# taz.de -- Frauenrechte in Saudi-Arabien: Druck aus Europa
       
       > Rund 160 Parlamentarier*innen aus Deutschland und Europa haben sich
       > an Riad gewandt. Sie fordern ein Ende der Diskriminierung von Frauen.
       
 (IMG) Bild: Frauen in Saudi-Arabien sind weiterhin dem repressiven männlichen Vormundschaftssystem ausgesetzt
       
       BERLIN taz | Mit einer [1][Frauenrechtspetition] haben sich am Montag mehr
       als 160 europäische Parlamentarier*innen an Saudi-Arabien gewandt und
       die Führung des Landes aufgefordert, inhaftierte Aktivist*innen aus dem
       Gefängnis zu entlassen und sie für ihre Zeit in Gefangenschaft zu
       entschädigen. Zudem müsse das Vormundschaftssystem abgeschafft werden, das
       männlichen Angehörigen – meist Vater, Ehemann, Bruder oder auch Sohn –
       weitgehende Bestimmungsmacht über persönliche Entscheidungen von Frauen
       gibt.
       
       Zwar hätten die saudischen Behörden [2][einige der Beschränkungen
       aufgehoben], „denen Frauen unter dem repressiven männlichen
       Vormundschaftssystem ausgesetzt sind, einschließlich der Erlaubnis für
       Frauen, eigene Pässe zu beantragen und ihnen mehr Kontrolle über
       Familienangelegenheiten zu gewähren“, heißt es in der Stellungnahme. „Aber
       sie haben das männliche Vormundschaftssystem keineswegs abgeschafft.“
       
       So könnten Frauen weiterhin weder frei über ihre Ausbildung, Beschäftigung,
       Gesundheit oder Wahl ihres Ehepartners entscheiden, noch die saudische
       Staatsangehörigkeit an ihre Kinder weitergeben. Ähnlich wie in einigen
       anderen arabischen Staaten erhalten Kinder von saudischen Frauen, die mit
       einem Nicht-Saudi verheiratet sind, nicht die saudische Staatsbürgerschaft.
       Sie können sich erst mit Erreichen der Volljährigkeit darum bewerben.
       
       Unterzeichnet haben die Petition Abgeordnete des deutschen Bundestags, des
       irischen und britischen sowie des EU-Parlaments. Unter den deutschen
       Unterzeichner*innen finden sich, von der AfD abgesehen, Abgeordnete
       aller im Bundestag vertretenen Fraktionen, darunter Martin Patzelt
       (CDU/CSU), Konstantin von Notz (Grüne), Sahra Wagenknecht (Linke) sowie die
       Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses Gyde Jensen (FDP).
       
       ## Ungenügender Schutz vor Missbrauch
       
       Weiter kritisieren die Unterzeichner*innen, dass in Saudi-Arabien
       geschlechtsspezifische Gewalt nicht angemessen geahndet werde. Zwar gebe es
       neue Regelungen zum Schutz vor Missbrauch, doch fehlten hier die Mittel zur
       Durchsetzung. Viele Frauen lebten deswegen weiterhin in missbräuchlichen
       Beziehungen.
       
       Die gemeinsame Stellungnahme wurde initiiert von der in London ansässigen
       Menschenrechtsorganisation ALQST. Vergangene Woche hatten sich
       Menschenrechtlerinnen aus Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen
       Emiraten auf einer virtuellen Konferenz mit Bundestagsabgeordneten über die
       Lage von Frauen im Königreich ausgetauscht.
       
       Mit dabei war auch Lina al-Hathloul, Schwester der im Februar [3][aus dem
       Gefängnis entlassenen Aktivistin Loujain al-Hathloul]. Sie erhob schwere
       Vorwürfe gegen die staatliche [4][saudische Menschenrechts-Kommission].
       „Die Menschenrechtskommission ist in Wirklichkeit ein PR-Werkzeug der
       Regierung“, sagte al-Hathloul. Ihre Vertreter betrieben in europäischen
       Parlamenten intensive Lobbyarbeit, um das Image Saudi-Arabiens
       aufzupolieren.
       
       Das 2005 ins Leben gerufene Gremium sei das Symbol eines Saudi-Arabiens,
       das nach außen – für westliche Länder – Reformen vorspiele, in Wirklichkeit
       aber kaum etwas verändere. So hätten Mitglieder der Kommission ihre
       Schwester zwar im Gefängnis besucht, auf deren Beschwerden über Folter aber
       nicht reagiert.
       
       Lina al-Hathloul betonte zudem, dass ihrer Schwester bei Freilassung
       schwere Restriktionen auferlegt wurden. „Sie wurde entlassen, aber sie ist
       nicht frei.“ Loujain al-Hathloul erhielt ein fünfjähriges Ausreiseverbot
       aus Saudi-Arabien. Auch darf sie sich offenbar nicht politisch äußern. Seit
       ihrer Freilassung war von ihr persönlich nichts zu hören. Ihre Schwester
       Lina, die in Belgien lebt, spricht für sie.
       
       Die Unterzeichner*innen der gemeinsamen Stellungnahme erinnern auch an
       das Schicksal der Aktivistinnen Nassima al-Sadah und [5][Samar Badawi].
       Beide sitzen weiterhin in Haft. Samar Badawi ist die Schwester Raif
       Badawis, dessen Fall nach seiner Verurteilung zu 15 Jahren Haft und 1.000
       Stockhieben im Jahr 2014 international für Schlagzeilen gesorgt hatte.
       
       9 Mar 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://alqst.org/uploads/Joint-statement-in-support-of%20Saudi-WHRDs-and-their-call-for-gender-equality.pdf
 (DIR) [2] /Saudi-arabisches-Vormundschaftsystem/!5113137
 (DIR) [3] /Frauenrechtlerin-in-Saudi-Arabien/!5751689
 (DIR) [4] https://hrc.gov.sa/en-us/Pages/home.aspx
 (DIR) [5] /Samar-Badawi-ueber-saudischen-Blogger/!5009197
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jannis Hagmann
       
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