# taz.de -- Immer weniger Ärzt*innen: Der lange Weg zur Abtreibung
       
       > Die Lage von ungewollt Schwangeren ist in einigen Regionen Deutschlands
       > katastrophal. Zu wenig Ärzt*innen machen Abbrüche.
       
 (IMG) Bild: In ihrer Fotoarbeit „Lying Still“ beschäftigt sich Piontek mit weiblicher Identität
       
       Wird eine Frau in Trier ungewollt schwanger, muss sie für eine Abtreibung
       bis ins Saarland fahren. Frauen in Fulda finden schon seit Jahren keine
       Behandlung. In ganz Niederbayern gibt es nur noch einen Arzt, der
       eigentlich längst in Rente gegangen sein sollte, aber immer noch Abbrüche
       durchführt. Weil es sonst niemand machen will. Und selbst in Berlin, wo die
       Versorgung noch vergleichsweise gut ist, spitzt sich die Lage zu.
       
       Die taz hat in allen 16 Bundesländern nachgefragt: Wie viele Ärzt*innen
       führen Schwangerschaftsabbrüche durch? Hat jede Frau die Möglichkeit, in
       der Nähe ihres Wohnorts eine Ärztin oder einen Arzt zu finden? Und wie wird
       das in ein paar Jahren aussehen?
       
       Antworten auf diese Fragen sind nur schwer zu bekommen. Laut
       Schwangerschaftskonfliktgesetz müssen die Bundesländer ein ausreichendes
       Angebot an Praxen und Kliniken für Schwangerschaftsabbrüche sicherstellen.
       Den Gesundheitsministerien vieler Länder aber liegen keine Zahlen vor.
       Stattdessen verweisen sie wahlweise auf die Kassenärztlichen Vereinigungen,
       die Landesärztekammern, die Berufsverbände der Frauenärzte oder an die
       Krankenhausgesellschaften.
       
       Gelegentlich mutet es beinahe kurios an: Das Gesundheitsministerium
       Mecklenburg-Vorpommern etwa erklärt, laut Kassenärztlicher Vereinigung
       hätten 120 Ärzt*innen im Jahr 2016 ambulant Schwangerschaftsabbrüche
       durchgeführt. Die Kassenärztliche Vereinigung aber teilt mit, über die
       Anzahl der Ärzt*innen werde keine gesonderte Statistik geführt – und
       verweist an das Gesundheitsministerium. Zahlreiche Behörden verschicken
       einen Link zu den Publikationen der Statistischen Landesämter, die zwar die
       Zahl der Schwangerschaftsabbrüche bündeln, nicht aber die der
       durchführenden Ärzt*innen. Berlin wiederum führt auf seiner Liste 205
       Ärzt*innen. Von denen sind mindestens 60 längst in Rente.
       
       Das Ergebnis der Recherche: Ein vollständiger Überblick, wie viele
       Ärzt*innen in Deutschland an welchen Orten Schwangerschaftsabbrüche
       durchführen, existiert schlicht nicht. Was es gibt, sind die Einschätzungen
       der Beratungsstellen: In Städten ist die Situation besser als auf dem Land.
       In katholischen Regionen schlechter als in protestantischen. Vielerorts ist
       die Versorgung extrem dünn – und das kann sich in den kommenden Jahren noch
       verschärfen. Denn in ganz Deutschland gehen immer mehr Ärzt*innen, die
       Abtreibung durchführen, in Rente – und es fehlt an Nachwuchs.
       
       Es wäre so einfach, wenn Ärzt*innen selbst darüber informieren könnten, ob
       sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Doch durch [1][Paragraf 219 a
       Strafgesetzbuch] ist das nicht möglich; denn diese Information fällt unter
       die verbotene „Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft“ und stellt
       somit eine Straftat dar, die mit Gefängnis- oder Geldstrafe geahndet wird.
       
       Claudia Heltemes arbeitet seit 16 Jahren bei der
       Pro-Familia-Beratungsstelle in Trier. Eine Ärztin oder einen Arzt, der
       Schwangerschaftsabbrüche durchführt, gibt es in der 115.000 Einwohner
       großen Stadt in Rheinland-Pfalz und im näheren Umkreis nicht. „Um Gottes
       Willen, wir sind doch Bischofsstadt“, ruft Heltemes aus, als sie danach
       gefragt wird. Den ungewollt schwangeren Frauen gibt sie eine Liste mit
       Ärzt*innen im Saarland mit – mehr als 100 Kilometer entfernt. Die
       Fahrtkosten übernimmt niemand. Und die Frauen müssen sich jemandem
       anvertrauen, der sie dorthin bringen kann: „Nach einem
       Schwangerschaftsabbruch ist es nicht zumutbar, alleine Zug oder Auto zu
       fahren“, sagt Heltemes. Auch keine einzige Klinik führe in Trier
       Abtreibungen durch, nicht einmal nach medizinischer oder kriminologischer
       Indikation.
       
       Das heißt, nicht einmal dann, wenn die Gesundheit der Frau durch die
       Schwangerschaft gefährdet ist. Nicht einmal dann, wenn die Frau nach einer
       Vergewaltigung schwanger wurde. „Wenn dieser Zustand für eine Frau ein
       echtes Problem darstellt, werde ich richtig wütend“, sagt Heltemes.
       Mehrfach habe sie deswegen an das Land Rheinland-Pfalz geschrieben,
       passiert sei nichts. 27,5 Prozent aller Abbrüche von Frauen, die in
       Rheinland-Pfalz wohnen, wurden 2017 in anderen Bundesländern durchgeführt,
       berichtet das Statistische Bundesamt. „Bislang haben wir keine Hinweise auf
       Engpässe“, erklärt eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums.
       
       Für Thoralf Fricke von der Pro-Familia-Stelle in Passau ist die Situation
       noch dramatischer. Nur noch ein Arzt führe im gesamten Raum Niederbayern
       Schwangerschaftsabbrüche durch, sagt er – und der sei 70 Jahre alt. Die
       nächste Gelegenheit gebe es erst wieder in Regensburg, 130 Kilometer
       entfernt. Die Bezirksregierung Niederbayern widerspricht, es gebe in jedem
       bayerischen Bezirk mehrere Praxen und Kliniken. „Das ist schlicht gelogen“,
       sagt Fricke. Denn nicht alle, die eine Erlaubnis für
       Schwangerschaftsabbruch hätten, führten diesen auch tatsächlich durch. So
       erklärt das Staatsministerium, es gebe 27 Kliniken, die in Bayern
       Schwangerschaftsabbruch durchführten – 15 davon tun das aber nur bei
       medizinischer oder kriminologischer Indikation. „Wir müssen unsere
       Klientinnen darauf hinweisen, dass ihre Wahlfreiheit extrem eingeschränkt
       ist“, sagt Fricke. Und selbst als Beratungsstelle dürften sie den ungewollt
       schwangeren Frauen keine Adresslisten mitgeben. „Wir werden von der
       Regierung in Niederbayern unter Druck gesetzt – angeblich wegen Paragraf
       219 a.“ Auch dem widerspricht die Bezirksregierung.
       
       Unzählige Male habe er dem Land geschrieben, sagt Fricke, berichtet, wie
       dramatisch unterversorgt Teile von Bayern seien und wie sich dieser Zustand
       weiter verschlimmern werde. Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit
       sieht indes „keine Veranlassung für ein Tätigwerden“. Resigniert sagt
       Fricke: „Willkommen in meiner Welt.“
       
       Auch in anderen katholischen Gegenden ist die Lage schlecht. Im hessischen
       Fulda führt niemand Schwangerschaftsabbrüche durch, und das schon seit
       Jahren. Die Frauen müssen 80 bis 100 Kilometer weit für einen Abbruch
       fahren. In Niedersachsen sind es je nach Region bis zu 150 Kilometer. Rund
       17 Prozent der Frauen aus Niedersachsen, die 2017 einen Abbruch machten,
       reisten dafür in ein anderes Bundesland. Nach Angaben des Statistischen
       Bundesamts machte das 38 Prozent der durchgeführten Abbrüche im Nachbarland
       Bremen aus. Die niedersächsischen Beratungsstellen beklagen die schlechte
       Versorgung und die langen Wege in ihrem Bundesland schon lange. Bereits vor
       einem Jahr hatte die taz über die [2][Missstände in den katholisch
       geprägten Regionen des zweitgrößten deutschen Flächenlandes berichtet]. Das
       Gesundheitsministerium jedoch bilanziert: „Die ausreichende Möglichkeit,
       einen Schwangerschaftsabbruch in Niedersachsen durchführen zu lassen, ist
       gewährleistet und wird im Rahmen des Sicherstellungsauftrages vom Land
       regelmäßig geprüft.“
       
       Sogar in den liberaleren großen Städten verschärft sich die Lage zusehends.
       In Bremen betreibt Pro Familia ein Familienplanungszentrum, in dem
       Abtreibungen durchgeführt werden. Drei der vier Ärzt*innen sind aus den
       Niederlanden und kommen nur an bestimmten Tagen nach Bremen. Sie
       übernachten dann im Hotel oder fahren abends wieder nach Hause. Die
       deutsche Ärztin arbeitet nur einen Tag pro Woche im Zentrum. „Wir konnten
       niemanden sonst für die Stellen finden“, sagt Monika Börding,
       Geschäftsführerin von Pro Familia in Bremen. „Schwangerschaftsabbrüche sind
       extrem negativ konnotiert und stigmatisiert, nicht zuletzt durch die
       Verortung im Strafrecht durch die Paragrafen 218 und 219 a.“ Dazu würden
       immer mehr Krankenhäuser von christlichen Trägern übernommen.
       
       Schwangerschaftsabbrüche sind noch immer ein Tabuthema. Das fängt damit an,
       dass sie offiziell [3][eine „Straftat gegen das Leben“ darstellen], die mit
       Gefängnis geahndet werden kann – und nur unter bestimmten Bedingungen
       straffrei bleibt. Der Abbruch muss innerhalb der ersten zwölf Wochen nach
       Empfängnis passieren, davor muss sich die Frau in einer anerkannten
       Beratungsstelle beraten und dann eine Bedenkfrist von drei Tagen
       verstreichen lassen.
       
       ## „Eine politische Entscheidung“
       
       In Berlin sei die Versorgung im Vergleich zu anderen Gegenden noch gut,
       sagt Stefan Nachtwey, Geschäftsführer des Familienplanungszentrums Balance.
       „Aber auch wir brauchen inzwischen ein halbes bis dreiviertel Jahr, um
       freiwerdende Stellen nachzubesetzen.“
       
       Fragt man nach den Gründen für diese Engpässe, lautet die einstimmige
       Antwort aus den Beratungsstellen: Es sind vor allem die älteren Ärzt*innen,
       die Abbrüche durchführen, weil sie die Kämpfe um das Recht auf Abtreibung
       in den 1970er Jahren noch miterlebt haben. Sie gehen nun nach und nach in
       Rente – doch in der nachrückenden Generation sind weniger Ärzt*innen
       bereit, Abtreibungen anzubieten.
       
       Als Abtreibungen in Deutschland noch strafbar waren, ließen ungewollt
       schwangere Frauen oft illegale Abbrüche unter schlechten medizinischen
       Bedingungen durchführen. Viele versuchten, mit Kleiderbügeln oder
       Stricknadeln selbst abzutreiben – und starben nicht selten an den Folgen.
       „Früher haben Ärztinnen und Ärzte entschieden, Abbrüche durchzuführen, weil
       klar war: Jemand muss es tun“, sagt Nachtwey. „Das war eine ganz klar
       politische Entscheidung. Es ging um das Leben von Frauen.“ Jetzt sei vielen
       nicht einmal bewusst, dass es Versorgungsprobleme gebe.
       
       In der medizinischen Ausbildung spielen Schwangerschaftsabbrüche kaum eine
       Rolle. Das ist wenig verwunderlich – denn wie soll eine Straftat an einer
       staatlichen Universität gelehrt werden? „Wir lernen im Medizinstudium
       nichts über die Methoden und Verfahren zum Schwangerschaftsabbruch“, sagt
       die Medizinstudentin Elisa Tackmann. Sie ist Teil der Gruppe [4][Medical
       Students for Choice] an der Charité in Berlin.
       
       Dort gibt es im neunten Semester eine 90-minütige Pflichtveranstaltung, in
       der es um Pränataldiagnostik und Schwangerschaftsabbruch geht. In den
       festgelegten Lernzielen dieser Einheit heißt es, die Studierenden sollen
       „typische Indikationen und die derzeit angewendeten Verfahren“ der
       Pränataldiagnostik erläutern können – und die „rechtlichen und ethischen
       Aspekte“ des Schwangerschaftsabbruchs. Außerdem sollen sie für die durch
       einen Abbruch entstehende „psychische Belastung im gesellschaftlichen
       Kontext“ sensibilisiert werden. Zum medizinischen Vorgehen dagegen: kein
       Wort. Auch in der Facharztausbildung lerne man den Eingriff nicht
       unbedingt, sagt Tackmann. „Die Ausbildung absolviert man im Krankenhaus.
       Abbrüche lernt man also nur, wenn sie an diesem Krankenhaus auch gemacht
       werden.“
       
       Tatsächlich wurden 79 Prozent der insgesamt 101.200 Abtreibungen im Jahr
       2017 in einer Arztpraxis und nicht im Krankenhaus durchgeführt. Die
       Auflagen für ambulante Operationen aber wurden in der Vergangenheit
       erheblich verschärft. Die Ärzt*innen bewegen sich stets in einer
       rechtlichen Grauzone: „Man steht immer mit einem Bein im Strafrecht“, sagt
       etwa die Berliner Ärztin Christiane Tennhardt. „Schon ein noch so kleiner
       Fehler im Papierkram kann eine Anzeige bedeuten.“
       
       Viele Ärzt*innen, aber auch Beratungsstellen [5][erfahren regelmäßig
       Anfeindungen], finden Plastikföten in ihren Briefkästen, Todesanzeigen für
       „alle ungeborenen Kinder“ in ihrer Regionalzeitung oder erhalten
       Morddrohungen. Die selbsternannten Lebensschützer*innen [6][nutzen
       zunehmend den Paragrafen 219 a], um Ärzt*innen anzuzeigen, die trotz des
       Verbots öffentlich darüber informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche
       vornehmen: Die Zahl der Ermittlungsverfahren stieg zuletzt von zwei bis 14
       in den Jahren bis 2014 auf 27 im Jahr 2015 und 35 im Jahr 2016. Im November
       2017 wurde die Gießener Ärztin Kristina Hänel zu einer [7][Geldstrafe von
       6.000 Euro verurteilt], weil sie auf ihrer Homepage darüber informiert,
       dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführt. Seitdem debattiert die
       Politik über das Thema. Fünf Bundesländer [8][fordern im Bundesrat die
       Abschaffung] des Paragrafen. Grüne, SPD und Linke haben sich auch [9][im
       Bundestag für die Streichung] des Paragrafen ausgesprochen, die FDP für
       eine Modifizierung.
       
       Doch auch unter Gynäkolog*innen sind Abtreibungen umstritten. Wer das
       mache, habe etwas Schmuddeliges an sich – diese Meinung habe eine Kollegin
       ihm gegenüber einmal vertreten, berichtet der Frankfurter Gynäkologe George
       Langhans. „Das hört man selbst von vermeintlich aufgeklärten Leuten immer
       wieder.“ Der Prozess gegen Hänel hat Langhans beunruhigt. „Ich fühle mich
       zunehmend bedroht“, sagt er.
       
       Was bleibt, ist die vielerseits aufgestellte, aber lediglich auf Indizien
       beruhende Analyse: Es werden weniger Ärzt*innen, auf Dauer ist die
       Versorgung gefährdet. Doch statt Indizien bräuchte es belastbare Zahlen.
       
       Theoretisch existieren die sogar. Das Statistische Bundesamt weiß genau,
       wie viele Ärzt*innen Abbrüche vornehmen. Denn diese müssen dem Amt jeden
       Schwangerschaftsabbruch melden. Doch will man wissen, was das für die
       Versorgung in den verschiedenen Regionen bedeutet, kommt man hier nicht
       weiter: [10][Veröffentlicht wird nur die Zahl der Abtreibungen],
       aufgeschlüsselt nach Merkmalen wie Wohnort und Alter der Frau, dem Grund
       des Eingriffs und der Anzahl ihrer bisherigen Kinder – nicht aber die Zahl
       der Ärzt*innen.
       
       Erst auf mehrmaliges Nachfragen gibt das Statistische Bundesamt an,
       bundesweit führten derzeit etwa 1.200 Ärzt*innen Abbrüche durch, „Tendenz
       leicht abnehmend“. Eine Aufschlüsselung nach Bundesländern könne man nicht
       herausgeben – aus Datenschutzgründen.
       
       Umso wichtiger wäre es, dass die Gesundheitsministerien das Angebot im
       Blick haben. Einzig in Hamburg führt die Gesundheitsbehörde auf ihrer
       Webseite eine öffentliche Liste mit 42 Einrichtungen, die Abbrüche
       vornehmen. Doch dort stehen nur diejenigen Ärzt*innen, die mit einer
       Veröffentlichung ihres Namens einverstanden sind. Wie viele es insgesamt
       gibt, könne man nicht sagen, heißt es aus der Behörde, man gehe aber von
       deutlich mehr aus. Berlin hatte am Dienstag angekündigt, eine solche Liste
       im Netz bereitstellen zu wollen. Die Sozialministerien der Länder, die bei
       geringem Einkommen der Frau die Kosten für eine Abtreibung übernehmen,
       können meist, wenn überhaupt, nur Auskunft über die erstattete Summe geben.
       
       ## Aufwändig erstellte Listen
       
       Die meisten Kassenärztlichen Vereinigungen geben unterdessen nur Aufschluss
       darüber, wie viele Ärzt*innen Abbrüche vornehmen, wenn die Gesundheit der
       Frau gefährdet oder die Schwangerschaft Folge eines Sexualdelikts ist – das
       waren 2017 knapp 4 Prozent der Fälle.
       
       Die Krankenhausgesellschaften wiederum wissen lediglich, welche Kliniken
       über Geburtsstationen verfügen; nicht aber, ob dort auch Abtreibungen
       vorgenommen werden. Und manche Ärzt*innen mit einer Erlaubnis führen
       Abtreibungen nur für ihre eigenen Patientinnen durch. Diese Ärzt*innen sind
       auch den Beratungsstellen nicht bekannt.
       
       Allein deshalb gibt es auch beim Bundesverband von Pro Familia keinen
       Überblick, wie viele Mediziner*innen deutschlandweit Abbrüche vornehmen.
       Pro Familia betreibt im Bundesgebiet etwa 180 staatlich anerkannte
       Beratungsstellen, die ihre lokalen Listen selbst erstellen. „Die
       Beratungsstellen bemühen sich um die Informationen, doch das ist sehr
       aufwendig“, sagt Regine Wlassitschau vom Bundesverband.
       
       Andere Beratungsstellen, etwa beim katholischen Träger Donum Vitae,
       recherchieren in der Regel gar nicht selbst, sondern kennen nur die
       Adressen von Ärzt*innen, die sich bei ihnen melden. Mancherorts hätten
       Frauen dort gar keine Adressen erhalten, erzählen Beratungsstellen,
       Ärzt*innen und Patientinnen. „Wenn unsere Beratungsstellen über Adressen
       verfügen, geben sie diese wohl auch heraus“, sagt Rita Waschbüsch,
       Vorsitzende von Donum Vitae. Die Recherche sei indes kein Teil des
       gesetzlichen Beratungsauftrags.
       
       Tatsächlich gibt es eine deutsche Webseite, die einen Überblick darüber
       verschafft, welche Ärzt*innen in Deutschland Schwangerschaftsabbrüche
       durchführen: Es ist die von Abtreibungsgegner Klaus Günter Annen betriebene
       Seite babykaust.de, auf der er diese Ärzt*innen als „Tötungsspezialisten“
       denunziert, ihre Namen neben Fotos zerstückelter Föten stellt und teilweise
       dazu aufruft, sie zu belästigen.
       
       Dass dies der einzige Überblick sein soll, sei ein unhaltbarer Zustand,
       fand vor etwa zehn Jahren der Wiener Arzt Christian Fiala. Er kopierte die
       Liste, versah sie mit Telefonnummern und machte sie [11][unter
       abtreibung.at zugänglich], nach Bundesland filterbar, sachlich und mit
       Informationen zum Schwangerschaftsabbruch versehen. Eine Strafe droht ihm
       nicht, immerhin ist diese Art der Information in Österreich nicht verboten.
       „Kein anderes westeuropäisches Land hat solche restriktiven Gesetze wie
       Deutschland“, empört sich Fiala. Und so habe er aus Annens Schwarzer Liste
       eine Weiße Liste gemacht. Alle paar Jahre zahlt er aus eigener Tasche
       dafür, dass ein paar Studentinnen die Liste aktualisieren. „Eine Garantie
       auf Vollständigkeit kann ich nicht geben“, sagt aber auch Fiala. Absurd sei
       es, dass er – ein Arzt aus Österreich – diese eigentlich öffentliche
       Aufgabe übernehme. Auf seiner Liste stehen aktuell 1.141 Ärzt*innen.
       
       „Das Thema Abtreibungen ist immer ein Politikum“, sagt Thoralf Fricke von
       Pro Famila in Passau. Mit einer „rechtskonservativen CSU“ werde sich in
       Bayern nichts an der schlechten Lage ändern. In anderen Bundesländern
       sitzen die Abtreibungsgegner*innen der AfD in den Parlamenten; auch da habe
       sich die Stimmung verschärft, berichten viele Beratungsstellen. „Dabei wäre
       es die Aufgabe der Politik, die Rahmenbedingungen für
       Schwangerschaftssabbrüche so zu gestalten, dass sie aus der Schmuddelecke
       herauskommen“, sagt Fricke.
       
       8 Mar 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://dejure.org/gesetze/StGB/219a.html
 (DIR) [2] /Abtreibung-in-Deutschland/!5386152
 (DIR) [3] https://dejure.org/gesetze/StGB/218.html
 (DIR) [4] https://msfcberlin.com/
 (DIR) [5] /Abtreibungsarzt-und-Paragraf-219a/!5463888
 (DIR) [6] /Kommentar-Paragraf-219a/!5483855
 (DIR) [7] /Geldstrafe-wegen-Abtreibungswerbung/!5466133
 (DIR) [8] /Justizsenator-ueber--219a-im-Bundesrat/!5478522
 (DIR) [9] /Bundestagsdebatte-zum-Paragraf-219a/!5486950
 (DIR) [10] https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Gesundheit/Schwangerschaftsabbrueche/Schwangerschaftsabbrueche2120300167004.pdf?__blob=publicationFile
 (DIR) [11] http://abtreibung.at/fur-ungewollt-schwangere/adressen/
       
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       heran.
       
 (DIR) Reform im Abtreibungsrecht: Debatte um §219a verschärft sich
       
       Die Union missbraucht den §219a als Schutzschild für §218 und argumentiert
       verkürzt. Die SPD hilft ihr, eine Anhörung im Parlament zu blockieren.
       
 (DIR) Streit um „Werbung“ für Abtreibungen: Spahn verteidigt 219a
       
       Die SPD hofft, gemeinsam mit der Union Paragraf 219a zu reformieren. Die
       aber erteilt jeglichen Änderungen eine Absage – allen voran Jens Spahn.
       
 (DIR) Protest gegen Abtreibungen: Mit 1.000 Kreuzen durch Münster
       
       In der katholisch geprägten Stadt formieren sich selbsternannte
       Lebensschützer*innen. Doch auch der Gegenprotest ist stark.
       
 (DIR) Pro und Contra Paragraf 219a: Ist die Koalition das wert?
       
       Das „Werben“ für Schwangerschaftsabbrüche ist verboten. Für den
       Koalitionsfrieden mit der Union will die SPD daran nichts ändern.
       
 (DIR) Neue Drehung beim Paragraf 219a: SPD treibt ihr Gesetz ab
       
       Beim Streit um den Paragrafen 219a setzt die SPD jetzt doch auf einen
       Kompromiss mit der Union. Grüne und Linke sind entsetzt.
       
 (DIR) Steigende Zahl von Abtreibungen: Trendwende bei der Verhütung
       
       2017 wurden über 100.000 Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland
       durchgeführt – 2,5 Prozent mehr als 2016. Nun wird über die Gründe
       gestritten.
       
 (DIR) 40 Fakten über das Saarland: Hauptsach, gudd gess
       
       Zwei Bundesminister und eine CDU-Generalsekretärin: Das Saarland ist das
       heimliche Zentrum der politischen Macht. Was man wissen sollte, um es zu
       verstehen.
       
 (DIR) Abschaffung des Paragrafen 219a: FDP sucht Kompromiss, CDU mauert
       
       Während die FDP gemeinsam mit SPD, Linken und Grünen nach einem gemeinsamen
       Antrag sucht, überlegt die CDU für den 219a vor Gericht zu ziehen.
       
 (DIR) Informationen zu Abtreibungen: CDU plädiert für Paragrafen 219a
       
       SPD, Linke, Grüne und FDP wollen Informationen zu Schwangerschaftsabbrüchen
       legalisieren. Die CDU sieht jedoch keinen Änderungsbedarf.
       
 (DIR) Frauenmorde in Deutschland und Türkei: Mehr als Beziehungsdrama
       
       Frauenmorde werden in Deutschland als Beziehungstat abgetan. Anders in der
       Türkei: Dort werden patriarchale Strukturen hinter den Morden entlarvt.
       
 (DIR) Drei Geschichten über Sex: Wo mein Körper politisch wird
       
       Macht zeigt sich auch in den Leerstellen. Zum Beispiel in den Dingen, die
       einem nicht erzählt werden, die einem niemand erklärt, die niemand
       hinterfragt.
       
 (DIR) Schwangerschaftskonfliktberatung: „Die Pflichtberatung ist eine Zumutung“
       
       Gabriele Kees berät Frauen, die ihre Schwangerschaft nicht fortsetzen
       wollen. Im Interview erzählt sie, warum die Beratung trotz des Zwangs ein
       großer Gewinn sein kann.
       
 (DIR) Feministische Philosophie und Körper: Müssen wir Butler verabschieden?
       
       In den 90er-Jahren verschwand der Körper aus dem Blick feministischer
       Philosophie. Judith Butler sei schuld, sagten viele. Jetzt ist er wieder
       da.
       
 (DIR) Abtreibung in Deutschland: Die ungewollte Patientin
       
       War das Abtreibungsverbot des Arztes in Niedersachsen eine Ausnahme?
       Recherchen zeigen: In vielen Regionen bieten Kliniken keine Abbrüche an.