# taz.de -- EU will aufrüsten: Das Schulden-Tabu wackelt
       
       > Die EU gibt so viel für Rüstungsgüter aus wie nie – und EU-Ratspräsident
       > Charles Michel fordert mehr. Dabei schaut er auf die Sicherheit der
       > Ukraine.
       
 (IMG) Bild: EU-Ratspräsident Charles Michel, hier am 21.11. in Kyjiw
       
       BRÜSSEL taz | Die EU will weiter aufrüsten und dazu möglicherweise auch
       neue Schulden aufnehmen. Dies sagte EU-Ratspräsident Charles Michel am
       Donnerstag in Brüssel. Die Pläne sollten auch die militärischen Bedürfnisse
       der Ukraine berücksichtigen, erklärte Kommissionspräsidentin Ursula von der
       Leyen. Das Ziel sei eine umfassende Verteidigungsunion unter Einschluss des
       EU-Beitrittskandidaten.
       
       Bisher ist Rüstung in Europa vor allem eine nationale Angelegenheit. Die EU
       hat zwar eine Verteidigungsagentur namens „European Defence Agency“ (EDA),
       doch die ist vor allem koordinierend tätig. Die 2017 beschlossene
       Europäische Sicherheits- und Verteidigungsunion besteht vor allem auf dem
       Papier. Michel und von der Leyen wollen dies nun ändern – der [1][Krieg in
       der Ukraine] dient als Aufhänger.
       
       „Der Krieg steht vor unsere Türpforte, nun ist Eile geboten“, sagte Michel
       bei der EDA-Jahreskonferenz. Seit dem Beginn der russischen Invasion habe
       die EU – die früher eine Friedensunion sein wollte – zwar bereits Tabus
       gebrochen und etwa für Waffen- und Munitionslieferungen in der Ukraine
       gesorgt. Doch das reiche nicht. Die Militärhilfe müsse „feuerfest“ gemacht
       werden.
       
       „Die Sicherheit der Ukraine ist unsere Sicherheit“, betonte Michel. Die EU
       brauche mehr Raketen, mehr Munition, mehr Luftverteidigung, sagte er
       offenbar in Sorge vor einem möglichen Rückzug der USA. Dazu müssten nicht
       nur aktuelle EU-Programme ausgebaut, sondern auch neue Strukturen
       geschaffen werden. So soll die EDA zum „European Defence Department“
       ausgebaut werden, unter der Führung des EU-Außenbeauftragten.
       
       ## Rekord bei EU-Rüstungsausgaben
       
       Außerdem brauche es einen gemeinsamen Rüstungsmarkt und eine großzügigere
       Finanzierung von Rüstungsprojekten. Diese könne auch über „Europäische
       Verteidigungsanleihen“ erfolgen – also durch Neuverschuldung. Soll die EU
       am Ende vielleicht sogar Kriegsanleihen für die Ukraine begeben? So weit
       will Michel nicht gehen. Aber man brauche mehr Geld, um die „technologische
       Basis“ zu stärken. Daher rüttelt er auch am Schulden-Tabu.
       
       Den Fokus auf die Ukraine legte von der Leyen. „Unsere Strategie kann nur
       vollständig sein, wenn sie auch die Bedürfnisse der Ukraine und ihre
       industriellen Kapazitäten berücksichtigt“, sagte sie. Die Ukraine sollte
       auch in die EU-Verteidigungsprogramme integriert werden, um [2][den
       Anforderungen des Landes im Krieg] gegen die russischen Invasionstruppen
       gerecht zu werden.
       
       Der Krieg in Osteuropa hat zu einer rasanten Aufrüstung geführt. Die
       [3][Militärausgaben der 27 EU-Staaten] haben im vergangenen Jahr mit 240
       Milliarden Euro eine Rekordhöhe erreicht. Im Vergleich zum Vorjahr seien
       die Ausgaben um sechs Prozent gestiegen, heißt es im Jahresbericht, den die
       EDA in Brüssel vorlegte. Deutschland erhöhte seine Verteidigungsausgaben
       demnach um 5,4 Prozent.
       
       30 Nov 2023
       
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 (DIR) Eric Bonse
       
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