# taz.de -- Externe Untersuchung zu Hanau-Anschlag: „Das grenzt an Vertuschung“
       
       > Die Hinterbliebenen des Hanau-Anschlags werfen den Behörden mangelnde
       > Aufklärung vor. Nun fordern sie eine unabhängige Untersuchungskommission.
       
 (IMG) Bild: Auch sie forderten Aufklärung: Demonstrierende in Hanau ein Jahr nach dem Anschlag
       
       HANAU/BERLIN taz | Die Vorwürfe sind harsch. Ernsthafte Aufklärung des
       [1][Hanau-Anschlags] werde von hessischen Verantwortlichen blockiert,
       mögliches Behördenversagen kleingeredet, Kritik totgeschwiegen. So sehen es
       Hinterbliebene des Anschlags. Nun fordern sie die Einrichtung einer
       unabhängigen Untersuchungskommission.
       
       Die hessische Landesregierung um Ministerpräsident Volker Bouffier und
       Innenminister Peter Beuth, beide CDU, sei an der Aufklärung des
       Hanau-Anschlags „erkennbar nicht interessiert“, heißt es in einer am
       Dienstag veröffentlichten Erklärung von Hinterbliebenen um Armin Kurtovic,
       den Vater des beim Anschlag ermordeten Hamza Kurtovic. Seit Monaten
       bestehende offene Fragen zu möglichem Behördenversagen würden
       „bagatellisiert oder aktiv abgeblockt“. Es entstehe der Verdacht, die
       Landesregierung wolle etwas verbergen. „Das grenzt an Vertuschung.“
       
       „Wir werden es aber nicht zulassen, dass unsere berechtigten Fragen und
       unsere sachliche Kritik ignoriert werden und dass behördliches sowie
       polizeiliches Versagen unter den Teppich gekehrt werden kann“, erklären die
       Hinterbliebenen. Deshalb brauche es eine unabhängige
       Untersuchungskommission. Dieser sollten nach Vorstellung der Betroffenen
       Kriminologen, Forensiker, Juristen sowie Vertreter von Justiz, Polizei,
       Politik und Medien angehören – alle bestenfalls nicht aus Hessen.
       
       [2][Am 19. Februar 2020] hatte ein 43-Jähriger in Hanau neun Menschen aus
       Familien mit migrantischen Wurzeln erschossen, danach auch seine Mutter und
       sich selbst. In einem Schreiben hatte er zuvor einen Verfolgungswahn
       offenbart, aber auch rassistischen Hass.
       
       ## Scharfe Kritik an den Behörden
       
       Die Hinterbliebenen hatten bereits kurz nach der Tat [3][Kritik an den
       Behörden] geübt. So seien sie anfangs nicht über den Verbleib der
       Ermordeten informiert worden, bis heute seien ihnen die genauen
       Geschehnisse in der Tatnacht vorenthalten worden.
       
       Zudem sei weiter offen, warum der psychisch kranke Attentäter eine
       Waffenerlaubnis behalten durfte oder warum der Notruf in der Tatnacht
       unterbesetzt war. Auch die Rolle, die der Vaters des Attentäters spielte,
       bleibe ungeklärt. Mit [4][mehreren Anzeigen] hatten die Familien versucht,
       Ermittlungen zu forcieren.
       
       Das hessische Innenministerium verwies gegenüber der taz auf die laufenden
       „intensiven strafrechtlichen Ermittlungen“. Weder die Polizei noch das
       Ministerium könnten deshalb umfänglich zu konkreten Fragen, welche die
       Tatnacht beträfen, Auskunft geben. Nach Ende des Ermittlungsverfahrens
       werde man aber mit den Hinterbliebenen „alle wichtigen Erkenntnisse
       teilen“, sagte ein Sprecher. Zahlreiche Fragen seien zudem bereits in einer
       öffentlichen Landtagssitzung im Mai 2020 beantwortet worden.
       
       Die Opferfamilien sehen das anders. Immer dort, wo es um mögliche Fehler
       der Behörden selbst geht, würden Fragen gerade nicht beantwortet. Es sei
       deshalb inzwischen „unumgänglich“, dass externe Fachleute, die keine
       Beziehungen zur Landesregierung hätten, den Terroranschlag aufklärten,
       schreiben die Hinterbliebenen. „Das Ziel ist, dass keine Familie erneut
       erleben muss, was wir erleiden müssen.“
       
       9 Mar 2021
       
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