# taz.de -- Fahrradparkhäuser in den Niederlanden: Ein Dach über den Speichen
       
       > In den Niederlanden gibt es immer mehr Parkhäuser für Fahrräder. Diese
       > sind modern ausgestattet, nachhaltig und durchdacht entworfen.
       
 (IMG) Bild: Helles, motivierend und einladend: das Fahrradparkhaus in Utrecht
       
       AMSTERDAM taz | “Immer offen, bewacht und in der Nähe“ – für eine
       Weltrekordhalterin kommt der Wahlspruch mit einigem Understatement daher.
       Nirgendwo auf diesem Planeten nämlich gibt es eine größere Garage für
       Fahrräder als das dreigeschossige Parkhaus unter dem Utrechter
       Hauptbahnhof.
       
       Offiziell nennt es sich salopp ´fietsenstalling´, was soviel bedeutet wie
       ´Fahrradschuppen´. Auch das eine Untertreibung. Denn was dort im August
       2019 vollendet wurde, verleiht der Idee auf dem Weg zum Gleis noch schnell
       das Rad abzustellen, eine gänzlich neue Dimension.
       
       12.656 Räder können dort geparkt werden, weit mehr als die 9.400 der
       bisherigen Rekordhalterin Tokio. Hinzu kommen 480 Plätze für Formate wie
       Lastenräder oder Tandems. Durch das 350 Meter lange Parkhaus führt ein
       Radweg, von der unteren Etage gibt es eine direkte Verbindung zu den
       Gleisen.
       
       Elektronische Anzeigeschilder geben die Zahl verfügbarer Plätze an,
       orientieren kann man sich mit Hilfe markierter Nummern auf dem Boden. “Ein
       wahres fiets-Walhalla“, so die Tageszeitung Trouw zur Eröffnung. Die
       Nutzung des Walhalla ist während der ersten 24 Stunden gratis, danach mit
       1,25 Euro am Tag ziemlich bezahlbar.
       
       ## Am Bahnhof von Utrecht gibt es 22.000 Fahrradparkplätze
       
       Das Parkhaus ist Teil einer großflächigen Umgestaltung von Utrecht
       Centraal. Der Hauptbahnhof der 360.000 Einwohner-Stadt im Zentrum der
       Niederlande ist das Drehkreuz ihres Schienenverkehrs.
       
       Vor der Corona-Pandemie stiegen hier an einem durchschnittlichen Arbeitstag
       knapp 200.000 Menschen ein und aus. Fast die Hälfte der Zugreisenden des
       Landes kommt per Rad zum Bahnhof. Wer den Utrechter auf diesem Weg wieder
       verlassen will, kann eines von 1.000 der charakteristischen “OV
       (Öffentlicher Verkehr')-fietsen“leihen.
       
       “Ausgangspunkt war die Verbindung des neuen Bahnhofs mit Hoog Catharijne
       (dem umliegenden Mall-Komplex, T.M.). So gab es viel Raum Fahrräder zu
       parken. Darauf basiert unser Entwurf “, erklärt Architekt Joost Ector. “Die
       Herausforderung ist: wie macht man daraus eine architektonische Erfahrung?“
       
       Herausgekommen ist ein freundliches, hell erleuchtetes Gebäude, das sich
       abhebt von düsteren Parkhaus-Klischees und dem alten Junkie-Image der
       Umgebung. Zugang gibt es übrigens nur mit der sogenannten OV-Chipkaart, die
       in den Niederlanden für sämtlichen Öffentlichen Verkehr gilt.
       
       Dass in den Niederlanden in den letzten 15 Jahren verstärkt unterirdische
       Fahrradgaragen entstehen, hat [1][mit Nachhaltigkeit, Stadtplanung] und
       nicht zuletzt mit schierem Pragmatismus zu tun. Die Regierung stimuliert
       die Nutzung des fiets und baut die Infrastruktur massiv aus, etwa durch
       städteverbindende Schnellwege.
       
       Pro Nase werden 880 Kilometer im Jahr per Rad zurückgelegt. Auf eine
       Bevölkerungszahl von knapp 17,5 Millionen kommen geschätzte 22,9 Millionen
       Fahrräder – und die müssen irgendwo abgestellt werden. Um den Hauptbahnhof
       von Utrecht herum ist nun Platz für 22.000. Netzbetreiber ProRail geht
       derweil von einem Bedarf für 30.000 aus.
       
       ## Das Fahrradparkhaus ist kostenlos, außerhalb Parken kostet
       
       Mit dem Bau der Parkhäuser geht freilich auch einher, dass man [2][der
       Bevölkerung die Angewohnheit abtrainieren will das Rad im Vorbeigehen an
       Zäune oder Laternenpfähle festzuketten.] Diese Erziehung folgt nach
       bewährter niederländischer Sitte durch sanften Druck aufs Portmonnaie.
       
       Auf dem Boden von Garagen oder bei Fahrradständern findet sich deshalb oft
       unter der Frage „fiets weg?“ eine Telefonnummer der entsprechenden Kommune,
       unter der es Auskunft über die – kostenpflichtige – Rückbeschaffung gibt.
       
       Kein Wunder also, dass die Website, die über alle [3][Parkgelegenheiten an
       Bahnhöfen] einen leicht suggestiven Namen trägt
       jefietswilnooitmeeranders.nl – dein Rad will nie mehr etwas anderes.
       
       29 Jun 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Studie-zu-Klimawandel-in-den-Staedten/!5738761
 (DIR) [2] /Bremer-Buergerschaft-fasst-Beschluss/!5670891
 (DIR) [3] /3-Jahre-Mobilitaetsgesetz/!5779047
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tobias Müller
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Niederlande
 (DIR) Verkehr
 (DIR) Utrecht
 (DIR) Leihräder
 (DIR) Fahrrad
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Schwerpunkt Bundestagswahl 2021
 (DIR) [tazze]IG
 (DIR) Wochenvorschau
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Verkehrswende
 (DIR) Lesestück Recherche und Reportage
 (DIR) Gesundheit
 (DIR) Kohleausstieg
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Der Siegeszug des Fahrrads in Utrecht: Die Rad-Megacity
       
       Radfahren in Utrecht ist eine Art Besuch im Paradies. Erkenntnisse über die
       Autorepublik Deutschland gibt es gratis dazu.
       
 (DIR) Die Wochenvorschau für Berlin: Ein royales Vergnügen
       
       Ein Königspaar, es ist das niederländische, beehrt Berlin mit seinem
       Besuch. Ist das geschafft, kehrt wieder ferienhafte Ruhe ein. Also ab ins
       Museum!
       
 (DIR) Initiative für Radwege in Thüringen: Kampf für Vernetzung auf dem Land
       
       Dagmar Thume und ihre Mitstreiter:innen kämpfen im Raum Gotha für ein
       Modellprojekt. Sie wollen mehrere Orte für Fahrradfahrende verbinden.
       
 (DIR) Radfahrende Politiker:innen: Die Zukunft auf zwei Rädern
       
       Dass der Berliner Politbetrieb öfter einmal am Rad dreht, ist leicht
       dahingesagt. Wir haben uns mit Abgeordneten auf den Sattel geschwungen.
       
 (DIR) Bedrohte Autorin in den Niederlanden: Zwischen allen Fronten
       
       Lale Gül aus Amsterdam ist abgetaucht. Sie erhält Morddrohungen. Wegen
       eines Buches, in dem sie das selbstbestimmte Leben preist.
       
 (DIR) Industrie in den Niederlanden: Schwarzer Schnee in den Dünen
       
       Anwohner:innen in den Niederlanden planen eine Sammelklage wegen
       gesundheitsschädigender Emissionen. Der Adressat: ein Stahlkonzern.
       
 (DIR) Energiepolitik in den Niederlanden: Klage gegen Kohleausstieg
       
       Die Niederländische Regierung zeigt sich unbeeindruckt von der Klage des
       Energiekonzerns Uniper. Kritik kommt von Aktivist:innen.