebe. Sie „verlasse das Grundprinzip
       der Bedarfsdeckung landwirtschaftlicher Kulturen mit Nährstoffen“, so der
       Verband. Er forderte, statt ordnungsrechtlicher Vorgaben lieber
       „erfolgreiche Wasserkooperationen“ und den Vertragswasserschutz zu stärken.
       
       Dies lehnte der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft BDEW ab.
       „Nach über 20 Jahren zeigen die Ergebnisse vieler Kooperationen in den
       gefährdeten Gebieten, dass diese eindeutig kein Allheilmittel sind“, sagte
       BDEW-Hauptgeschäftsführer Wasser Martin Weyand. Vielerorts seien die
       Nitratbelastungen kaum oder gar nicht vermindert worden.
       
       Korrekturhinweis: In einer früheren Version dieses Beitrags hieß es wegen
       eines Redigatsfehlers, dass Ausnahmen für Ökobetriebe gelten würden, die
       auf Mineraldünger setzen. Das genaue Gegenteil ist der Fall.
       
       19 Jun 2019
       
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